Ein Anspruch ist im Kern das Recht, von jemand anderem eine Handlung zu verlangen – sei es ein Tun, Dulden oder eben ein Unterlassen. Das sagt § 194 Abs. 1 S. 1 BGB ganz klar. Wenn Du also einen Anspruch hast, kannst Du von jemandem fordern, dass er etwas macht, etwas hinnimmt oder etwas unterlässt.

Im Schuldrecht nennen wir so ein Recht auch oft „Forderung„. Diese Forderung des Gläubigers steht immer im direkten Zusammenhang mit der Verpflichtung des Schuldners, eben genau das zu tun, was verlangt wird. Und genau dieses Verpflichtetsein bezeichnet man als „Schuld“. Es ist also das andere Ende der Medaille zu Deinem Anspruch.

Anspruchsprüfung

Um herauszufinden, ob ein Anspruch wirklich besteht, musst Du Dir vier Fragen stellen:

  • Wer fordert etwas? Das Rechtssubjekt, also der Anspruchsteller.
  • Was wird gefordert? Der Anspruchsinhalt oder die Rechtsfolge, oft eine Verfügung über ein Rechtsobjekt oder ein Realakt.
  • Von wem wird es gefordert? Das andere Rechtssubjekt, also der Anspruchsgegner.
  • Und woraus ergibt sich das eigentlich?(Die Anspruchsgrundlage – das kann eine gesetzliche Norm oder ein Vertrag sein.

Wenn Du diese Punkte sauber klärst, bist Du auf dem besten Weg, den Anspruch richtig zu erfassen.

Anspruchsgrundlagen

Ansprüche können ganz unterschiedliche Quellen haben. Sie lassen sich grob in fünf Kategorien einteilen:

Vertragliche Ansprüche

Hier geht es um Ansprüche, die aus einem Vertrag entstehen. Dazu gehören sowohl Primäransprüche – also das, was aus dem Vertrag direkt gefordert wird – als auch Sekundäransprüche, die sich aus den Folgen des Vertrags ergeben.

Quasivertragliche Ansprüche

Manchmal gibt es auch Ansprüche, die zwar keinen echten Vertrag voraussetzen, aber wie Vertragliches behandelt werden. Zum Beispiel culpa in contrahendo – die Pflichtverletzung beim Vertragsabschluss – oder die Geschäftsführung ohne Auftrag, wenn jemand ohne Auftrag für einen anderen handelt.

Dingliche Ansprüche

Das sind Ansprüche, die sich auf Sachen beziehen. Beispielsweise Herausgabeansprüche aus dem Eigentum-Besitzer-Verhältnis (EBV) oder Ansprüche auf Beseitigung und Unterlassung von Beeinträchtigungen an Sachen.

Deliktische Ansprüche

Diese entstehen, wenn jemand unrechtmäßig gehandelt hat – etwa bei unerlaubten Handlungen, die Schäden verursachen.

Bereicherungsrechtliche Ansprüche

Wenn jemand etwas ohne rechtlichen Grund erhalten hat, kann er verpflichtet sein, das zurückzugeben. Solche Ansprüche nennt man bereicherungsrechtliche.

Einwendungen und Einreden

Auch wenn ein Anspruch theoretisch besteht, kann er durch verschiedene Einwände oder Einreden ausgebremst oder sogar ganz beseitigt werden. Man unterscheidet dabei drei Arten:

Anspruch entstanden

Manche Einwendungen verhindern, dass der Anspruch überhaupt erst entsteht. Zum Beispiel, wenn jemand nicht geschäftsfähig ist, ein Vertrag wegen Formmangels nichtig ist, die Vereinbarung sittenwidrig wäre (Wirksamkeitshindernisse) oder erfolgreich angefochten wird. In solchen Fällen gibt es keinen Anspruch.

Anspruch nicht untergegangen

Manche Einwendungen zerstören einen bestehenden Anspruch nachträglich. Erfüllung ist hier das klassische Beispiel: Wenn der Schuldner leistet, erlischt der Anspruch. Auch Aufrechnung, Rücktritt oder Unmöglichkeit können den Anspruch vernichten.

Anspruch durchsetzbar

Es gibt aber auch Einreden, die die Durchsetzbarkeit eines Anspruchs hemmen, ohne ihn sofort aus der Welt zu schaffen. Diese Einreden musst Du als Gläubiger aktiv vorbringen, sonst kann der Schuldner sie nicht geltend machen. Man unterscheidet dabei zwischen: