Stell Dir vor, Du brauchst dringend Kohle – zum Beispiel als Unternehmer, der neue Maschinen anschaffen will. Die Bank will Dir auch gern einen Kredit geben, aber sie will Sicherheiten. Blöd nur: Du brauchst Deine Maschinen, Dein Inventar und Deine Waren selbst, um überhaupt weiterarbeiten zu können. Einfach abgeben geht also nicht. Genau hier kommt die Sicherungsübereignung ins Spiel.
Das Prinzip: Du überträgst der Bank (Sicherungsnehmer) das Eigentum an Deinen Sachen, behältst aber den Besitz. Klingt komisch, ist aber legal – und zwar über die §§ 929, 930 BGB, also mit einer Einigung über den Eigentumsübergang plus Besitzmittlungsverhältnis. Heißt übersetzt: Du bist weiter derjenige, der die Maschinen nutzt, aber juristisch gesehen gehören sie jetzt der Bank – solange, bis der Kredit zurückgezahlt ist.
Im Gesetz gibt’s eigentlich nur eine dingliche Sicherheit an beweglichen Sachen: das Pfandrecht. Das Problem: Beim Faustpfand muss die Sache tatsächlich übergeben werden (§§ 1205, 1206 BGB). Der Gesetzgeber wollte damit verhindern, dass jemand Dritten vorgaukelt: „Schau mal, diese Maschine gehört mir und ist frei von Rechten“, obwohl sie schon als Sicherheit dient. Aber in der Praxis passt das nicht: Kein Unternehmer kann seine Produktionsmaschinen einfach abgeben, nur um einen Kredit abzusichern. Also hat die Rechtsprechung irgendwann gesagt: „Okay, wir brauchen ein Instrument, das Sicherheit gibt, ohne dass der Schuldner seine Sachen aus der Hand geben muss.“ So entstand die Sicherungsübereignung – ein besitzloses Pfandrecht, das inzwischen völlig anerkannt ist.
Ganz wichtig: Hier geht’s nicht primär um Befriedigung, sondern um Sicherung. Die Bank soll im Fall der Fälle Zugriff haben – aber solange alles gut läuft, darfst Du Deine Sachen weiter nutzen. Damit ist das Eigentum quasi aufgeteilt: Nutzung beim Schuldner, Sicherheit beim Gläubiger.
Heißt im Umkehrschluss: Die Bank darf Deine Maschinen nicht einfach benutzen oder verkaufen, solange Du zahlst. Tut sie’s doch, verletzt sie die Sicherungsabrede und macht sich schadensersatzpflichtig (§ 280 Abs. 1 BGB). In der Insolvenz bringt das Ganze einen entscheidenden Vorteil: Der Sicherungsnehmer hat ein Absonderungsrecht (§§ 50, 51 Nr. 1 InsO) und steht damit besser da als alle anderen ungesicherten Gläubiger.
Die Sicherungsübereignung ist eine abstrakte Verfügung – also rechtlich losgelöst von der Forderung. Man spricht von einem fiduziarischen Sicherungsmittel, sprich einem Treuhandgeschäft. Bedeutet: Nach außen ist die Bank (Sicherungsnehmer) ganz normaler Eigentümer. Innen drin aber gibt’s eine Sicherungsabrede, die festlegt: „Liebe Bank, Du darfst das Eigentum nur als Sicherheit halten, aber nicht einfach damit machen, was Du willst.“ Das ist ein klassischer Fall von Überschuss an Rechtsmacht: mehr Rechte nach außen, weniger Rechte nach innen. Und weil das Ganze im Interesse der Bank passiert, spricht man von einer eigennützigen Treuhand.
Die Konstruktion besteht aus mehreren Bausteinen: Darlehensvertrag zwischen Bank und Schuldner – hier steht drin, wie hoch die Forderung ist. Sicherungsabrede zwischen Sicherungsgeber und Bank – die koppelt das Darlehen mit dem Sicherungsgeschäft und beschreibt die Spielregeln. Übereignungsgeschäft (§§ 929, 930 BGB) – das dingliche Geschäft, mit dem das Eigentum tatsächlich übergeht.
Und wichtig: Der Sicherungsgeber muss nicht unbedingt auch der Schuldner sein. Ein Dritter kann seine Sache ebenfalls zur Sicherheit übereignen.
Begründung
Damit die Sicherungsübereignung wirksam ist, brauchst Du:
- eine Einigung, dass das Eigentum übergeht (§ 929 S. 1 BGB),
- ein Besitzkonstitut, damit die Sachen beim Schuldner bleiben können (§ 930 BGB),
- Einigsein bei diesem Besitzkonstitut,
- und natürlich Verfügungsbefugnis des Sicherungsgebers (oder gutgläubigen Erwerb, § 933 BGB – wobei der meist scheitert, weil § 933 die Übergabe verlangt).
Und Achtung: Gerade weil das Ganze kein alltägliches Geschäft ist, prüft man beim guten Glauben des Sicherungsnehmers besonders streng.
Was kann überhaupt sicherungsübereignet werden? Grundsätzlich alle beweglichen Sachen und Anwartschaftsrechte. Immobilien eher nicht – dafür gibt’s die Grundschuld. Problematisch wird’s bei Sachgesamtheiten wie Warenlagern. Da gilt der Bestimmtheitsgrundsatz: Ein Dritter muss genau erkennen können, welche Gegenstände übereignet wurden. Reine Mengenangaben („100 Kisten Wein“) reichen nicht – man muss die Teile abgrenzen. Dafür gibt’s verschiedene Tricks, etwa Raumsicherungsvereinbarungen (alles, was in einem bestimmten Raum liegt) oder Markierungen.
Besonders spannend: die antizipierte Sicherungsübereignung. Damit kann man schon heute vereinbaren, dass auch zukünftige Waren (z. B. die nächste Produktionscharge) automatisch sicherungsübereignet werden. Ob dafür noch eine sichtbare Handlung beim Eintreffen der Ware nötig ist, ist streitig – praktisch aber egal, weil das Einlagern im Lagerraum meist reicht.
Oft will man, dass das Eigentum automatisch zurückspringt, sobald die Schuld getilgt ist. Das geht über eine auflösende Bedingung (§ 158 Abs. 2 BGB). Vorteil: Der Sicherungsgeber hat schon vorher ein Anwartschaftsrecht und damit besseren Schutz gegen Zwischenverfügungen der Bank. Wenn dagegen gleich unbedingtes Eigentum übertragen wird, muss der Schuldner die Rückübereignung aktiv einfordern – notfalls über Rückabwicklung (§ 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 BGB).
Sicherungsabrede
Die Sicherungsabrede ist der schuldrechtliche Vertrag, der alles miteinander verknüpft. Typisch geregelt werden:
- welche Forderungen gesichert sind (oft alle gegenwärtigen und künftigen Forderungen),
- welches Sicherungsgut betroffen ist,
- Pflichten des Sicherungsgebers (Pflege, Versicherung etc.),
- die treuhänderische Bindung der Bank,
- und natürlich die Rückübertragungspflicht.
Spannend: Verfallklauseln analog § 1229 BGB (also dass die Bank die Sache bei Verzug einfach behalten darf) sind umstritten. Zu streng darf das Ganze jedenfalls nicht sein – sonst fliegt die Vereinbarung wegen Sittenwidrigkeit (§ 138 Abs. 1 BGB).
Nichtigkeit wegen Sittenwidrigkeit
Wenn’s um Sicherungsübereignungen geht, musst Du immer im Hinterkopf behalten: Die greifen ziemlich massiv in die Rechtsposition des Sicherungsgebers ein. Klar, der überträgt sein Eigentum ja quasi auf Vorrat. Deshalb stellt sich die Frage: Ist so ein Vertrag vielleicht sogar wegen Sittenwidrigkeit nach § 138 Abs. 1 BGB unwirksam?
Die Antwort hängt – wie so oft – von einer Gesamtwürdigung im Einzelfall ab. Die Rechtsprechung hat aber über die Jahre ein paar typische Fallgruppen entwickelt, die fast schon nach „roter Karte“ riechen. Besonders gefährlich wird’s bei Übersicherung, Schuldnerknebelung oder Gläubigergefährdung.
Übersicherung
Jetzt mal konkret: Übersicherung bedeutet, dass der Wert der Sicherheiten in einem unangemessenen Verhältnis mehr zur Forderung steht. Hintergrund: Wenn der Gläubiger die übereigneten Sachen verwertet, springt da oft weniger bei raus, als der Schätzwert vermuten lässt. Deshalb packen die Sicherungsnehmer gerne dicke Sicherheitspakete ein – und plötzlich ist der Schuldner mit viel mehr belastet, als eigentlich nötig wäre.
Aber Achtung: Schon der bloße Umstand, dass die Sicherheit mehr wert ist als die Forderung, reicht noch nicht. Es muss ein auffälliges Missverhältnis vorliegen – sprich, der Gläubiger schießt übers Ziel hinaus und kümmert sich überhaupt nicht um die Belange des Schuldners. In dem Fall kracht die Sicherungsabrede entweder über § 138 Abs. 1 BGB oder – wenn’s über AGB läuft – über § 307 BGB.
Anfängliche Übersicherung
Noch schärfer wird’s, wenn schon bei Vertragsschluss ein krasses Missverhältnis besteht. Dann ist die Sicherungsabrede direkt nichtig (§ 138 Abs. 1 BGB). Und das ist nicht nur eine Frage der Mathematik, sondern auch der inneren Haltung: Der Gläubiger muss quasi mit einer verwerflichen Gesinnung unterwegs sein – also eigensüchtig und rücksichtslos gegenüber dem Schuldner. Wenn der Vertrag von Anfang an so gestrickt ist, dass die Sicherheit völlig außer Verhältnis zur Forderung steht, ist die rote Karte gesetzt.
Nachträgliche Übersicherung und Freigabeklauseln
Anders sieht’s aus, wenn die Übersicherung erst später entsteht – zum Beispiel weil das Warenlager wächst oder weil die Schuld teilweise getilgt wird. Da hat der BGH ein paar Leitplanken aufgestellt.
- Feste Deckungsgrenze von 110 % der zu sichernden Forderung: Das deckt die Forderung plus übliche Kosten ab.
- Vermutungsregel mit Risikozuschlag: In der Praxis geht der BGH oft von einer Grenze von 150 % aus. Alles drüber – und Sittenwidrigkeit liegt nahe.
Aber: Überschreitest Du diese Grenze, ist der Vertrag nicht automatisch nichtig. Stattdessen hat der Schuldner einen Anspruch auf Freigabe der überzähligen Sicherheiten. Der Gläubiger darf sich dann aussuchen, welche Sachen er zurückgibt.
Kleiner Twist: Manche Stimmen in der Literatur wollten, dass solche Sicherungsverträge nur mit eingebauten Freigabeklauseln überhaupt wirksam sind. Der BGH sagt aber: Nope, ein Freigabeanspruch ergibt sich schon aus der Treuhandnatur des Geschäfts – egal, ob im Vertrag steht oder nicht.
Schuldnerknebelung
Die nächste rote Karte heißt Schuldnerknebelung. Das liegt vor, wenn der Sicherungsgeber so sehr in Abhängigkeit vom Gläubiger gerät, dass er faktisch keine eigenen wirtschaftlichen Entscheidungen mehr treffen kann. Dann wird der Gläubiger der eigentliche Chef im Laden – und genau das ist sittenwidrig.
Gläubigergefährdung oder -täuschung
Auch beliebt: Gläubigergefährdung. Das bedeutet, dass die Sicherungsübereignung den Anschein erweckt, der Schuldner sei kreditwürdiger, als er tatsächlich ist. Wenn dadurch andere Gläubiger getäuscht werden oder zumindest die Gefahr besteht, dass sie leer ausgehen, ist die Abrede sittenwidrig. Und zwar selbst dann, wenn der Gläubiger „nur“ grob fahrlässig die Augen davor verschließt.
Kommt es zu einer bewussten Absprache zwischen Schuldner und Sicherungsnehmer, kann das sogar in die Ecke von §§ 826, 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 263 StGB rutschen.
Nichtigkeit der dinglichen Einigung
Jetzt wird’s tricky: Was passiert mit der dinglichen Übereignung, wenn die Sicherungsabrede sittenwidrig ist? Abstraktionsprinzip! Normalerweise bleibt die dingliche Einigung neutral und wirksam.
Aber: Die herrschende Meinung (und auch der BGH) sagt, dass hier die Fehleridentität gilt. Bedeutet: Wenn der schuldrechtliche Vertrag sittenwidrig ist, zieht er die dingliche Einigung mit runter. Andernfalls hätte der Gläubiger Eigentum, ohne die Treuhandbindung aus dem Vertrag – und würde am Ende besser dastehen, als wenn der Vertrag wirksam wäre. Deshalb: Herausgabeanspruch des Schuldners regelmäßig aus § 985 BGB.
Belastungen des Sicherungseigentums
Wichtig: Der Gläubiger bekommt immer nur das Eigentum, das der Schuldner auch tatsächlich übertragen kann. Befinden sich die Sachen in gemieteten Räumen, so erlangt der Sicherungsnehmer folglich nur das mit dem Vermieterpfandrecht (§ 562 BGB) belastete Eigentum an den Sachen.
Gutgläubig lastenfrei erwerben? In der Praxis kaum möglich, weil der Gläubiger ja weiß, wo die Sachen stehen.
Verwertung des Sicherungseigentums
Wie läuft die Verwertung? In aller Regel wird ein freihändiger Verkauf vereinbart, weil dabei mehr Geld rumkommt als bei einer Versteigerung. Der Gläubiger kassiert den Erlös, zieht seine Forderung und die Verwertungskosten ab und zahlt den Rest an den Schuldner zurück. Reicht der Erlös nicht, bleibt der Schuldner für den Restbetrag weiterhin in der Pflicht.
Fehlen klare Absprachen, muss man auslegen: Was wollten die Parteien wohl? Regelmäßig wird man von freihändigem Verkauf ausgehen. Exoten wie Selbsteintritt, Nutzungsziehung oder „alles verfällt mir“ sind nur mit besonderer Vereinbarung zulässig.
Und noch was: Der Gläubiger darf zwar verwerten, er muss es aber nicht. Er kann genauso gut einfach auf Zahlung der Forderung klagen. Doppelte Inanspruchnahme? Keine Sorge – das wird durch die Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO) abgefangen.
Sicherungseigentum in der Zwangsvollstreckung
Okay, schauen wir uns zunächst an, was bei der Zwangsvollstreckung in das Sicherungsgut passiert.
Rechtsbehelfe des Sicherungsnehmers bei Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Sicherungsgebers
Stell Dir vor: Du bist Sicherungsnehmer, hast Dir also zur Absicherung Deines Kredits ein hübsches Stück Eigentum übertragen lassen – ein Auto, eine Maschine, irgendwas Greifbares. Blöd nur: Das Ding bleibt meistens beim Sicherungsgeber stehen, also bei Deinem Schuldner. Und weil das so ist, haben natürlich auch die Gläubiger des Schuldners ein Auge drauf. Die denken sich: „Ah, da steht ja noch was rum, das können wir pfänden!“ (§ 808 ZPO lässt grüßen). Klar, dass Du da nicht tatenlos zuschauen willst, oder?
Und jetzt die Streitfrage: Was darfst Du als Sicherungsnehmer machen, wenn andere Gläubiger auf Dein Sicherungsgut losgehen?
- Einige Stimmen in der Literatur sagen: Ganz einfach, Du hast nur den Anspruch auf bevorzugte Befriedigung nach § 805 ZPO. Mehr nicht. Für sie ist das Sicherungseigentum eigentlich nichts anderes als ein Pfandrecht ohne Besitz. Also: Stell Dich hinten in die Reihe der Pfandgläubiger, kassier nach der Versteigerung Deinen Teil und sei froh.
- Die herrschende Meinung winkt da aber ab: „Moment mal! Wenn der Sicherungsnehmer nur § 805 ZPO hätte, müsste er jede Zwangsversteigerung schlucken – und das würde das Kreditverhältnis abrupt beenden.“ Klingt wenig attraktiv, oder? Besonders dann, wenn Du als Sicherungsnehmer auf ein langfristiges, günstiges Darlehen gesetzt hast. Außerdem hättest Du null Einfluss auf die Art der Verwertung – und das ist heikel, weil eine freihändige Veräußerung meist deutlich mehr Geld bringt als eine Zwangsversteigerung. Und das stärkste Argument: Sicherungseigentum ist echtes Eigentum. Warum also so tun, als wäre es nur ein Pfandrecht? Die h. M. sagt deshalb: Der Sicherungsnehmer hat ein die Veräußerung hinderndes Recht nach § 771 ZPO. Sprich: Drittwiderspruchsklage ist möglich. Aber Achtung: Wenn die Forderung getilgt ist, ist der Spuk vorbei. Dann muss sich der Sicherungsgeber eine dolo agit-Einrede gefallen lassen (§ 242 BGB), denn er ist ja verpflichtet, die Sache zurückzugeben.
Rechtsbehelfe des Sicherungsgebers bei Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Sicherungsnehmers
Jetzt dreh’n wir den Spieß um: Was, wenn nicht die Gläubiger des Sicherungsgebers, sondern die Gläubiger des Sicherungsnehmers (also Deiner Bank) in das Sicherungsgut vollstrecken wollen?
Sicherungsgut im Besitz des Sicherungsgebers
Die Standardlage: Das Sicherungsgut steht beim Sicherungsgeber selbst. Dann sind die anderen Gläubiger des Sicherungsnehmers von Anfang an draußen – denn der Sicherungsgeber hat den Gewahrsam und kann sich auf §§ 808, 809 ZPO berufen. Falls trotzdem ein Gerichtsvollzieher die Hand ausstreckt, bleibt immer noch die Vollstreckungserinnerung nach § 766 ZPO. Schließlich verstößt die Wegnahme gegen die Regeln ordnungsgemäßer Zwangsvollstreckung.
Sicherungsgut im Besitz des Sicherungsnehmers oder freiwillige Herausgabe
Anders sieht es aus, wenn der Sicherungsnehmer selbst das Gut besitzt oder wenn der Sicherungsgeber die Sache freiwillig rausgibt (§§ 808, 809 ZPO). Dann stellt sich die Frage: Welche Karten hat der Sicherungsgeber?
- Einige sagen: Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO) nur dann, wenn ihm auch eine echte Rechtsposition zusteht – etwa bei einem Anwartschaftsrecht. Bei einer auflösend bedingten Sicherungsübereignung könnte das passen.
- Die herrschende Meinung ist großzügiger: Drittwiderspruchsklage geht immer, egal wie die Sicherungsübereignung gestrickt ist. Auch wenn der Sicherungsgeber formal kein Eigentum und kein Anwartschaftsrecht hat, bleibt er bis zur Verwertungsreife wirtschaftlich gesehen der „Herr der Sache“. Die treuhänderische Bindung des Sicherungseigentums wirkt hier quasi dinglich. Deshalb wird die Eigentümerstellung des Sicherungsnehmers in diesem Moment einfach ausgeblendet. Aber: Sobald Verwertungsreife eintritt, kippt das Ganze. Dann steht die Sache auch wirtschaftlich klar beim Sicherungsnehmer – und der Sicherungsgeber hat keine Handhabe mehr.
Umfang des Befriedigungsrechts der Gläubiger des Sicherungsnehmers
Jetzt wird’s noch feiner: Wie weit dürfen eigentlich die Gläubiger des Sicherungsnehmers (z. B. der Bank) auf das Sicherungsgut zugreifen? Das Problem kommt vor allem dann auf, wenn die Forderung der Gläubiger gegen den Sicherungsnehmer höher ist als die Forderung, die der Sicherungsnehmer selbst gegen den Sicherungsgeber hat.
- Ein Teil der Literatur: „Kein Problem, das Sicherungsgut haftet voll. Der Sicherungsgeber muss sich dann an den Sicherungsnehmer halten (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB).“
- Die Gegenmeinung: „Stop! Ein Gläubiger darf nicht besser stehen als der Sicherungsnehmer selbst.“ Und weil die treuhänderische Bindung quasi dinglich wirkt, dürfen die Gläubiger maximal bis zur Höhe der Forderung ran, die beim Sicherungsgeber überhaupt beizutreiben ist.
Sicherungsübereignung in der Insolvenz
Und wie sieht’s bei der Insolvenz aus?
Insolvenz des Sicherungsgebers
Wenn der Sicherungsgeber in die Insolvenz schlittert, wird der Sicherungsnehmer wie ein Pfandgläubiger behandelt (§§ 50, 51 Nr. 1 InsO). Heißt: Kein Aussonderungsrecht, sondern nur abgesonderte Befriedigung. Der Insolvenzverwalter darf das Sicherungsgut sogar freihändig verkaufen (§ 166 InsO).
Das klingt für den Sicherungsnehmer vielleicht nach Einbußen, aber der Gedanke ist: Der Rückfall des Sicherungsguts an den Sicherungsgeber soll verhindern, dass der Sicherungsnehmer dauerhaft Eigentümer bleibt und gleichzeitig noch eine Forderung geltend machen kann. Außerdem wird durch die Abwicklung über den Verwalter eine Zerschlagung von wirtschaftlichen Werten vermieden – also ein Schutz auch für die übrigen Gläubiger.
Insolvenz des Sicherungsnehmers
Geht hingegen der Sicherungsnehmer pleite, sieht es für den Sicherungsgeber deutlich besser aus. Er hat ein Aussonderungsrecht (§ 47 InsO). Das Sicherungsgut fällt also nicht in die Insolvenzmasse, wenn der Sicherungsgeber die Forderung erfüllt oder Erfüllung Zug um Zug gegen Herausgabe anbietet. Und das gilt, obwohl er bei Insolvenzeröffnung formal nicht mehr Eigentümer ist.
Der Gedanke dahinter: Die Treuhandbindung des Sicherungseigentums wirkt auch hier fort. Sobald die Forderung getilgt ist, fällt das Sicherungsgut automatisch zurück in das Vermögen des Sicherungsgebers. Ergebnis: Die Sicherungsübereignung wird so behandelt, als wäre sie aufschiebend bedingt durch die Forderungstilgung.
