Stell Dir vor, Du hast ein Grundstück. Schön und gut – aber was ist, wenn jemand Geld von Dir will und das Ganze abgesichert werden soll? Genau dafür gibt es die Grundschuld. Sie ist ein beschränkt dingliches Verwertungsrecht. Klingt sperrig, heißt aber im Kern: Jemand bekommt das Recht, sich eine bestimmte Geldsumme aus Deinem Grundstück zu holen (§ 1191 Abs. 1 BGB).

Jetzt kommt das Besondere: Die Grundschuld hängt nicht zwingend an einer bestimmten Forderung. Juristen nennen das „keine Akzessorietät„. Im Gegensatz zur Hypothek muss also keine konkrete Schuld bestehen, damit die Grundschuld überhaupt lebt. Sie kann auch einfach so im Grundbuch stehen – unabhängig davon, ob gerade ein Kredit läuft oder nicht. Praktisch bedeutet das: Während man bei der Hypothek über die Forderung „arbeitet“, geht es bei der Grundschuld direkt um das Recht am Grundstück.

Natürlich steht auch hinter der Grundschuld irgendein schuldrechtlicher Vertrag – meistens eine b. Aber dieser Vertrag prägt nicht die Grundschuld selbst, sondern läuft danebenher. Das Spannende: Diese Abrede kann auch wechseln, ohne dass die Grundschuld dadurch erlischt.

Und wenn man das Ganze mal aus der Interessenbrille betrachtet: Gläubiger (z. B. Banken) lieben die Grundschuld. Warum? Sie können sie jederzeit verwerten, egal ob die gesicherte Forderung gerade existiert oder nicht. Schuldner hätten es lieber etwas „sicherer“ und neigen zur Hypothek, weil sich der Gläubiger dort nur dann aus dem Grundstück bedienen darf, wenn die Forderung auch wirklich noch existiert.

Die Grundschuld ist so eine Art „Hypothek ohne Akzessorietät“. Deshalb sagt § 1192 Abs. 1 BGB: Für sie gelten grundsätzlich die Vorschriften der Hypothek, außer wenn gerade die Abhängigkeit von einer Forderung entscheidend ist. Zusätzlich gibt’s die §§ 1193-1198 BGB mit Spezialregeln. Wichtig also immer: Prüfen, ob die Norm auf die Forderungsgebundenheit der Hypothek zugeschnitten ist – dann passt sie auf die Grundschuld nicht.

Arten

Juristen mögen Ordnung – deshalb hat man verschiedene Typen von Grundschulden gebastelt. Die wichtigsten sind:

Isolierte Grundschuld

Hier steht die Grundschuld völlig losgelöst von irgendeiner Forderung im Grundbuch. Sie ist einfach ein Recht auf Verwertung – Punkt. Praktisch kann sie als Sicherheit für zukünftige Geschäfte dienen oder einfach einen Rang im Grundbuch blockieren. Läuft ein Kauf, eine Schenkung oder sonst was schief, dann gibt’s einen Bereicherungsanspruch – aber die dingliche Grundschuld bleibt trotzdem erst mal da.

Treuhandgrundschuld

Sehr beliebt in der Praxis: Man bestellt eine Grundschuld, damit der Rang im Grundbuch frei bleibt (z. B. für ein späteres Bankdarlehen). Oder man nutzt sie, um Vermögen umzugestalten oder Vollstreckungen zu erschweren. Nach außen wirkt sie wie eine „echte“ Grundschuld, aber im Innenverhältnis ist vereinbart, dass der Gläubiger sie nicht frei verwerten darf. Ein stillschweigender Treuhandvertrag wird oft einfach unterstellt.

Fremd- und Eigentümergrundschuld

Die Hypothek funktioniert nur zugunsten eines Dritten – der Eigentümer kann sich selbst keine bestellen. Bei der Grundschuld geht das: Man spricht dann von einer Eigentümergrundschuld (§ 1196 Abs. 1 BGB). Die ist praktisch, um Rangplätze zu sichern.

Wird sie zugunsten eines Gläubigers bestellt, haben wir die Fremdgrundschuld. Wichtig: Bei der Eigentümergrundschuld gibt’s Besonderheiten, z. B. beim Ausschluss der Vollstreckung und bei Zinsen (§ 1197 BGB).

Sicherungsgrundschuld

Fast alle Grundschulden, die Du im Alltag triffst, sind Sicherungsgrundschulden (§ 1192 Abs. 1a BGB). Banken sichern damit ihre Darlehen ab. Der Clou: Weil die Grundschuld nicht an die Forderung gekoppelt ist, können Forderungen ausgetauscht oder erweitert werden, ohne dass der Rang verloren geht. Auch der Nachweis einer Forderungshöhe ist nicht nötig. Das spart Banken Ärger und macht die Grundschuld flexibler als die Hypothek.

Die Verbindung zwischen Forderung und Grundschuld entsteht hier nur über den Sicherungsvertrag. Außen darf die Bank vollstrecken, innen ist sie durch Vertrag verpflichtet, das nur im Sicherungsfall zu tun.

Sicherungsabrede

Du erinnerst Dich: Bei der Hypothek war vieles recht strikt geregelt. Die Grundschuld dagegen ist da viel flexibler – und genau deshalb muss man die Spielregeln in einem eigenen Vertrag, der Sicherungsabrede, ordentlich festzurren. Nur so weiß jeder, woran er ist. Denn § 1192 BGB verweist zwar auf ein paar Vorschriften aus dem Hypothekenrecht, aber eben nicht auf alles. Vieles bleibt offen. Also: Vertragstisch auf, Stifte gezückt, und ran an die Vereinbarung!

Was muss da rein? Zum Beispiel: Welche Forderung soll überhaupt gesichert werden? Was darf der Gläubiger verwerten, wenn’s schiefgeht? Wie läuft die Rückgabe, wenn alles brav getilgt ist? Und was passiert, wenn noch andere Sicherheiten im Spiel sind?

Ohne das bleibt die Grundschuld ein ziemlich luftiges Konstrukt.

Bei der Sicherungsgrundschuld tanzen mehrere Rechtsgeschäfte gleichzeitig auf der Bühne:

  • Das Forderungsgeschäft – klassisch der Kreditvertrag.
  • Das dingliche Geschäft – also die Bestellung der Grundschuld im Grundbuch.
  • Die schuldrechtliche Sicherungsabrede – sie ist das Bindeglied, das alles miteinander verklammert (§§ 311 Abs. 1, 241 BGB).

Und wichtig: Schuldner, Eigentümer, Gläubiger – das muss nicht alles dieselbe Person sein. Da kann einiges durcheinandergehen.

Was, wenn die gesicherte Forderung nie entstanden ist? Oder später getilgt wurde? Dann hängt die Grundschuld beim Gläubiger quasi „in der Luft“. Sie ist dann ohne Grund begeben – klassisch ein Fall für § 812 BGB (Bereicherungsrecht). Der Eigentümer kann also Rückgabe verlangen. Typische Fälle: Nie valutiert – also das Darlehen wurde nie ausgezahlt. Nichtigkeit der Abrede – etwa bei Wucher (§ 138 Abs. 2 BGB). Tilgung – der Schuldner hat brav alles gezahlt.

Und was kann der Eigentümer dann tun? Er kann Aufhebung (§§ 875, 1183 BGB), Verzicht (§ 1168 BGB) oder Übertragung (§ 1154 BGB) der Grundschuld fordern. Aufhebung killt die Grundschuld komplett, die anderen Varianten wandeln sie in eine Eigentümergrundschuld um.

Ersterwerb

Bei der Fremdgrundschuld läuft’s ähnlich wie bei der Hypothek (§ 1192 Abs. 1 BGB). Du brauchst:

  • Einigung und Eintragung (§ 873 BGB),
  • Briefübergabe (außer man schließt den Brief aus),
  • und natürlich: Berechtigung des Bestellers.

Bei der Eigentümergrundschuld bestellt der Eigentümer sie für sich selbst: Erklärung gegenüber dem Grundbuchamt, Eintragung und ggf. Brief. Zack – Grundschuld ist da (§ 1196 Abs. 2 BGB).

Und ja: Auch gutgläubiger Erwerb ist möglich (§ 892 BGB). Wenn jemand im Grundbuch als Eigentümer steht, obwohl er es gar nicht ist, kann trotzdem ein Dritter gutgläubig erwerben.

Zweiterwerb

Bei der Hypothek geht’s über Abtretung der Forderung. Bei der Grundschuld dagegen wird direkt das dingliche Recht übertragen (§§ 1192 Abs. 1, 1154, 398 ff. BGB).

Die Forderung wird separat nach § 398 S. 1 BGB abgetreten. Wichtig: Nach h. M. kann man die Abtretbarkeit inhaltlich beschränken (§§ 399, 413 BGB).

Briefgrundschuld: Abtretung braucht Einigung, Abtretungserklärung und Briefübergabe. Buchgrundschuld: Einigung + Eintragung ins Grundbuch, ganz klassisch sachenrechtlich.

Und jetzt kommt der Knackpunkt: Bei der Sicherungsgrundschuld kann man Forderung und Grundschuld gemeinsam oder getrennt übertragen. Aber Achtung: Das kann den Sicherungsvertrag entwerten, weil die Kopplung dann auseinanderfliegt. Deshalb sieht die Praxis eigentlich vor: Immer schön zusammen übertragen.

Beim gutgläubigen Zweiterwerb zeigt sich der Unterschied zur Hypothek: Weil die Grundschuld nicht akzessorisch ist, schützt § 1138 BGB (der bei der Hypothek den Bestand der Forderung mitschützt) hier nicht. Bedeutet: Weniger Schutz für den Erwerber, aber dafür bleibt die Flexibilität der Grundschuld erhalten.

Verteidigung gegen die Grundschuld

Als Schuldner oder Eigentümer willst Du Dich natürlich wehren können. Aber womit? Persönlicher Schuldner: Er kann alle Einreden gegen die Forderung bringen – aber keine rein eigentümerbezogenen. Eigentümer: Er kann pfandrechtsbezogene Einreden geltend machen. Forderungsbezogene gehen nur über den Sicherungsvertrag („Einrede des mangelnden Sicherungsfalls“).

Und § 1157 BGB sorgt dafür, dass auch ein neuer Grundschuldgläubiger die Einreden aus der Sicherungsabrede gegen sich gelten lassen muss. Seit 2008 (§ 1192 Ia BGB) sogar dauerhaft: Kein gutgläubig einredefreier Erwerb mehr.

Tilgung

Spannend wird’s, wenn Zahlungen reinkommen. Denn es macht einen Unterschied, wer zahlt und worauf gezahlt wird.

Schuldner = Eigentümer

Einmalzahlung? Meist sowohl auf Forderung als auch Grundschuld. Ratenzahlungen? Meist nur auf die Forderung.

Schuldner ≠ Eigentümer

Schuldner zahlt: immer auf die Forderung. Eigentümer zahlt: im Zweifel nur auf die Grundschuld.

Wird auf die Grundschuld gezahlt, verwandelt sie sich in eine Eigentümergrundschuld. Zahlt man auf die Forderung, bleibt die Grundschuld beim Gläubiger – aber der Sicherungszweck ist weg, und der Eigentümer kann Rückgewähr verlangen.

Auch Dritte können leisten, z. B. ablösungsberechtigte (§§ 1150, 1192 BGB). Dann geht die Grundschuld gesetzlich auf sie über. Aber Achtung: Über die Frage, ob auch die Forderung mitgeht, streitet sich die Literatur seit Jahren.