Stell Dir vor, Du bekommst was geschenkt. Klingt erstmal simpel: Jemand drückt Dir was in die Hand, Du sagst „Danke“ und fertig. Aber – Überraschung! – auch hier hat das BGB natürlich ein Wörtchen mitzureden. Und zwar in den §§ 516 ff. BGB.

Das Grundprinzip ist schnell erklärt: Eine Schenkung ist eine unentgeltliche Zuwendung. Also: Du kriegst etwas, ohne dass Du was dafür tun oder zahlen musst. Klingt nach dem Gegenstück zum Kauf – da fließt Geld, hier eben nicht. Und so eine Zuwendung kann vieles sein: eine Sache (z. B. ein Fahrrad), ein Recht (z. B. ein Wohnrecht) oder auch der Erlass einer Forderung (stell Dir vor, jemand erlässt Dir Deine Schulden).

Allgemeines

Das Gesetz kennt zwei Varianten: die Handschenkung – das ist die schnelle Nummer ohne Formalitäten –, und das Schenkungsversprechen – das geht nur mit Notar, sonst ist’s nicht wirksam.

Handschenkung

Die typische Schenkung läuft so: Man bekommt direkt was in die Hand gedrückt. Zack, vollzogen, erledigt. Und genau das ist die Handschenkung (§ 516 BGB).

Was steckt drin? Auf der einen Seite wird der Beschenkte reicher („bereichert„). Auf der anderen Seite verliert der Schenker etwas („aus seinem Vermögen„).

Wichtig: Ein bloßer Verzicht auf einen Gewinn ist keine Schenkung (§ 517 BGB). Wenn Dir also jemand keine Miete verlangt, ist das nicht Schenkung, sondern Leihe oder Auftrag. Das Gesetz hat für solche Fälle extra eigene Regeln (§§ 598 ff. und §§ 662 ff. BGB).

Und noch ein Punkt: Beide müssen sich einig sein, dass das Ganze unentgeltlich läuft. Dass keine Gegenleistung fließt, reicht nicht – es muss wirklich gewollt sein.

Spannend ist § 516 Abs. 2 BGB: Da steht, dass eine Schenkung auch „ohne den Willen des anderen“ erfolgen kann. Klingt seltsam, oder? Aber das ist für Fälle gedacht, in denen die Zuwendung nicht direkt an den Beschenkten geht. Beispiel: V zahlt heimlich die Mietschulden seines Sohnes S direkt an Vermieter G. Hier stellt sich die Frage: Hat S überhaupt einen Vertrag mit V? Antwort: Ja, wenn er das konkludente Angebot annimmt – zum Beispiel durch ein Dankeschön. Falls er gar nichts sagt, kann V ihm sogar eine Frist setzen. Und wenn S dann nicht widerspricht, gilt die Schenkung als angenommen. Ausnahmsweise entsteht hier also ein Vertrag durchs Schweigen.

Dogmatisch tricky: Die Handschenkung besteht aus zwei Teilen – der dinglichen Zuwendung und der schuldrechtlichen Einigung über die Unentgeltlichkeit. Der Gesetzgeber hat das Ganze als Realvertrag gebaut, der erst mit der tatsächlichen Übergabe entsteht. Die herrschende Meinung sagt: Das schuldrechtliche Element begründet keine Pflicht zum Schenken, sondern liefert nur den „Rechtsgrund„, warum der Beschenkte das Geschenk behalten darf. Andere sehen das anders, aber im Ergebnis kommt’s auf dasselbe raus. Wichtig ist nur: Auch hier haben wir ein Schuldverhältnis, das sauber vom dinglichen Geschäft getrennt ist (Trennungs- und Abstraktionsprinzip lässt grüßen).

Schenkungsversprechen

Jetzt zum anderen Fall: Der Schenker will erst später leisten. Beispiel: „Zum Geburtstag bekommst Du von mir nächstes Jahr ein Auto!“ – Klingt toll, aber ohne notarielle Beurkundung ist das nix wert (§ 518 BGB). Warum der Aufwand? Ganz einfach: Schutz des Schenkers vor unüberlegten Versprechen.

Aber: Wenn die Leistung tatsächlich erbracht wird (also das Auto übergeben wird), dann heilt das den Formmangel (§ 518 Abs. 2 BGB). Klar – wer das Ding wirklich rausrückt, braucht keinen zusätzlichen Schutz mehr.

Besonders heikel: Wenn jemand gleich sein ganzes Vermögen verschenken will. Da sagt das Gesetz: Vorsicht! § 311b Abs. 3 BGB verlangt in solchen Fällen strengere Formen, damit keiner kurz vor dem Tod sein komplettes Vermögen einfach raushaut und damit das Erbrecht umgeht.

Abgesehen von ein paar Sondervorschriften gelten für Schenkungsverträge die normalen Regeln der Rechtsgeschäfte (§§ 104 ff. BGB). Bei Minderjährigen gibt’s einen Twist: Normalerweise braucht der Minderjährige keine Zustimmung, weil er nur einen rechtlichen Vorteil bekommt (§ 107 BGB). Aber Achtung: Wenn sich der Schenker einen Rücktritt vorbehält, kann das Ganze auch eine Belastung sein (z. B. Wertersatzpflicht). Dann reicht die Einwilligung der Eltern doch nicht mehr aus.

Schutz des Schenkers

Jetzt mal ehrlich: Wer schenkt, tut das freiwillig und ohne Gegenleistung. Deshalb ist er besonders schutzwürdig. Das Gesetz hat da einige Schutzmechanismen eingebaut.

Haftungsmilderungen

Großer Klassiker: § 521 BGB. Der Schenker haftet nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit. Mit anderen Worten: Wenn er es richtig dick verkackt oder absichtlich schadet. Für kleine Patzer muss er nicht geradestehen.

Beispiel: A schenkt G ein Grundstück, denkt aber fälschlicherweise, er sei Alleinerbe. Später stellt sich raus: Ein Dritter ist Erbe. G will Schadensersatz. Nach § 311a Abs. 2 BGB geht das nur, wenn A grob fahrlässig dachte, er sei Erbe. Normale Fahrlässigkeit reicht nicht. Und noch eine schöne Entscheidung: Ein Betrieb verschenkt Kartoffelpülpe an Landwirte, die das als Tierfutter nutzen. Problem: Mit Enzymen behandelt – Bullen wurden krank. Der BGH sagt: Kein Sachmangel, aber Aufklärungspflicht verletzt. Weil keine grobe Fahrlässigkeit, haftet der Schenker nicht.

Klar ist aber auch: § 521 BGB schützt nicht bei allem. Wenn der Beschenkte auf der kaputten Treppe des Schenkers stürzt, kann sich der Schenker nicht auf diese Norm berufen.

Bei Verzug muss er übrigens keine Verzugszinsen zahlen (§ 522 BGB).

Rechts- und Sachmängel (§§ 523, 524 BGB) – auch hier gilt: Der Schenker ist fein raus. Er haftet nur, wenn er den Mangel arglistig verschweigt. Kein Vergleich zum Kaufrecht, wo schon einfache Fahrlässigkeit reicht. Bei arglistigem Verschweigen schuldet er dann Schadensersatz – aber nur insoweit, wie der Beschenkte darauf vertraut hat, dass die Sache mangelfrei ist.

Bei Mangelfolgeschäden ist die Sache umstritten. Die herrschende Meinung meint aber: Auch hier bleibt die Haftung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit begrenzt.

Verbraucherverträge über digitale Produkte (§ 516a BGB): Ganz neue Baustelle – digitale Inhalte. Wenn jemand dir Software oder digitale Produkte schenkt, gelten die §§ 327 ff. BGB – nicht die Privilegien des Schenkungsrechts. Hintergrund: Auch wenn du für die App nur Deine Daten „zahlst“, gilt das nicht als Gegenleistung.

Notbedarf und Rückforderung

Stell Dir vor, der Schenker verarmt. Dann hat er zwei Möglichkeiten: § 519 BGB: Einrede des Notbedarfs – er kann die Leistung verweigern, wenn er dadurch selbst in Not gerät. § 528 BGB: Rückforderung – wenn die Schenkung schon vollzogen ist, kann er sie zurückverlangen, falls er später verarmt.

Aber Achtung: nicht ewig. Nach zehn Jahren ist Schluss (§ 529 BGB). Und wenn der Beschenkte selbst dann in Not geraten würde, muss er auch nicht herausgeben.

Widerruf wegen groben Undanks

Kommen wir zum „Drama-Kapitel“. Wenn der Beschenkte sich richtig danebenbenimmt, darf der Schenker widerrufen (§§ 530 ff. BGB). Grober Undank heißt: Eine schwere Verfehlung, die zeigt, dass der Beschenkte jede Dankbarkeit vermissen lässt. Beispiel: Gewalt gegen den Schenker oder schwere Beleidigungen.

Der Widerruf muss innerhalb eines Jahres erklärt werden (§ 532 BGB). Pflicht- und Anstandsschenkungen (z. B. Geburtstagsgeschenke) kann man aber nicht widerrufen (§ 534 BGB).

Besonders spannend: Schenkungen unter Ehegatten oder in Lebensgemeinschaften. Oft sind die gar keine „echten“ Schenkungen, weil sie im Kontext der Beziehung gesehen werden – da kommt dann § 313 BGB (Wegfall der Geschäftsgrundlage) ins Spiel. Bei Schwiegerelternschenkungen hat der BGH sogar eine Kehrtwende gemacht: Die gelten jetzt als echte Schenkungen, mit Rückforderung nach § 313 BGB, wenn die Ehe scheitert.

Schenkung unter Auflage

Hier wird’s wieder technischer: Man kann Schenkungen mit einer Auflage verbinden (§§ 525 ff. BGB). Beispiel: „Du kriegst meinen Hof, aber Du musst mich pflegen und mir ein Wohnrecht einräumen.“ Wichtig: Die Auflage ist keine Gegenleistung, sonst wär’s keine Schenkung mehr. Sie soll aus dem Geschenk selbst erbracht werden.

Erfüllt der Beschenkte die Auflage nicht, kann der Schenker das Geschenk zurückfordern (§ 527 BGB).

Gemischte Schenkung

Und zum Schluss noch die Mischform: die gemischte Schenkung. Beispiel: Ein Haus im Wert von 500.000 Euro wird für 300.000 Euro an den Sohn verkauft. Klar, 200.000 Euro sind Schenkung.

Die Juristen streiten hier, ob man das Geschäft in zwei Teile trennt (Trennungstheorie) oder ob man es einheitlich betrachtet (Einheitstheorie). Die herrschende Meinung nimmt’s praktisch: Man schaut, welche Norm in welchem Bereich sinnvoll ist.