Die Sachbeschädigung ist ein alter Klassiker unter den Straftaten und in § 303 Abs. 1 StGB geregelt. Die Vorschrift schützt das Eigentum. Und zwar ganz unabhängig davon, ob es sich um ein teures Auto oder eine olle Schubkarre handelt – der Wert der Sache spielt keine große Rolle. Entscheidend ist: Es muss überhaupt noch ein schutzwürdiges Interesse des Eigentümers bestehen. Ist das nicht mehr der Fall, zum Beispiel bei einem tollwütigen Hund, darf der auch ohne Strafe getötet werden – so eine Ausnahme hat die Rechtsprechung anerkannt.
Außerdem wichtig: Nur vorsätzliche Sachbeschädigungen sind strafbar. Wer aus Versehen etwas kaputtmacht, kommt mit einem Achselzucken vom Gesetz davon – zumindest strafrechtlich (§ 15 StGB). Und noch ein Hinweis: Das Wörtchen „rechtswidrig“ im Gesetzestext klingt wichtig, ist aber eigentlich überflüssig. Denn schon das mutwillige Beschädigen einer fremden Sache bringt typischerweise genug Unrecht mit, um die Strafbarkeit zu rechtfertigen.
Ach ja: Auch die versuchte Sachbeschädigung wird bestraft (§ 303 Abs. 3 StGB), allerdings nur, wenn ein Strafantrag gestellt wurde (§ 303c StGB).
Seit 2005 gibt es mit Abs. 2 eine kleine Ergänzung, die vor allem auf Graffiti-Künstler zielt. Davor hatte die Rechtsprechung das bloße Verunstalten von Oberflächen oft als straflos angesehen. Jetzt heißt es: Auch das „unbefugte Verändern des Erscheinungsbildes“ ist strafbar – also wenn Du ohne Erlaubnis die graue Betonwand einer Unterführung in ein Einhornparadies verwandelst. Und Achtung: „Unbefugt“ ist nicht bloß ein Hinweis wie „rechtswidrig“, sondern ein echtes Tatbestandsmerkmal. Sprich: Wenn der Eigentümer sagt „Mach ruhig!“, ist der Tatbestand gar nicht erst erfüllt.
Tatobjekt: Fremde Sache
Das Gesetz meint mit „Sache“ alle körperlichen Gegenstände (§ 90 BGB). Also alles, was man anfassen kann und was nicht einfach durch die Finger rinnt wie Wasser, Luft oder Schnee. Ein Schneemann zählt übrigens doch als Sache – solange man ihn noch klar von der Umgebung unterscheiden kann. Auch eine Betonmauer oder ein Grundstück, das von Schafen verwüstet wird, ist eine „Sache“ im Sinne des Gesetzes.
Tathandlung
Schauen wir uns zunächst die möglichen Tathandlungen an.
Zerstören
Zerstören ist die Steigerungsform von Beschädigen. Eine Sache gilt als zerstört, wenn sie entweder gar nicht mehr existiert oder völlig unbrauchbar geworden ist.
Typische Beispiele: Abbrennen, Einschmelzen, Totprügeln (bei Tieren), Zertrümmern. Einmal kaputt, komplett raus.
Beschädigen
Beschädigen ist jede nicht unerhebliche körperliche Einwirkung auf eine Sache, durch die entweder ihre Substanz verletzt wird (also Kratzer, Risse, Löcher, Verunreinigungen), oder ihre Funktion eingeschränkt ist (also sie nicht mehr so verwendet werden kann wie gedacht).
Substanzverletzung
Dazu gehören zum Beispiel Kratzer im Lack, eingravierte Botschaften, herausgerissene Buchseiten oder das Verunreinigen einer Pferdetränke mit Spülmittel. Auch die Gesundheitsschädigung von Tieren zählt hier dazu – vergleichbar mit § 223 StGB bei Menschen.
Brauchbarkeitsminderung
Hier geht es um die technische oder funktionale Brauchbarkeit. Beispiele: Eine Maschine wird auseinandergebaut, Schrauben werden gelockert, ein Ungeziefer wird im Hotelzimmer freigesetzt.
Und was ist, wenn sich der Schaden schnell beheben lässt? Dann kommt es auf den Aufwand an. Muss man nur kurz zur Tankstelle oder reicht ein Ersatzreifen? Dann könnte der Schaden geringfügig sein – und fällt raus. Ist der Aufwand höher, etwa durch Montieren eines Ersatzrads, kann es schon erheblich sein.
Beispiel-Fall: M lässt aus Bosheit die Luft aus Fs Autoreifen. Wenn gleich eine Tankstelle in der Nähe ist, könnte das als Bagatelle gelten. Muss aber ein Ersatzrad her, sieht die Sache schon ganz anders aus. Beim Fahrrad hingegen: Wer eine Luftpumpe zur Hand hat, bleibt vermutlich straffrei. Aber auch hier gibt’s Streit in der Rechtsprechung.
Und wie sieht’s aus, wenn jemand eine fremde Sache auf eigene Faust repariert? Auch das kann eine Sachbeschädigung sein – denn Eigentümer dürfen selbst bestimmen, ob sie eine Reparatur wollen oder nicht. Der Eingriff kann ihre Verfügungsbefugnis verletzen, selbst wenn die Sache danach besser aussieht.
Reine Sach- und Nutzungsentziehungen
Nicht jede Wegnahme oder Nutzungsentziehung ist eine Sachbeschädigung. Entscheidend ist: Gab es eine körperliche Einwirkung auf die Sache?
Sachentziehung: Der Täter wirft einen goldenen Ring ins Meer oder befreit Tiere aus einem Käfig. Nutzungsentziehung: Ein Autoschlüssel wird versteckt oder der Strom abgestellt – der Fernseher bleibt aus.
Auch der ganz normale Verbrauch einer Sache (z. B. das Aufessen fremder Lebensmittel oder das Abfackeln eines fremden Feuerwerks) ist keine Sachbeschädigung – jedenfalls dann nicht, wenn dadurch bereits ein anderes Delikt wie Diebstahl (§ 242 StGB) verwirklicht wird. § 303 StGB tritt dann als Begleitmusik in den Hintergrund.
Und wer fremde Dinge einfach nur nutzt, etwa fremde Bücher liest oder fremde Autos fährt? Das fällt unter § 248b StGB (unbefugter Gebrauch eines Fahrzeugs) oder Diebstahl – aber nicht unter § 303 StGB.
Graffiti, Verunreinigung & Co.
Bei Substanzverletzung durch Farbe oder Kleber gilt: Entscheidend ist, ob die Oberfläche der Sache beschädigt wird. Und ja, auch die Lackschicht zählt zur Substanz. Wenn Farbe nur mit großem Aufwand entfernt werden kann – etwa durch Schleifen oder Chemie – dann liegt bereits eine Substanzverletzung vor. Wenn man die Farbe aber ohne bleibende Spuren wegwischen kann, fehlt die Erheblichkeit – und damit auch der Straftatbestand. In diesen Fällen kommt eventuell nur der Versuch oder § 303 Abs. 2 StGB zum Tragen – da gehen Meinungen allerdings auseinander.
Brauchbarkeitsminderung durch optische Veränderung: Es muss nicht immer gleich eine zerkratzte Oberfläche sein. Manchmal reicht schon der pure Anblick. Wenn ein Schaufenster mit einem riesigen Penis bemalt wird – und sich deshalb kein Kunde mehr reintraut – dann ist das Schaufenster zwar technisch noch heile, aber wirtschaftlich im Eimer. Auch das kann eine Sachbeschädigung sein, und zwar durch Brauchbarkeitsminderung im wirtschaftlichen oder ästhetischen Sinn.
Aber Achtung: Nicht jede optische Veränderung reicht. Wenn jemand eine Sache so „verschönert„, dass sie danach immer noch ganz normal genutzt werden kann – etwa wenn auf ein Straßenschild nur ein Smiley gemalt wird – fehlt es an der Erheblichkeit. Es muss also wirklich ein funktionaler oder wirtschaftlicher Schaden entstehen, kein bloßes „Gefällt mir nicht mehr“.
Erscheinungsbild
Seit 2005 steht in Abs. 2: „Ebenso wird bestraft, wer unbefugt das Erscheinungsbild einer fremden Sache nicht nur unerheblich und nicht nur vorübergehend verändert.“ Das klingt komplizierter, als es ist. Gemeint ist damit: Auch wer nicht direkt zerstört oder beschädigt, aber das Aussehen einer Sache auf eigene Faust ändert, macht sich strafbar – wenn das Ganze nicht völlig belanglos und nicht sofort rückgängig zu machen ist.
Beispiel: Jemand malt nachts einen riesigen Totenkopf auf ein Garagentor. Das Tor ist noch funktionsfähig, die Farbe kann weg – aber erst mit Spezialreiniger und ordentlich Aufwand. Zack, § 303 Abs. 2 StGB.
Auch hier ist „unbefugt“ entscheidend. Sobald der Eigentümer sagt: „Find ich geil, mach weiter!“, fehlt das Tatbestandsmerkmal.
Aber Vorsicht: Abs. 2 schließt nicht Abs. 1 aus, sondern ergänzt ihn. Wenn eine Handlung beide Tatbestände erfüllt, gibt’s keinen doppelten Ärger – aber es kann sich auf Versuch oder Vollendung auswirken.
