Taterfolg
In der Welt des Strafrechts gibt es zwei grundlegende Arten von Delikten, bei denen der Erfolg des Verhaltens unterschiedlich eine Rolle spielt: Erfolgsdelikte und Tätigkeitsdelikte. Während bei Erfolgsdelikten der Erfolg, also der Eintritt eines bestimmten Ereignisses – wie beispielsweise der Tod eines Menschen – erforderlich ist, ist dies bei Tätigkeitsdelikten nicht der Fall. Hier genügt es, dass der Täter die im Gesetz beschriebenen Handlungen ausführt, ohne dass ein bestimmter Erfolg eintreten muss, wie etwa bei Aussagedelikten.
Tathandlung
Ein gesetzlicher Tatbestand setzt sich aus mehreren Elementen zusammen: dem Täter, dem Tatobjekt und der Tathandlung. Dabei ist es nicht nur wichtig, wer der Täter ist, sondern auch, welches Objekt betroffen ist und welches Verhalten strafbar ist. Außerdem kann der Tatbestand auch spezifische Anforderungen an die Art der Tat beinhalten, zum Beispiel eine heimtückische Vorgehensweise oder die Verwendung eines gefährlichen Werkzeugs. Auch ungeschriebene Merkmale, wie etwa die Vermögensverfügung beim Betrug, können Teil des Tatbestands sein.
Der Handlungsbegriff umfasst jedes menschliche Verhalten, das unter dem Einfluss des Willens steht – also ein Verhalten, das steuerbar und somit auch vermeidbar ist. Ein willensgetragenes Verhalten, das eine Veränderung in der Außenwelt bewirkt, stellt eine Handlung dar. Die kausale Handlungslehre geht sogar noch weiter und sieht im Erfolg als einzigem Unrechtselement das zentrale Kriterium. Sie ordnet alles Subjektive der Schuldstufe zu. Die finale Handlungslehre wiederum legt den Fokus stärker auf den Willen als entscheidenden Faktor und betrachtet Vorsatz als wichtigen Bestandteil des subjektiven Tatbestands. Dabei wird klar, dass Unrecht nicht nur im Erfolg des Verhaltens liegt, sondern auch in der Art und Weise, wie der Täter gehandelt hat.
Es gibt jedoch auch Nicht-Handlungen, die nicht als strafbares Verhalten zählen. Hierzu gehören innere Vorgänge wie Gedanken oder Gefühle, aber auch Handlungen, die durch äußeren Zwang oder unwillkürliche Bewegungen zustande kommen, wie etwa ein Krampfanfall oder Reflexbewegungen. Ebenso gelten Handlungen als nicht-existent, wenn sie durch vis absoluta – also durch völlige, äußere Gewalt – erzwungen werden. Bei vis compulsiva, also dem physischen Zwang, bleibt die Handlungsqualität allerdings bestehen, da der Wille des Täters noch beeinflussbar ist.
Kausalität
Wenn wir uns der Kausalität zuwenden, müssen wir zunächst festhalten, dass sie die naturgesetzliche Verbindung zwischen der Täterhandlung und dem Taterfolg beschreibt. In der Äquivalenztheorie ist jede Bedingung, die den Erfolg herbeiführt, als ursächlich anzusehen. Diese Theorie formuliert das Prinzip der „conditio sine qua non“ – jede Bedingung, die nicht weggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfällt, ist kausal.
Kausalitätsprobleme
In der Praxis entstehen jedoch Kausalitätsprobleme, die sich auf hypothetische Ursachen beziehen, die möglicherweise den Erfolg auch ohne die Täterhandlung herbeigeführt hätten. Ein Beispiel hierfür ist der Fall eines Flugzeugabsturzes, bei dem das Opfer bereits vor dem Unglück durch die Täterhandlung gestorben wäre, aber der Erfolg dennoch nicht als Kausalität der Handlung zuzurechnen ist.
Ebenso werden Fälle von Abbruch rettender Kausalverläufe untersucht, bei denen der Täter eine Rettung verhindert, die ansonsten sehr wahrscheinlich zum Überleben geführt hätte.
Manchmal kommt es jedoch zu einer Unterbrechung des Kausalzusammenhangs, wenn ein zweiter Täter eine neue Bedingung setzt, die unabhängig von der ersten Bedingung den Erfolg verursacht. Ein klassisches Beispiel ist, wenn jemand Gift verabreicht, aber der Erfolg durch einen anderen Täter, der die Tat vollendet, erreicht wird. In solchen Fällen ist die Haftung des ersten Täters wegen Versuchs gegeben, auch wenn der Erfolg nicht direkt durch ihn eingetreten ist. Die Wirkung der ersten wird also durch eine zweite Handlung „überholt„, die ihrerseits einen neuen Kausalverlauf auslöst.
Bei der fortwirkenden Kausalität handelt es sich um den Fall, dass ein Täter eine bestimmte Ursache gesetzt hat, die eine Wirkung entfaltet, die dann aber durch das Eingreifen eines Dritten weiterverfolgt oder verändert wird. Beispiel: A schießt mit Tötungsvorsatz auf B und verletzt diesen schwer. C findet den B später und entscheidet, ihm einen „Gnadenschuss“ zu geben, der B tötet. In diesem Fall ist die Handlung von A auch in Bezug auf den Tod des B nicht irrelevant, da der Tod von C zwar von ihm selbst verursacht wurde, aber ohne die ursprüngliche Schussverletzung von A hätte es keine tödliche Wirkung durch C gegeben. A hat also eine Ursache gesetzt, die ohne das Eingreifen von C den Tod von B möglicherweise nicht zur Folge gehabt hätte. Die fortwirkende Kausalität stellt also sicher, dass der Ersttäter (A) weiterhin für den Erfolg verantwortlich gemacht werden kann, wenn er durch seine Tat eine Bedingung geschaffen hat, die für das spätere Eingreifen eines Dritten entscheidend war. Allerdings wird die objektive Zurechnung wegen Eingreifens Dritter in das Geschehen verneint werden.
In Fällen, in denen die Handlungen von mehreren Tätern gleichzeitig einen Erfolg verursachen, spricht man von alternativer oder kumulativer Kausalität. Bei der alternativen Kausalität verursachen zwei unabhängige Bedingungen den Erfolg (hier ist jede Bedingung ursächlich, die nicht hinweggedacht werden kann), während bei der kumulativen Kausalität mehrere Bedingungen zusammenwirken müssen, um den Erfolg zu erreichen (auch hier kann jedoch die objektive Zurechnung trotz vorliegender Kausalität verneint werden).
Besonders interessant wird es bei Kausalität in Gremienentscheidungen. Wenn ein Gremium wie etwa das Politbüro einen Beschluss fasst, der später zum Erfolg führt, wird jeder Einzelne, der zugestimmt hat, mit verantwortlich gemacht, da der Beschluss als gemeinschaftlicher Akt verstanden wird.
Objektive Zurechnung
Die objektive Zurechnung stellt schließlich sicher, dass nicht jeder Erfolg, der durch eine Handlung des Täters verursacht wurde, automatisch auch diesem zugerechnet werden kann. Ein Täter wird nur dann für den Erfolg verantwortlich gemacht, wenn er eine rechtlich missbilligte Gefahr geschaffen hat, die sich im konkreten Erfolg realisiert hat. Dabei geht es immer darum, dass sich die vom Täter gesetzte Gefahr im konkreten Erfolg realisiert und nicht ein völlig anderes Risiko, das zufällig oder durch andere Personen verursacht wurde. In diesem Zusammenhang wird die Voraussehbarkeit des Kausalverlaufs entscheidend für die objektive Zurechnung.
Erlaubtes Risiko
Nehmen wir mal ein einfaches Beispiel. Wer jemanden zu einer Flugreise mit einem normalen Flugzeug überredet, der hat nichts Illegales getan, weil er keine Gefahr geschaffen hat, die über das übliche (erlaubte) Lebensrisiko hinausgeht. Doch die Sache wird anders, wenn der Täter weiß, dass an Bord eine Bombe ist, die explodieren könnte. Hier sieht die objektive Zurechnung schon anders aus, weil die Gefahr nicht einfach eine typische Lebensgefahr war, sondern eine gezielt gesetzte, rechtlich missbilligte Gefahr.
Risikoverringerung
Und dann gibt es noch die Fälle, in denen der Täter durch sein Handeln eine Gefahr verringert, aber trotzdem die objektive Zurechnung bejaht wird. Stell Dir vor, jemand kann den drohenden tödlichen Schlag des Angreifers auf den Kopf seines Opfers gerade noch auf die Schulter ablenken. Auch wenn die Verletzung weniger schwer ist, hat der Täter den Erfolg im Grunde abgewendet. In solchen Fällen wird nicht bestraft, weil eine Verletzung des Rechtsguts weniger schlimm gemacht wurde. Dennoch ist die Zurechnung immer dann zu bejahen, wenn der Täter eine neue Gefahr schafft, die das ursprüngliche Risiko verdrängt (Risikoersetzung).
Risikozusammenhang
Doch auch bei der Schaffung einer rechtlich missbilligten Gefahr muss immer der Risikozusammenhang zum Erfolg bestehen.
Atypischer Kausalverlauf
Der Erfolg muss im Bereich der vom Täter geschaffenen Gefahr liegen und darf nicht durch ein völlig anderes Risiko hervorgerufen werden. Wenn zum Beispiel der Rettungshubschrauber aufgrund eines technischen Defekts abstürzt und das Opfer dabei stirbt, ist die Zurechnung des Erfolgs schwierig, weil dieser Kausalverlauf wirklich außerhalb der Lebenserfahrung liegt. Es war einfach nicht zu erwarten, dass der Tod des Opfers auf diese Weise eintritt. Im Gegensatz dazu, wenn ein schwer verletztes Opfer von einem Dritten überfahren wird, weil dieser nicht mehr rechtzeitig bremsen kann, ist die Zurechnung eindeutig, weil der Kausalverlauf noch im Bereich des ursprünglich geschaffenen Risikos liegt.
Komplizierter wird es, wenn der Erfolg aus außergewöhnlichen Umständen resultiert, wie bei einer abnormen Konstitution des Opfers, die den Tod herbeiführt. Wenn der Täter zum Beispiel B mit einem Messer verletzt und dieser an einer Blutgerinnungsstörung leidet, die den Tod verursacht, könnte der Erfolg als außerhalb der Lebenserfahrung liegend betrachtet werden, was die Zurechnung erschwert. Doch auch hier kommt es darauf an, ob der Täter von diesen besonderen Umständen wusste. Wusste er von der Blutgerinnungsstörung, dann wird diese Kenntnis in die objektive Zurechnung mit einbezogen.
Schutzzweckzusammenhang
Ein weiteres Beispiel ist die sogenannte Schutzzweckzusammenhang-Theorie, die besonders bei Fahrlässigkeitsdelikten eine Rolle spielt. Hier stellt sich die Frage, ob der Erfolg noch im Schutzbereich der Norm liegt, die verletzt wurde. Wird jemand in einer für die Norm typischen Weise verletzt, dann wird die Zurechnung bejaht.
Selbstschädigung und Selbstgefährdung des Opfers
Wenn sich jedoch herausstellt, dass das Opfer sich in einer freiverantwortlichen Selbstgefährdung befindet, etwa weil es ein Auto fährt, obwohl es wiederholt durch die Fahrprüfung gefallen ist, dann wird der Erfolg nicht mehr dem Täter zugerechnet.
Dazwischentreten Dritter
Auch Dritte können in die Zurechnung eingreifen. Es kommt dann darauf an, ob sich noch die Gefahr realisiert, die der Täter ursprünglich gesetzt hat, oder eine neue, die durch den Dritten gesetzt wurde. Wenn der Täter im „Gnadenschuss“-Beispiel von oben den ersten tödlichen Schlag gesetzt hat und der Dritte in der Folge eingreift, indem er das Opfer tötet, dann sind beide für den Tod verantwortlich – nach der Rechtsprechung handelt es sich nämlich um eine unwesentliche Abweichung im Kausalverlauf. Wenn es aber an einer Unterordnung unter die Ausgangsgefahr fehlt und der Dritte die durch die Ersttat geschaffene günstige Gelegenheit zu seiner Anschlusstat nur ausnutzt, dann wirkt zwar die Kausalität fort, es verwirklicht sich aber nicht das ursprüngliche Risiko, sondern die neue Gefahr. Trotzdem wäre der Ersttäter in diesem Fall wegen des Versuchs zu bestrafen.