Zivilrechtliche Notstände – Was ist das überhaupt? Es klingt ein bisschen kompliziert, aber eigentlich ist es ganz einfach: In bestimmten Situationen dürfen wir eingreifen, auch wenn das eigentlich eine Verletzung von Rechten anderer wäre. Es gibt zwei Arten von Notständen im Zivilrecht, die eng mit dem Strafrecht verknüpft sind, und zwar der aggressive und der defensive Notstand. Die Regeln für beide findest Du in den §§ 904 und 228 des BGB.
Aggressivnotstand
Fangen wir mit dem aggressiven Notstand an, der in § 904 BGB geregelt ist. Wenn wir uns den genauer anschauen, wird schnell klar, dass er sehr ähnlich funktioniert wie der Notstand im Strafrecht, den Du schon aus dem § 34 StGB kennst. Der Unterschied? Der aggressive Notstand geht noch einen Schritt weiter. Hier greifen wir aktiv in das Eigentum von anderen ein, um uns selbst oder andere vor einer Gefahr zu schützen. Das bedeutet, dass wir Dinge beschädigen oder zerstören, die uns gefährlich werden könnten.
Du kannst Dir das so vorstellen: Du bist draußen im Schnee und plötzlich gerätst Du in einen fiesen Schneesturm. Du findest eine Hütte, brichst ein und holst Dir etwas Holz, um das Feuer zu entfachen und Dich vor dem Erfrieren zu retten. Das ist ein klassisches Beispiel für einen aggressiven Notstand nach § 904 BGB. Der Trick dabei ist, dass Du durch den Notstand zwar etwas beschädigen oder zerstören darfst – das aber nur, wenn die Gefahr wirklich real und unmittelbar ist.
Was sind also die Elemente, die diesen Notstand rechtfertigen? Zuerst die Notstandslage, das heißt, Du musst Dich in einer gegenwärtigen Gefahr befinden. Dann kommt die Notstandshandlung, das heißt, Du musst eine fremde Sache beschädigen oder zerstören, um die Gefahr abzuwehren. Aber keine Sorge, das geht nicht einfach so. Die Handlung muss notwendig, also erforderlich sein. Schließlich musst Du noch eine Interessenabwägung durchführen – es muss klar sein, dass das, was Du zerstörst, im Vergleich zu der Gefahr, die Du abwendest, keinen unvertretbaren Schaden anrichtet. Zu guter Letzt muss Dein Verhalten auch noch subjektiv gerechtfertigt sein – Du musst also die Absicht haben, Dich oder andere zu verteidigen.
Defensivnotstand
Dann gibt es noch den defensiven Notstand, geregelt in § 228 BGB. Hierbei geht es darum, sich selbst oder andere gegen eine Gefahr zu verteidigen, die von Sachen ausgeht. Das klingt erstmal nach einem ziemlich speziellen Fall, aber es ist eigentlich einfacher als Du denkst.
Denk einfach an einen Fall, bei dem Du von einem wild gewordenen Hund angegriffen wirst oder Dich vor einem umstürzenden Gebäude schützen musst. Oder vielleicht, wenn ein Auto ohne Fahrer auf Dich zurollt und Du es stoppen musst, um Dich zu retten.
Die rechtlichen Prinzipien sind hier ganz ähnlich wie beim aggressiven Notstand. Auch im defensiven Notstand gibt es eine Notstandslage – die Gefahr muss von einer Sache ausgehen. Dann folgt die Notstandshandlung, die Zerstörung oder Beschädigung der gefährlichen Sache. Diese Handlung muss ebenfalls erforderlich sein, um die Gefahr abzuwenden. Und schließlich wieder die Interessenabwägung: Der Schaden an der gefährlichen Sache darf nicht unverhältnismäßig zu der Gefahr stehen, die Du abwendest.