Mit dem § 145d StGB geht’s darum, unsere Behörden vor unnützer Arbeit zu schützen. Wenn jemand Straftaten erfindet oder den Verdacht auf die falsche Person lenkt, geraten Polizei und Staatsanwaltschaft leicht auf die falsche Fährte. Das kostet Zeit, Geld – und kann echte Ermittlungen blockieren. Genau das will der Gesetzgeber verhindern. Und damit ist klar: Der Schutz der inländischen Strafverfolgung steht im Mittelpunkt. Je nach Variante der Vorschrift liegt der Fokus entweder auf der Arbeit der Gerichte oder auf präventiven Behörden wie der Polizei.
Besonders wichtig ist auch hier wieder das geschützte Rechtsgut. Wie bei § 164 StGB geht’s nicht nur um das, was passiert – sondern auch darum, was der Staat dadurch verpasst. Der § 145d StGB schließt dabei gezielt Lücken, die § 164 StGB (falsche Verdächtigung) offenlässt.
Und: Die Subsidiaritätsklausel im ersten Abs. gilt auch für den zweiten.
Was muss passiert sein? Zentral ist das Verhalten des Täters: Er muss den Anschein erwecken, als sei eine Straftat begangen worden. Klingt einfach – ist aber voller Tücken.
Vortäuschen einer angeblich begangenen rechtswidrigen Tat
Hier (§ 145d Abs. 1 Nr. 1 StGB) geht’s um Fälle, in denen jemand eine rechtswidrige Tat erfindet – also eine objektiv falsche Verdachtslage schafft. Ob die Polizei dann tatsächlich ermittelt, spielt keine Rolle. Hauptsache ist: Es besteht die Möglichkeit, dass die Behörden darauf anspringen. Dabei ist egal, ob jemand konkrete Lügen erzählt oder nur die Spurenlage manipuliert. Wichtig ist nur: Die erfundene Tat muss grundsätzlich strafbar sein – bloß darf sie nicht wirklich passiert sein.
Beispiel gefällig? Jemand meldet einen fingierten Diebstahl, um die Versicherung zu betrügen. Oder er fährt betont in Schlangenlinien, um so zu tun, als hätte er betrunken am Steuer gesessen – obwohl er stocknüchtern ist. Ein etwas komplizierterer Fall: Jemand sagt, er habe einen anderen in Notwehr erschossen. Da es sich bei einer Notwehrlage aber um ein gerechtfertigtes Verhalten handelt, liegt keine rechtswidrige Tat vor – und damit fehlt es am Tatbestandsmerkmal. Hier kommt § 145d StGB also nicht zum Zug.
Was wird richtig knifflig? Wenn es eine echte Straftat gab – aber die Darstellung wird durch Übertreibung oder Erfindung anderer Details verfälscht. Diese „Wahrheitskerne mit Fantasieüberbau“ stellen die Gerichte immer wieder auf die Probe. Entscheidend ist, ob durch das Hinzudichten ein ganz neuer Fall entsteht, der die Ermittlungsarbeit in eine andere Richtung lenkt oder besonders aufwendig macht.
Beispiele für harmlose Übertreibung: Aus einem versuchten Diebstahl wird ein vollendeter. Die Beute fällt angeblich höher aus. Die Gewaltanwendung wird dramatisiert. Eine kleine Körperverletzung wird mit einem angeblichen Mordversuch „geschmückt“. Das alles reicht meistens nicht. Aber sobald durch die Übertreibung eine neue schwere Straftat vorgespiegelt wird – etwa ein Raub statt nur einer Körperverletzung – sieht die Sache anders aus. Das kann dazu führen, dass ein Ermittlungsverfahren plötzlich umfangreicher wird, weil es sich nun um ein Offizialdelikt oder ein Verbrechen handelt. Und das wiederum erfüllt die Voraussetzungen des § 145d StGB.
Ein Fall aus der Praxis: Ein Täter hat einen sicherungsübereigneten Pkw verkauft und damit eine Unterschlagung (§ 246 StGB) begangen. Bei der Polizei meldet er dann, der Wagen sei vermietet gewesen und der Mieter habe ihn einfach nicht zurückgebracht. Damit bringt er einen völlig Unbeteiligten ins Spiel – und verändert die Tat in ihrem Grundcharakter. Der BGH sagt: Das fällt unter § 145d Abs. 1 Nr. 1 StGB. Man kann das aber auch anders sehen – je nachdem, wie man den Zweck der Vorschrift versteht.
Täuschen über einen angeblich Beteiligten einer tatsächlich begangenen rechtswidrigen Tat
Anders als in Abs. 1 geht es hier (§ 145d Abs. 2 Nr. 1 StGB) nicht um das Erfinden einer ganzen Straftat, sondern nur um die falsche Zuweisung: Der Täter gibt eine echte Tat an – nennt aber die falsche Person als Täter. Dabei muss es sich um eine tatsächlich begangene rechtswidrige Tat handeln. Wer dabei genau getäuscht wird – ob Polizei oder Staatsanwaltschaft – ist egal.
Die herrschende Meinung legt das Gesetz streng am Wortlaut aus: „Über den Beteiligten täuschen“ heißt, es geht nur um die Person. Nicht um die Tat an sich. Eine Gegenmeinung meint, es genüge auch, wenn jemand meint, es habe eine Tat gegeben, ohne dass diese objektiv wirklich begangen wurde. Aber das überzeugt eher nicht – der Gesetzeswortlaut ist klar.
Ablenken des Verdachts
Diese Variante kommt häufig bei Verdachtsumlenkung vor. Dabei gibt’s zwei Hauptszenarien: Falsche Selbstbezichtigung: Jemand lenkt den Verdacht absichtlich auf sich – um den wahren Täter zu schützen. Das überschneidet sich nicht mit § 164 StGB, kann aber mit § 258 StGB (Strafvereitelung) kollidieren. Falsche Fremdbezichtigung: Jemand zeigt einen völlig Unbeteiligten an. Dabei muss es sich nicht um eine bekannte Person handeln – ein „Unbekannter mit Beschreibung“ reicht aus, wenn die Ermittler dadurch auf die falsche Fährte gelockt werden. Anders als § 164 verlangt § 145d StGB übrigens keine besondere Absicht des Täuschenden.
Wichtig zu wissen: Wenn jemand sagt: „Ich war’s nicht – ein anderer war’s!“, dann wird es spannend. Denn ob das als Selbstschutz oder als belastende Falschverdächtigung gilt, hängt von den Details ab – ähnlich wie bei § 164 StGB.
Weitere Fragen
Für alle sonstigen Konstellationen gilt: Immer den Zweck der Norm im Auge behalten! Der § 145d StGB will Behörden vor Fehlleitungen schützen. Deshalb muss es darum gehen, dass ein Unbeteiligter in Verdacht gerät, etwas mit einer echten Tat zu tun zu haben – obwohl das nicht stimmt. Und zwar so, dass die Ermittler ernsthaft auf eine falsche Spur gesetzt werden.
Wenn wir uns anschauen, was unter § 145d Abs. 2 Nr. 1 StGB alles so fällt, merken wir schnell: Entscheidend ist nicht irgendein belangloses Gerede, sondern ob durch die Täuschung tatsächlich Ermittlungsenergie in die falsche Richtung geschoben wird. Wer also etwa einen anonymen Hinweis gibt und dabei ganz bewusst eine unbeteiligte Person – oder eine nebulöse Unbekannte – ins Spiel bringt, der riskiert, dass das Ganze strafrechtlich nach hinten losgeht. Dabei muss das Opfer der Täuschung nicht unbedingt namentlich genannt sein – es reicht, wenn die Polizei genug Infos bekommt, um gezielt loszulegen.
Und auch die Absicht, wie sie § 164 Abs. 1 StGB verlangt, muss hier gar nicht vorliegen. Entscheidend ist: Hast Du die Behörde gezielt aufs Glatteis geführt, weil Du über die Täterschaft gelogen hast? Dann bist Du mittendrin statt nur dabei – im Anwendungsbereich des § 145d Abs. 2 Nr. 1 StGB.
Subsidiarität
Ein Satz mit Wirkung: § 145d StGB tritt zurück, wenn andere Vorschriften einschlägig sind. Das nennt man dann subsidiär – sprich: Nur wenn keine speziellere Norm greift, kommt § 145d StGB zum Zug. Besonders relevant ist das im Verhältnis zu § 164 StGB (falsche Verdächtigung) und § 258 StGB (Strafvereitelung). Vor allem wenn jemand sich oder jemand anderen durch Lügen schützt, kann § 258 StGB näherliegen. In der Abgrenzung wird deshalb oft fein gewogen: Geht’s mehr um die Beeinflussung von Ermittlungen oder um das Verhindern von Strafe?
