Nicht jeder, der eine Körperverletzung begeht, hat das auch wirklich gewollt. Manchmal reicht es schon, wenn jemand einfach nur nicht aufpasst – und zack, liegt jemand im Krankenhaus. Willkommen bei § 229 StGB: der fahrlässigen Körperverletzung.
Hier geht es nicht um vorsätzliche Gewalt oder rohe Misshandlungen. Es geht um Fehler, Unachtsamkeit, Leichtsinn – also ganz klassisch um Fahrlässigkeit. Und auch wenn der Täter niemandem etwas Böses wollte, kann das strafbar sein. Denn auch wer nur unbedacht handelt, kann am Ende verantwortlich sein, wenn jemand verletzt wird.
Körperverletzung
Zunächst mal müssen wir klären, was mit „Körperverletzung“ gemeint ist. Und das meint hier dasselbe wie in § 223 StGB – also entweder eine körperliche Misshandlung (etwas, das das körperliche Wohlbefinden nicht nur ein bisschen beeinträchtigt) oder eine Gesundheitsschädigung (also ein krankhafter Zustand, der irgendwie behandelt werden muss).
Wenn jemand also aus Versehen mit dem E-Bike einen Fußgänger rammt, der sich dabei den Arm bricht – dann ist das (sofern die Voraussetzungen erfüllt sind) eine Körperverletzung. Die Besonderheit ist nur: Der Täter wollte das nicht. Er war halt nur zu schnell, unaufmerksam, abgelenkt oder sonst wie unvorsichtig – und genau deshalb schauen wir uns § 229 StGB an.
Qualifikationen
Vielleicht denkst Du Dir jetzt: „Moment mal, was ist, wenn der Verletzte dabei ein Auge verliert oder sogar stirbt?“ Gute Frage – aber: § 226 und § 227 StGB setzen immer Vorsatz voraus. Der Täter muss also nicht nur die Handlung, sondern auch die Körperverletzung vorsätzlich begehen.
Bei der fahrlässigen Körperverletzung geht das nicht. Das heißt: Wenn durch reinen Leichtsinn jemand schwer verletzt wird – etwa mit dauerhafter Lähmung oder Erblindung – dann gibt’s keine Strafbarkeit nach § 226 StGB (gefährliche Körperverletzung), weil das Grunddelikt fehlt. Das Gleiche gilt für § 227 StGB (schwere Körperverletzung).
Aber: Die schweren Folgen sind nicht egal. Sie können bei der Strafzumessung nach § 46 StGB berücksichtigt werden. Das Strafmaß kann also höher ausfallen, wenn die fahrlässige Körperverletzung besonders schlimme Folgen hatte – auch wenn man es dem Täter nicht als eigene Tat „ankreiden“ kann.
Und wenn der Geschädigte durch die Fahrlässigkeit stirbt? Dann sind wir beim nächsten Delikt: § 222 StGB – die fahrlässige Tötung. Auch da ist kein Vorsatz nötig – aber eben eine tödliche Folge.
Fahrlässigkeit
Inhaltlich kommt es bei § 229 StGB vor allem auf Fahrlässigkeit an – also auf das, was man aus der allgemeinen Lehre dazu schon kennt. Klassiker wie: Was hätte der Täter erkennen und vermeiden können? Gab es eine objektive Sorgfaltspflichtverletzung? Hätte ein besonnener Mensch in derselben Situation anders gehandelt? War der Erfolg vorhersehbar und vermeidbar? All diese Fragen sind hier zentral. Und je nach Sachverhalt kann das verdammt komplex werden – besonders, wenn Fachwissen im Spiel ist (zum Beispiel bei Ärzten, Handwerkern oder Fahrern).
