Der Werkvertrag ist sozusagen der große Bruder vom Dienstvertrag – beide gehören zur Familie der Tätigkeitsverträge. Aber: Während beim Dienstvertrag nur die Tätigkeit an sich geschuldet ist (denk an den Arztbesuch – der schuldet nicht die Heilung, sondern die Behandlung), verlangt der Werkvertrag einen konkreten Erfolg. Juristisch schön nachzulesen in § 631 Abs. 2 BGB: „Herstellung des versprochenen Werkes“.
Klar, dafür muss der Besteller natürlich auch die Vergütung zahlen (§ 631 Abs. 1 BGB). Wir haben es also mit einem waschechten gegenseitigen Vertrag im Sinne der §§ 320 ff. BGB zu tun.
Achtung: Der Werkunternehmer hier ist nicht automatisch der „Unternehmer“ aus § 14 BGB. Dieser Unternehmerbegriff hängt mit dem Verbraucherrecht (§ 13 BGB) zusammen. Hier geht’s einfach nur um denjenigen, der das Werk herstellt – egal ob Schreiner, Anwalt oder Künstler.
Beispiele gefällig? Bau eines Hauses, Reparatur eines Autos, Schreiben eines Rechtsgutachtens, Transportfahrten, Haarschnitt – alles Werkverträge.
Vertragsabschluss und Inhalt
Wie immer: Angebot und Annahme nach den §§ 145 ff. BGB. Easy.
Besonderheit: Auch wenn über das Honorar gar nichts Konkretes vereinbart wurde, platzt der Vertrag nicht. § 632 BGB springt nämlich ein und sagt: Es gilt die „übliche Vergütung„.
Formvorschriften gibt’s normalerweise nicht. Ausnahme: Sobald ein Grundstück ins Spiel kommt (Stichwort Bau- oder Bauträgervertrag), dann verlangt § 311b Abs. 1 BGB die notarielle Beurkundung. Bei Verbraucherbauverträgen reicht dagegen die Textform (§ 650i BGB).
Schwarzarbeit und „Ohne-Rechnung“-Abreden
Das Thema ist ein Dauerbrenner in Klausuren: Vereinbaren die Parteien Schwarzarbeit („Ohne-Rechnung“), dann knallt es richtig. Warum? Weil das gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG) verstößt. Und der BGH sagt seit einiger Zeit ziemlich klar: Der ganze Vertrag ist nach § 134 BGB nichtig, wenn beide Parteien Bescheid wissen und bewusst tricksen.
Folgen: Der Unternehmer kann keinen Werklohn verlangen. Er hat auch keine Ersatzansprüche (weder GoA noch Bereicherungsrecht – § 817 S. 2 BGB killt alles). Hat der Besteller schon gezahlt, bekommt er das Geld ebenfalls nicht zurück.
Merke: Schwarzarbeit ist rechtlich eine Einbahnstraße – beide verlieren.
Verbraucherschutz bei Bauverträgen
Gerade im Bauwesen will das Gesetz den Verbraucher nicht alleine lassen. Deswegen: Baubeschreibung (§ 650j BGB i. V. m. Art. 249 EGBGB) – damit Du überhaupt weißt, was Du bekommst. Widerrufsrecht (§ 650l BGB) – 14 Tage, es sei denn, der Vertrag wurde notariell beurkundet. Wichtig: Diese Schutzregeln sind zwingend (§ 650o BGB). Der Unternehmer kann sich da nicht rausmogeln.
Anordnungsrecht des Bestellers
Bau läuft, aber der Besteller will plötzlich was anderes? Kein Problem, § 650b BGB regelt das: Änderung des Erfolgs (Nr. 1) – „Ich will doch eine Dachterrasse!“. Änderung, die nötig ist, um den vereinbarten Erfolg zu erreichen (Nr. 2) – „Damit die Statik stimmt, muss hier noch eine Stütze hin.“
Kommt keine Einigung zustande, kann der Besteller die Änderung sogar einseitig in Textform anordnen (§ 650b Abs. 2 BGB). Der Unternehmer muss sich das gefallen lassen, außer es ist unzumutbar.
Pflichten des Unternehmers
Zunächst schauen wir uns die Pflichten des Unternehmers an.
Hauptpflichten
Ganz klar: Herstellung des Werkes (§ 631 Abs. 1 BGB). Ob er selbst Hand anlegt oder Subunternehmer einspannt, ist egal – er haftet aber für deren Fehler (§ 278 BGB).
Außerdem muss das Werk mangelfrei sein (§ 633 BGB). Ist es das in erheblichem Maße nicht, darf der Besteller die Abnahme verweigern (§ 640 Abs. 1 BGB).
Nebenpflichten
Klar. Treu und Glauben (§ 242 BGB) – also Obhutspflichten, Warnpflichten, Schutzpflichten. Beispiel: Die Werkstatt muss Dein Auto ordentlich verwahren und darf es nicht mit offener Tür im Regen stehen lassen.
Folgen einer Pflichtverletzung
Werk kommt gar nicht oder zu spät – §§ 280 ff., 323 BGB. Werk ist mangelhaft – § 634 BGB mit dem ganzen Gewährleistungsprogramm (Nacherfüllung, Selbstvornahme, Minderung, Rücktritt, Schadensersatz).
Vor Abnahme gelten die allgemeinen Leistungsstörungsrechte.
Ein Klassiker: Die Abnahme. Erst mit Abnahme wird die Vergütung fällig (§ 641 Abs. 1 BGB). Ohne Abnahme kein Geld – aber auch kein Gefahrübergang. Ausnahme: Besteller kann nicht mehr (Nach-)Erfüllung verlangen und das Vertragsverhältnis ist in ein Abrechnungsverhältnis übergegangen (wenn der Besteller nach §§ 280, 281 BGB Schadensersatz statt der Leistung verlangt oder die Minderung des Werklohns erklärt hat).
Pflichten des Bestellers
Nun zu den Pflichten des Bestellers.
Vergütungspflicht
Logisch: Der Besteller zahlt. Höhe? Entweder vereinbart oder „üblich“ (§ 632 BGB).
Kostenvoranschläge sind im Zweifel nicht zu bezahlen (§ 632 Abs. 3 BGB).
Fälligkeit: Erst bei Abnahme (§ 641 Abs. 1 BGB). Ausnahme: Abschlagszahlungen (§ 632a BGB). Der Unternehmer darf also schon während der Bauphase Teilbeträge verlangen, damit er nicht finanziell in die Knie geht. Aber: Bei Verbraucherbauverträgen gibt’s Schutzgrenzen (max. 90 % als Abschläge, Rest bei Abnahme).
Abnahmepflicht
Die Abnahme ist das Herzstück des Werkvertragsrechts: Ohne sie keine Fälligkeit der Vergütung. Mit ihr geht die Gefahr über (§ 644 Abs. 1 BGB). Sie markiert den Start der Verjährungsfristen (§ 634a Abs. 2 BGB).
Wer trotz bekannter Mängel abnimmt, verliert seine Rechte (§ 640 Abs. 3 BGB).
Die Abnahme kann auch fingiert werden (§ 640 Abs. 2 BGB). Dann gilt das Werk als abgenommen, wenn der Besteller nicht innerhalb der gesetzten Frist konkrete Mängel benennt.
Mitwirkungsobliegenheit
Der Besteller muss helfen, wenn das Werk nur mit seiner Mitwirkung fertig wird (§ 642 BGB). Beispiele: Maßanzug – Anprobe. Malerarbeiten – Farben auswählen. Bauvertrag – Grundstück zugänglich machen.
Unterlässt er das, gerät er in Annahmeverzug, und der Unternehmer bekommt Entschädigung (§ 642 Abs. 1 BGB).
Gefahrtragung
Die Leistungsgefahr beim Werkvertrag richtet sich nach § 275 BGB. Konkret heißt das: Der Besteller kann den Unternehmer nicht mehr auf Herstellung des Werkes verklagen, wenn die Leistung unmöglich geworden ist (§ 275 Abs. 1 BGB). Aber Achtung: Der Unternehmer schuldet einen Erfolg. Das heißt, er trägt das Risiko, dass das Werk gelingt. Geht also etwas vor der Abnahme kaputt, muss er in der Regel neu herstellen.
Beispiel: In der Stadt M soll neben der mittelalterlichen Kirche ein modernes Gemeindezentrum gebaut werden. Den Bau übernimmt U, die Kirche restauriert R. Dann passiert ein Erdbeben: Das Gemeindezentrum stürzt ein, ebenso die Kirche. U kann das Gemeindezentrum neu bauen – keine Unmöglichkeit. R kann das Deckengemälde nicht mehr restaurieren – Leistung unmöglich.
Manchmal kann der Unternehmer ein Leistungsverweigerungsrecht wegen praktischer Unmöglichkeit nach § 275 Abs. 2 BGB haben. Wegen der Erfolgsbezogenheit der Leistungspflicht sind hier aber hohe Anforderungen zu stellen. Trifft den Unternehmer eine persönliche Leistungspflicht, kann § 275 Abs. 3 BGB relevant werden. Typisches Beispiel: Eine Sängerin, die wegen einer schweren Erkrankung ihres Kindes nicht auftreten kann.
Bei der Gegenleistung (also dem Werklohn) greifen zunächst die Regeln des § 326 BGB: Wenn die Leistungspflicht des Unternehmers nach § 275 Abs. 1 bis Abs. 3 BGB entfällt, verliert er den Anspruch auf Zahlung (§ 326 Abs. 1 S. 1 BGB). Der Besteller trägt aber die Preisgefahr (Gegenleistungsgefahr), wenn er die Unmöglichkeit ganz oder überwiegend verursacht hat (§ 326 Abs. 2 S. 1 Alt. 1 BGB). Die allgemeinen Regeln werden durch die werksvertragsspezifischen Vorschriften (§§ 644-646 BGB) ergänzt.
Bis zur Abnahme trägt der Unternehmer sowohl die Leistungs– als auch die Vergütungsgefahr. Er muss also neu herstellen, bekommt aber noch keinen Werklohn.
Mit der Abnahme geht die Gefahr des zufälligen Untergangs auf den Besteller über (§ 644 Abs. 1 S. 1 BGB). Der Werklohn ist dann fällig – auch wenn das Werk danach zufällig zerstört wird.
Gerät der Besteller in Annahmeverzug (§§ 293 ff. BGB), geht die Preisgefahr schon vor der Abnahme auf ihn über (§ 644 Abs. 1 S. 2 BGB).
Unterliegt das Werk der Versendung, greift § 644 Abs. 2 BGB, also § 447 BGB: Mit der Übergabe an die Transportperson trägt der Besteller die Gegenleistungsgefahr.
Kommt der Untergang, die Verschlechterung oder Unausführbarkeit des Werkes durch einen Fehler des Bestellers zustande – z. B. durch einen von ihm gelieferten Stoff oder eine Weisung – kann der Unternehmer Teilvergütung und Auslagenersatz verlangen. Frühere Theorie: Manche sahen § 645 Abs. 1 BGB als allgemeine Risikoübernahme des Bestellers (Sphärentheorie). Heute: Nur enge Anwendung, sonst wird die differenzierte Regelung der §§ 644, 645 BGB unterlaufen. Relevant ist besonders, wenn der Untergang frei verantwortet durch den Besteller herbeigeführt wurde.
Beispiel: B beauftragt U mit dem Bau einer Scheune. B lagert während der Bauzeit Heu ein, das sich entzündet und die Scheune zerstört. Kein Bezug auf von B gelieferte Stoffe oder Weisungen – § 645 Abs. 1 BGB wörtlich nicht anwendbar. B hat das Werk jedoch durch freiverantwortliche Handlung einer gesteigerten Gefahr ausgesetzt – BGH wendet § 645 Abs. 1 BGB analog an. Ergebnis: U kann Vergütung seiner bereits geleisteten Arbeit verlangen.
Sicherung des Unternehmers
Weil der Unternehmer vorleisten muss, darf er sich absichern: Pfandrecht an der bearbeiteten Sache (§ 647 BGB). Wie beim Mietvertrag ist auch hier der gutgläubige Erwerb nach herrschender Meinung nicht möglich, da § 1257 BGB nur auf ein „kraft Gesetz entstandenes“ Pfandrecht abstellt, während das Unternehmerpfandrecht durch den gutgläubigen Erwerb ja erst zur Entstehung gelangen soll.
Bei Bauleistungen Sicherungshypothek oder Sicherheitsleistung (§§ 650e, 650f BGB).
Gewährleistung für Sach- und Rechtsmängel
Stell Dir vor, Du lässt Dir ein Werk anfertigen – das kann vom reparierten Auspuff bis zum maßgeschneiderten Tattoo alles Mögliche sein. Jetzt die entscheidende Frage: Was passiert, wenn das fertige Werk einen Fehler hat? Dafür hält das BGB die §§ 634-638 parat. Sie regeln die Mängelrechte im Werkvertragsrecht. Im Kern ist das Ganze wie beim Kaufrecht gestrickt, nur mit ein paar Abweichungen im Detail.
Mangelbegriff des § 633 BGB
Der Unternehmer schuldet Dir ein Werk frei von Sach- und Rechtsmängeln (§ 633 Abs. 1 BGB). Sachmängel sind in § 633 Abs. 2 BGB definiert – und zwar ähnlich wie früher im alten Kaufrecht (§ 434 BGB a. F.). Wichtig: Im Werkvertragsrecht zählt in erster Linie, was die Parteien konkret vereinbart haben. Erst wenn dazu nichts geregelt wurde, schaut man auf die objektiven Kriterien wie „gewöhnliche Verwendung“ oder „übliche Beschaffenheit“. Anders als im aktuellen Kaufrecht gilt also noch der subjektive Mangelbegriff.
Beschaffenheitsabweichung
Hat das Werk nicht die vereinbarte Beschaffenheit (§ 633 Abs. 2 S. 1 BGB), liegt ein Mangel vor. Was genau unter „vereinbarter Beschaffenheit“ läuft? Alles, was die Parteien als Eigenschaften des Werkes absprechen, die den vertraglich geschuldeten Erfolg herbeiführen sollen.
Fehlt eine solche Vereinbarung, prüft man weiter: § 633 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 BGB: Eignet sich das Werk für die vorausgesetzte Verwendung? § 633 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 BGB: Wenn keine besondere Verwendung im Raum steht: Taugt das Werk für die gewöhnliche Nutzung und entspricht es dem, was man normalerweise erwarten darf?
Ein wichtiger Punkt: Am Ende entscheidet immer der Parteiwille. Der Unternehmer kann sich nicht einfach damit rausreden, er habe doch nach den Regeln der Technik gearbeitet, wenn das Werk schlicht nicht so funktioniert, wie vereinbart.
Beispiel: Du bringst Dein Auto zu einer Billigwerkstatt, damit der Auspuff erneuert wird. Der Meister legt Dir Werbeprospekte vor, in denen der Teilehersteller mit Top-Qualität wirbt. Übernimmt der Werkstattmeister diese Aussagen, dann gelten sie als Beschaffenheitsvereinbarung. Hat das Ersatzteil also Macken, muss die Werkstatt gerade stehen.
Falsch- und Minderleistung
Neben der klassischen Beschaffenheitsabweichung kennt § 633 Abs. 2 S. 3 BGB auch die Falsch- und Minderleistung. Aliud: Der Unternehmer liefert ein völlig anderes Werk. In der Praxis beim Werkvertrag eher selten, eher beim Kauf typisch. Minderleistung: Das Werk wird in zu kleiner Menge hergestellt.
Beispiel: Du gibst dem Schuster Deine Schuhe und sagst: „Bitte mit Ledersohle neu besohlen.“ Er greift aber aus Versehen zu Gummi. Ganz egal, ob man nun auf § 633 Abs. 2 S. 1 oder § 633 Abs. 2 S. 3 BGB schaut – es liegt ein Mangel vor, und Du kannst die Rechte aus § 634 BGB ziehen.
Rechtsmangel
Neben Sachmängeln gibt’s auch Rechtsmängel (§ 633 Abs. 3 BGB). Heißt: Das Werk muss so beschaffen sein, dass keine fremden Rechte daran kleben, die Dir Ärger machen könnten – zum Beispiel Urheberrechte, Patente oder Markenrechte.
Beispiel: Eine Werbeagentur produziert für Dich Spots, legt aber Musik drunter, für die sie keine Rechte hat. Der Komponist klopft bei Dir an und will 40.000 Euro Lizenzgebühren. Dieses Geld kannst Du Dir bei der Agentur wiederholen – klassischer Rechtsmangel.
Maßgeblicher Zeitpunkt
Entscheidend ist der Moment der Abnahme (§§ 644, 646 BGB). Vorher läuft noch der normale Erfüllungsanspruch, nachher schlagen die Gewährleistungsrechte zu. Ohne Abnahme geht’s nur in Ausnahmefällen.
Rechte des Bestellers nach § 634 BGB
Hast Du ein mangelhaftes Werk auf dem Tisch, öffnen sich für Dich die gleichen Türen wie beim Kaufrecht (§ 437 BGB): Nacherfüllung, Selbstvornahme mit Aufwendungsersatz, Rücktritt oder Minderung, Schadensersatz.
Besonderheit: Nur im Werkvertragsrecht hast Du ein Recht auf Selbstvornahme (§ 637 BGB).
Nacherfüllung
Erste Station: Der Unternehmer darf nachbessern oder neu herstellen (§ 635 BGB). Im Unterschied zum Kaufrecht entscheidet er selbst, welche Variante er wählt. Klar, er kennt sein Werk am besten. Die Kosten trägt er.
Unmöglich wird’s nur in Extremfällen – Beispiel: Reparatur eines Flugzeugmotors misslingt, der Flieger stürzt ab und ist Schrott. Dann geht Nacherfüllung logischerweise nicht mehr.
Der Unternehmer kann die Nacherfüllung auch bei unverhältnismäßigen Kosten verweigern (§ 635 Abs. 3 BGB).
Selbstvornahme und Aufwendungsersatz
Klappen Nachbesserungen nicht, darfst Du selbst ran oder jemand Drittes beauftragen und Dir die Kosten vom Unternehmer zurückholen (§ 637 BGB). Aber: Das gilt nur, wenn der Nacherfüllungsanspruch nicht ausgeschlossen ist. Hat der Unternehmer zum Beispiel aus gutem Grund die Nacherfüllung verweigert, gibt’s auch keine Selbstvornahme.
Erforderlich ist der erfolglose Ablauf einer angemessenen Frist zur Nacherfüllung. Allerdings kann diese auch entbehrlich sein (§ 637 Abs. 1 S. 1 BGB), etwa wenn die Nacherfüllung unzumutbar ist.
Rücktritt
Rücktritt (§ 634 Nr. 3 BGB) funktioniert wie im Kaufrecht: Frist setzen, Ausnahmefälle beachten, und dann Vertragsrückabwicklung nach §§ 346 ff. BGB.
Minderung
Alternativ kannst Du die Vergütung mindern (§ 638 BGB). Anders als beim Rücktritt spielt es hier keine Rolle, ob der Mangel erheblich ist.
Schadensersatz
Auch hier wieder viele Parallelen zum Kaufrecht (§ 634 Nr. 4 BGB): Einfacher Schadensersatz (§ 280 Abs. 1 BGB), z. B. Mangelfolgeschäden. Verzögerungsschaden (§§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB). Schadensersatz statt der Leistung (§§ 280, 281, 283, 311a BGB), je nachdem, ob der Mangel behebbar ist oder nicht (dementsprechend ist dann auch eine Fristsetzung entbehrlich).
Beispiel: Ein Installateur baut bei einem Juwelier eine Alarmanlage ein, aber falsch. Einbrecher räumen den Laden leer. Folge: Schadensersatz neben der Leistung – der Unternehmer muss zahlen.
Lange Zeit konntest Du Dir auch dann die (fiktiven) Reparaturkosten erstatten lassen, wenn Du den Mangel gar nicht behoben hast. Der BGH hat das im Werkvertragsrecht inzwischen gekippt: Keine Überkompensation! Stattdessen wird der Minderwert geschätzt. Im Kaufrecht wird das noch diskutiert, die Fronten sind aber gespalten.
Und natürlich gilt: Wenn zusätzlich die Voraussetzungen einer deliktischen Haftung vorliegen (z. B. § 823 Abs. 1 BGB), kannst Du auch deliktisch vorgehen. Praktisch wichtig bei Folgeschäden an anderen Sachen – Stichwort „weiterfressende Mängel“.
Ausschluss der Mängelrechte
Mängelrechte können vertraglich oder gesetzlich ausgeschlossen werden. Grundsätzlich ist das für einzelne Verträge unproblematisch. Der Unternehmer kann sich aber nicht auf den Ausschluss berufen, wenn er den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Beschaffenheitsgarantie übernommen hat (§ 639 BGB). Klauseln in AGB unterliegen zusätzlich der Kontrolle nach §§ 307 ff. BGB, wobei § 309 Nr. 8b BGB besonders relevant ist.
Nimmt der Besteller das Werk trotz Kenntnis des Mangels ab, bleiben die Rechte nach § 634 Nr. 1-3 BGB nur bestehen, wenn er sich diese bei der Abnahme vorbehalten hat (§ 640 Abs. 3 BGB). Positive Kenntnis ist entscheidend; grob fahrlässige Unkenntnis schadet nicht. Schadensersatzansprüche (§ 634 Nr. 4 BGB) bleiben auch bei Abnahme in Kenntnis des Mangels bestehen.
Verjährung
Die Verjährung regelt § 634a BGB. Werkvertraglich gilt: Arbeiten an Sachen/Bauwerken: Mängelansprüche verjähren 2 Jahre, Bauwerke und zugehörige Planungs- oder Überwachungsleistungen 5 Jahre (§ 634a Abs. 1 Nr. 1-2 BGB).
Beginn: Abnahme des Werkes (§ 634a Abs. 2 BGB). Arglist: Wird der Mangel arglistig verschwiegen, beginnt die Verjährung nach § 634a Abs. 3 BGB erst mit Schluss des Jahres der Kenntnisnahme, maximal 10 bzw. 30 Jahre (§ 199 BGB).
Sonstige Werke (z. B. Gutachten, Beratungen, Tätowierungen): regelmäßige Verjährung von 3 Jahren (§ 634a Abs. 1 Nr. 3 i. V. m. §§ 195, 199 BGB).
Rücktritt und Minderung sind keine Ansprüche, sondern Gestaltungsrechte, die nicht verjähren. Sie werden durch §§ 634a Abs. 4, Abs. 5 BGB in Verbindung mit § 218 BGB geregelt.
Der Anspruch auf Nacherfüllung verjährt jedoch und dadurch werden dann auch Rücktritt und Minderung zwar unwirksam. Trotz Unwirksamkeit des Rücktritts kann der Besteller jedoch die Zahlung verweigern, wenn er aufgrund des Rücktritts dazu berechtigt wäre (§ 634a Abs. 4 S. 2 BGB). Im Gegenzug kann der Unternehmer nach § 634a Abs. 4 S. 3 BGB vom Vertrag zurücktreten und das Werk herausverlangen.
Vertragliche Verlängerungen der Verjährung sind grundsätzlich möglich (§ 202 Abs. 2 BGB). AGB können die Fristen nicht unangemessen verkürzen (§ 309 Nr. 8 lit. b BGB).
Gesamtschuldnerische Haftung bei Bauvorhaben
Bauunternehmer und Architekt/Ingenieur haften für denselben Mangel gesamtschuldnerisch (§§ 421, 634 BGB). Der Besteller kann die Leistung von beiden verlangen. Praxis: Häufig wird zuerst der Architekt/Ingenieur in Anspruch genommen, weil er haftpflichtversichert ist.
§ 650t BGB schützt Architekten/Ingenieure: Sie können die Leistung verweigern, bis der Bauunternehmer erfolglos eine Frist zur Nacherfüllung erhalten hat. So wird eine vorschnelle Inanspruchnahme vermieden, Nacherfüllung bleibt Vorrang und der Regress des Bauunternehmers gegen Architekt/Ingenieur nach § 426 BGB möglich.
Beendigung des Werkvertrags
So, irgendwann ist auch der schönste Werkvertrag mal zu Ende – sei es, weil beide Seiten glücklich alles erledigt haben, oder weil es schiefgeht. Im Grundsatz gelten die allgemeinen BGB-Regeln: Der Vertrag erlischt durch Erfüllung (§ 362 BGB) oder weil die Sache schlicht unmöglich wird (§ 275 BGB). Die Parteien können sich auch jederzeit einvernehmlich auf einen Aufhebungsvertrag einigen. Und das Gesetz packt noch ein paar besondere Kündigungsrechte obendrauf, die eine vorzeitige Beendigung erlauben.
Kündigung durch den Besteller
Der Besteller hat’s ziemlich bequem: Nach § 648 S. 1 BGB darf er den Werkvertrag jederzeit kündigen, solange das Werk noch nicht vollendet ist. Einen Grund muss er nicht mal nennen – freie Kündigung deluxe!
Aber Achtung: Ganz ohne Folgen bleibt das nicht. Denn nach § 648 S. 2 BGB schuldet der Besteller trotzdem die volle Vergütung. Klingt heftig? Keine Sorge, der Unternehmer muss sich ersparte Aufwendungen und sonstige Vorteile anrechnen lassen – wie wir es aus anderen Vorschriften kennen (z. B. §§ 326 Abs. 2 S. 2, 615 S. 2, 642 Abs. 2, 650f Abs. 5 S. 2 BGB). Den Nachweis, wie viel tatsächlich noch zusteht, muss allerdings der Unternehmer führen. Damit er nicht völlig im Regen steht, hat der Gesetzgeber ihm durch § 648 S. 3 BGB eine Vermutungsregel spendiert: 5 % der Vergütung für den noch nicht erbrachten Teil werden ihm zugesprochen – und zwar ohne Umsatzsteuer.
Spannend wird’s, wenn ein Kostenvoranschlag zugrunde liegt: Stellt sich heraus, dass das Werk nur mit erheblicher Kostenüberschreitung fertiggestellt werden kann, darf der Besteller nach § 649 Abs. 1 BGB kündigen. Allerdings nur, wenn der Unternehmer keine Gewähr für den Kostenvoranschlag übernommen hat. Hat er das getan, ist Kündigung ausgeschlossen – dann muss er zum vereinbarten Preis liefern. Wird nach § 649 Abs. 1 BGB gekündigt, bekommt der Unternehmer lediglich das, was er schon geleistet hat (§ 645 Abs. 1 BGB). Für den Besteller ist das deutlich günstiger als die Kündigung nach § 648 BGB.
Kündigung durch den Unternehmer
Und wie sieht’s mit dem Unternehmer aus? Ein freies Kündigungsrecht wie der Besteller hat er nicht. Aber er kann nach § 643 BGB reagieren, wenn der Besteller seine Mitwirkungspflichten (vgl. § 642 BGB) verletzt. Dann setzt der Unternehmer eine angemessene Frist und kündigt für den Fall der Nichterfüllung. Holt der Besteller die Handlung nicht nach, ist der Vertrag automatisch aufgehoben (§ 643 S. 2 BGB). Dafür steht dem Unternehmer ein Teilvergütungsanspruch nach § 645 Abs. 1 S. 1, 2 BGB zu.
Kündigung aus wichtigem Grund
Manchmal geht gar nichts mehr – dann brauchen beide Seiten ein Kündigungsrecht aus wichtigem Grund. Früher gab’s hier viel Streit, weil Werkverträge keine Dauerschuldverhältnisse sind und § 314 BGB deshalb nicht direkt passt. Lösung: Der neue § 648a BGB.
Wichtig ist ein Grund, der es einer Partei unzumutbar macht, den Vertrag fortzusetzen. Also: Interessenabwägung, Blick auf den Einzelfall, und dann entscheiden. Dazu lässt § 648a Abs. 2 BGB sogar Teilkündigungen zu, wenn das Werk in abgrenzbare Teile zerfällt. Praktisch, wenn etwa nur ein Bauabschnitt betroffen ist.
Bei Pflichtverletzungen verlangt das Gesetz (wie bei § 314 Abs. 2 BGB) eine Fristsetzung oder Abmahnung, außer das ist im Einzelfall entbehrlich. Konsequenz: Der Vertrag endet ex nunc, also für die Zukunft. Der Unternehmer kann nur die bis dahin erbrachten Leistungen abrechnen (§ 648a Abs. 5 BGB). Plus: Schadensersatz ist drin (§ 648a Abs. 6 BGB).
Und ganz wichtig: Für Bauträgerverträge gilt § 648a BGB nicht (§ 650u Abs. 2 BGB). Da bleibt nur der Rücktritt nach den allgemeinen Regeln (§§ 323, 324, 326 Abs. 5 BGB usw.).
Sonderformen
Werklieferungsvertrag
Hier wird’s tricky: Wo fängt Werkvertrag an, wo hört Kaufvertrag auf? Bei Werklieferungsverträgen (z. B. Maßanzug, Möbel, Auto) ist klar geregelt: § 650 Abs. 1 BGB verweist auf Kaufrecht. Der Unternehmer muss die hergestellte Sache übereignen – egal, ob sie schon fertig oder erst noch produziert wird.
Handelt es sich um nicht vertretbare Sachen (individuelle Stücke, Maßanzüge, Kunstwerke), kommen ergänzend Vorschriften aus dem Werkvertragsrecht dazu. Grund: Ohne Mitwirkung des Bestellers läuft hier oft gar nichts (§§ 642, 643 BGB). Außerdem passt die Risikoverteilung aus § 645 BGB besser.
Abgrenzungsfragen gibt’s massig: Tritt der Unternehmer nur als Zwischenhändler auf, ohne dass der Kunde von der Herstellungspflicht weiß? Dann Kaufvertrag.
Baut er selbst oder lässt bauen? Dann wird’s eher Werkvertrag. Wird lediglich etwas repariert oder angepasst? Klarer Fall: Werkvertrag.
Beispiel: B bringt Stoff zum Schneider U. U fertigt daraus einen Maßanzug – dann gilt Kaufrecht. Lässt B nur den Anzug ändern, ist es ein Werkvertrag.
Auch gegenüber Montageverträgen (z. B. Photovoltaikanlage, Fertighaus) muss sauber abgegrenzt werden: Überwiegt die Lieferung oder die Herstellung/Montage? Der BGH sagt: Photovoltaikanlage = Werkvertrag, weil die handwerkliche Leistung überwiegt. Gleiches beim Fertighaus.
Verbraucherverträge über digitale Produkte
Der Gesetzgeber hat bei Umsetzung der Digitale-Inhalte-Richtlinie die §§ 650 Abs. 2 bis Abs. 4 BGB eingeführt. Hintergrund: Verträge über digitale Produkte (Software, Apps, Streaming-Tools etc.) sind oft Werkverträge – aber gleichzeitig gelten auch die §§ 327 ff. BGB.
Deshalb: § 650 Abs. 2 BGB – Betrifft Herstellung digitaler Inhalte oder Dienstleistungen mit Erfolg. Statt Mängelrechten aus Werkvertragsrecht gilt das neue Digitale-Vertragsrecht. Abnahme ersetzt durch Bereitstellung (§ 327b BGB). § 650 Abs. 3 BGB – regelt körperliche Datenträger, die nur Träger digitaler Inhalte sind. Auch hier Vorrang der §§ 327 ff. § 650 Abs. 4 BGB – bei gemischten Verträgen (z. B. Smart-Geräte mit Software) gilt Kauf- oder Werkvertragsrecht für die Sache, digitales Recht nur für die Software.
Bauvertragsrecht
Weil das Werkvertragsrecht so allgemein ist, brauchte man für Bauverträge eigene Regeln. Deshalb hat der Gesetzgeber 2017 das Bauvertragsrecht reformiert. Seit 2018 sind die §§ 650a-650h BGB (Bauvertrag) und §§ 650i-650n BGB (Verbraucherbauvertrag) in Kraft. Dazu noch Sonderregeln für Architekten, Ingenieure und Bauträger.
Bauvertrag und Verbraucherbauvertrag
Bauvertrag (§ 650a BGB): Herstellung, Wiederherstellung, Umbau oder Beseitigung eines Bauwerks. Auch Instandhaltung, wenn’s wesentlich für Bestand oder Gebrauch ist.
Verbraucherbauvertrag (§ 650i BGB): Wenn ein Verbraucher ein neues Gebäude bauen lässt oder größere Umbauten beauftragt. Hier wird der Verbraucherschutz besonders betont – Abweichungen zu Lasten des Verbrauchers sind unzulässig (§ 650o BGB).
Architekten- und Ingenieurvertrag
Hier verpflichtet sich der Unternehmer, die nötigen Leistungen zu erbringen, um die Planungs- und Überwachungsziele zu erreichen (§ 650p BGB). Wenn die Ziele noch nicht fix sind, muss er eine Planungsgrundlage mit Kosteneinschätzung erstellen (§ 650p Abs. 2 BGB). Die Vergütung richtet sich nach Werkvertragsrecht (§ 650q Abs. 1 BGB) und nach der HOAI – wobei die neuen Regeln nur noch Orientierungswerte vorsehen (EuGH-Urteil zu Mindest- und Höchstsätzen).
Bauträgervertrag
Der Bauträgervertrag (§ 650u BGB) kombiniert Werk- und Kaufvertrag: Bau oder Umbau plus Übereignung eines Grundstücks oder Erbbaurechts. Folge: Notarielle Beurkundung nach § 311b BGB ist Pflicht. Schutz gibt’s zusätzlich durch die Makler- und Bauträgerverordnung (MaBV).
