Fangen wir vorne an: Eine Kündigung ist nichts anderes als eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung. Heißt also: Jemand – meistens der Arbeitgeber – haut eine Erklärung raus, die beim anderen auch ankommen muss. Mit dieser Erklärung soll das Arbeitsverhältnis für die Zukunft beendet werden.

Klingt simpel, oder? In der Praxis endet’s dann aber meist im Streit. Spätestens wenn eine Kündigungsschutzklage ins Spiel kommt, prüft das Gericht, ob das Ding wirklich wirksam ist. Und da lauern die Probleme: von allgemeinen Anforderungen an einseitige Rechtsgeschäfte bis hin zu ganz speziellen arbeitsrechtlichen Finessen.

Die ordentliche Kündigung ist der „klassische Weg“: Der Arbeitgeber beendet das Arbeitsverhältnis einseitig, aber unter Beachtung einer Kündigungsfrist – meist nach § 622 BGB oder einer tariflichen Regelung. Dieses Recht kann aber eingeschränkt sein, z. B. bei Betriebsratsmitgliedern (§ 15 KSchG) oder bei befristeten Verträgen (§ 15 Abs. 3 TzBfG).

Die außerordentliche Kündigung nach § 626 Abs. 1 BGB ist dagegen die Abrissbirne: sofortige Beendigung, keine Frist, Ende Gelände. Ausschließen lässt sich dieses Recht auch nicht – weder durch Arbeitsvertrag noch durch Tarifvertrag. Selbst „unkündbare“ Arbeitnehmer können bei einem wichtigen Grund außerordentlich gekündigt werden. Nur: Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit verlangt die Rechtsprechung manchmal, dass wenigstens eine „soziale Auslauffrist“ eingehalten wird, statt direkt den Hammer fallen zu lassen.

Wichtig: Für den Empfänger muss absolut klar sein, ob hier eine ordentliche oder eine außerordentliche Kündigung ausgesprochen wurde. Schreibt der Arbeitgeber was von Frist, muss er deutlich machen, ob er wirklich ordentlich kündigen will oder außerordentlich mit sozialer Auslauffrist. Sonst darf der Arbeitnehmer davon ausgehen: ordentliche Kündigung.

In der Klausur (und auch im echten Leben) läuft die Prüfung wie bei der Begründetheit einer Kündigungsschutzklage ab: Der Arbeitnehmer kann binnen drei Wochen nach Zugang der Kündigung Kündigungsschutzklage erheben (§ 4 KSchG). Mit dieser besonderen Feststellungsklage will er feststellen lassen, dass sein Arbeitsverhältnis durch die konkrete Kündigung nicht beendet wurde. Verpasst er die Frist – Pech gehabt. Dann gilt die Kündigung als wirksam, egal wie rechtswidrig sie eigentlich war.

Die allgemeine Feststellungsklage (§ 256 ZPO) kommt nur ins Spiel, wenn es nicht um eine Kündigung geht, sondern z. B. um einen Aufhebungsvertrag. Oder wenn formelle Mindestvoraussetzungen einer Kündigung fehlen (keine Erklärung, kein Zugang, keine Schriftform). Wichtig: Sobald eine Kündigung im Raum steht, hat die Kündigungsschutzklage Vorrang.

Zugang einer schriftlichen Kündigungserklärung

Die Kündigung muss schriftlich nach § 623 BGB und tatsächlich zugegangen (§§ 130 ff. BGB) sein.

Einer Begründung bedarf die Kündigung nicht (das ist nach § 626 Abs. 2 S. 3 BGB nur bei einer außerordentlichen Kündigung auf Verlangen des Arbeitnehmers der Fall). Sie muss aber bestimmt sein (der Auflösungswille muss also aus hier hervorgehen) und sie ist als einseitiges Rechtsgeschäft bedingungsfeindlich (außer bei Potestativbedingungen: die hängen nämlich vom Wollen des Kündigungsempfängers ab).

Zugang ist ein echter Prüfungs-Klassiker. Merksatz: „Möglichkeit der Kenntnisnahme reicht!“ Ob der Arbeitnehmer wirklich liest, spielt keine Rolle.

  • Einwurf-Einschreiben: Wirksam mit Einwurf in den Briefkasten.
  • Übergabe-Einschreiben/Rückschein: Problematisch – Zugang erst bei Abholung in der Postfiliale.
  • Empfangsvertreter vs. Empfangsbote: Vertreter = sofortiger Zugang, Bote = erst bei gewöhnlicher Weiterleitung.
  • Zugangsvereitelung: Wer absichtlich verhindert, dass die Kündigung ankommt, muss sich so behandeln lassen, als wäre sie zugegangen (§ 242 BGB).

§ 623 BGB macht’s klar: Eine Kündigung muss handschriftlich unterschrieben sein. Fax, E-Mail oder WhatsApp reichen nicht. Auch ein Vertreter muss seine Vollmacht kenntlich machen, sonst kann die Kündigung nach § 174 BGB zurückgewiesen werden.

Keine materielle Präklusion

Das Herzstück: Wer die Klagefrist für die Kündigungsschutzklage nach §§ 4, 7 KSchG verpasst, ist raus. Die Kündigung wird wirksam, selbst wenn sie inhaltlich grob rechtswidrig war. Nur in Ausnahmefällen – etwa wenn die Kündigung vom geschäftsunfähigen Arbeitgeber stammt oder von einem Vertreter ohne Vertretungsmacht – greift die Präklusion nicht.

Der Gedanke dahinter: Der Arbeitgeber soll schnell wissen, woran er ist. Rechtsfrieden geht hier also vor Gerechtigkeit im Einzelfall.

Eine Ausnahme gibt’s nur für den Fall, dass das Fristversäumnis unverschuldet war (§ 5 KSchG).

Beteiligung des Betriebsrates

Vor jeder Arbeitgeberkündigung muss gem. § 102 BetrVG der Betriebsrat angehört werden – was nicht heißt, dass dieser ein Mitbestimmungsrecht hat (§ 102 Abs. 1 S. 3 BetrVG). Allerdings begründet ein Widerspruch einen betriebsverfassungsrechtlichen Weiterbeschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits (§ 102 Abs. 5 S. 1 BetrVG).

Äußert sich der Betriebsrat dazu innerhalb der Erklärungsfrist nicht, gilt seine Zustimmung nach § 102 Abs. 2 S. 2 BetrVG als erteilt.

Besondere Unwirksamkeitsgründe

Greifen Sonderregeln? Etwa: Mutterschutz (§ 17 MuSchG), Elternzeit (§ 18 BEEG), Pflegezeit (§ 5 PflegeZG), Schwerbehinderte (§§ 168 ff. SGB IX), Mitglieder des Betriebsrats (§ 103 BetrVG, § 15 KSchG), Auszubildende (§ 22 Abs. 2 BBiG), Schutz vor Teilzeit (§ 11 TzBfG; als besondere Ausprägung des Maßregelungsverbots nach § 612a BGB), Massenentlassung (§§ 17 ff. KSchG), Kündigung wegen eines Betriebsübergangs (§ 613a Abs. 4 S. 1 BGB), Tarifvertrag/Betriebsvereinbarung/Arbeitsvertrag, Sittenwidrigkeit (§ 138 Abs. 1 BGB; zum Beispiel bei einer Kündigung allein aus persönlicher Rache) oder nach § 242 BGB wegen eines Verstoßes gegen Treu und Glauben (zum Beispiel bei einer Kündigung zur Unzeit oder einer Kündigung in besonders ehrverletzender Weise).

Auch auf diese Unwirksamkeitsgründe kann sich der Arbeitnehmer nur berufen, wenn er die Präklusionsfrist aus § 4 S. 1 KSchG einhält.

Allgemeiner Kündigungsschutz

Das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) stellt sich mit den §§ 1 ff. schützend vor Arbeitnehmer – allerdings nicht vor alle und nicht in jeder Konstellation. Im Kern geht es um den Bestandsschutz bei ordentlichen Kündigungen. Wer also nach einer Kündigung klagt, beruft sich in der Regel auf diese Normen. Bei außerordentlichen Kündigungen greift das KSchG dagegen nicht unmittelbar: Hier richtet sich die Wirksamkeit ausschließlich nach § 626 BGB.

Anwendungsbereich

Bevor man prüft, ob eine Kündigung sozial gerechtfertigt ist, muss erst einmal klar sein: Gilt das KSchG überhaupt?

Persönlich: Wartezeit

Kündigungsschutz nach dem KSchG gibt es nicht sofort ab Tag eins. Der Arbeitnehmer muss mindestens sechs Monate ununterbrochen im selben Betrieb oder Unternehmen beschäftigt sein (§ 1 Abs. 1 KSchG). Achtung: Es zählt der rechtliche Beginn des Arbeitsverhältnisses, nicht, wann der Mitarbeiter tatsächlich seinen ersten Arbeitstag hatte.

Grundsätzlich genießen alle Arbeitnehmer diesen Schutz. Auch leitende Angestellte fallen darunter – allerdings nur eingeschränkt: Sie haben zwar einen Abfindungsschutz (§ 14 Abs. 2 KSchG), aber keinen echten Bestandsschutz.

Und für die „ganz oben“, also organschaftliche Vertreter (z. B. Geschäftsführer), gilt der Kündigungsschutz gar nicht.

Betrieblich: Kleinbetriebsklausel

Hier entscheidet die Betriebsgröße (§ 23 Abs. 1 KSchG). Kleine Betriebe sollen flexibler kündigen können, weil dort jede einzelne Arbeitskraft viel Gewicht hat. Deshalb sieht das Gesetz Schwellenwerte vor:

  • Für „Altarbeitnehmer“ (eingestellt bis 31.12.2003) gilt: Kündigungsschutz erst ab mehr als fünf Arbeitnehmern.
  • Für „Neuarbeitnehmer“ (ab 01.01.2004) gilt die Grenze von mehr als zehn Arbeitnehmern.

Teilzeitkräfte werden nur anteilig berücksichtigt (§ 23 Abs. 1 S. 4 KSchG). Das bedeutet: Erst ab 10,25 rechnerischen Arbeitnehmern greift der Kündigungsschutz nach KSchG.

Außerhalb des KSchG

Fällt das Arbeitsverhältnis nicht in den Anwendungsbereich des KSchG, kann der Arbeitgeber im Grundsatz ohne Angabe von Gründen kündigen. Aber: ganz frei ist er nicht. Die Kündigungsfristen nach § 622 BGB gelten trotzdem.

Und es gibt noch eine Art „Grundschutz“ über § 242 BGB. Diese Generalklausel verbietet willkürliche oder grob unfaire Kündigungen. Beispiel: eine Kündigung zur Unzeit oder in beleidigender Form wäre unwirksam. Dieser Mindestschutz ist aber schwächer als der richtige Kündigungsschutz nach KSchG und darf nicht dazu führen, dass die strengen Maßstäbe (z. B. Sozialauswahl) in Kleinbetrieben durch die Hintertür eingeführt werden.

Soziale Rechtfertigung

Eine ordentliche Kündigung ist nur wirksam, wenn sie sozial gerechtfertigt ist (§ 1 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 KSchG). Klingt schwammig, bedeutet aber: Der Arbeitgeber braucht einen anerkannten Grund – entweder personenbedingt, verhaltensbedingt oder betriebsbedingt. Das Ganze basiert auf Art. 12 GG: Arbeitsplatzschutz des Arbeitnehmers vs. unternehmerische Freiheit des Arbeitgebers. Oder, etwas plastischer gesagt: Die Kündigung ist die „Keule des Arbeitsrechts“ – mächtig, aber nur mit Begründung erlaubt.

Personenbedingt

Hier liegt das Problem in der Person des Arbeitnehmers (§ 1 Abs. 2 S. 1 Alt. 1 KSchG) – etwa weil er krankheitsbedingt nicht mehr arbeiten kann oder ihm eine erforderliche Erlaubnis fehlt (z. B. Führerschein). Folgende Voraussetzungen müssen vorliegen:

  • Personenbedingte Störquelle: Liegt eine persönliche Ursache vor, die die Arbeitsleistung dauerhaft stört? (Krankheit, Sucht, Verlust der Arbeitserlaubnis etc.)
  • Negative Prognose: Ist damit zu rechnen, dass sich die Störung auch in Zukunft fortsetzt?
  • Erhebliche betriebliche Auswirkungen: Führt das Ganze zu echten Belastungen für den Arbeitgeber, z. B. hohe Entgeltfortzahlungskosten oder organisatorische Probleme?
  • Ultima Ratio: Gibt es keine zumutbare Weiterbeschäftigungsmöglichkeit? Ein Betriebswechsel oder eine Änderungskündigung muss geprüft sein, bevor zur Beendigungskündigung gegriffen wird.

Besonderheit: Bei längerer Krankheit muss der Arbeitgeber ein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) anbieten (§ 167 Abs. 2 SGB IX). Tut er das nicht, schwächt das seine Kündigung erheblich.

Verhaltensbedingt

Hier geht es um steuerbares Fehlverhalten des Arbeitnehmers (§ 1 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 KSchG) – also Pflichtverletzungen, die ihm vorwerfbar sind. Kernelemente:

  • Pflichtverletzung: Der Arbeitnehmer muss schuldhaft gegen seine vertraglichen Pflichten verstoßen haben.
  • Negative Prognose: Es muss die Gefahr bestehen, dass sich das Verhalten wiederholt.
  • Abmahnung: In der Regel Voraussetzung! Sie erfüllt Warn-, Ermahnungs- und Beanstandungsfunktion. Nur bei besonders schweren Pflichtverstößen (z. B. Straftaten gegen den Arbeitgeber) kann man ausnahmsweise darauf verzichten.
  • Interessenabwägung: Alter, Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten und die Schwere der Pflichtverletzung fließen in die Abwägung ein.

Betriebsbedingt

Hier liegt der Grund nicht in der Person oder im Verhalten des Arbeitnehmers, sondern in der betrieblichen Sphäre (§ 1 Abs. 2 S. 1 Alt. 3 KSchG). Typisches Stichwort: Wegfall des Arbeitsplatzes.

Das kann auf außerbetriebliche Gründe (z. B. Auftragsmangel) oder innerbetriebliche Entscheidungen (z. B. Rationalisierung, Betriebsschließung) zurückgehen.

Wichtig ist, dass eine nachvollziehbare unternehmerische Entscheidung vorliegt, die kausal zum Wegfall der Beschäftigung führt.

Zusätzlich muss eine Sozialauswahl getroffen werden (§ 1 Abs. 3 KSchG). Der Arbeitgeber muss also unter vergleichbaren Arbeitnehmern diejenigen auswählen, die am wenigsten schutzwürdig sind. Kriterien sind: Alter, Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderung.

Einhaltung der Kündigungsfrist

Wurde die richtige Frist nach § 622 BGB eingehalten? Hat der Arbeitgeber die Kündigungsfrist zu kurz bemessen, kann die Kündigungserklärung regelmäßig in eine Kündigung zum nächstmöglichen Termin ausgelegt werden.

Weiterbeschäftigungs- oder Wiedereinstellungsanspruch

Er kommt in Betracht beispielsweise nach § 102 Abs. 5 S. 1 BetrVG.