Vorsatz

Der subjektive Tatbestand umfasst den Vorsatz des Täters, der die Grundlage für die Strafbarkeit bildet. Grundsätzlich setzt das Strafrecht bei allen Straftatbeständen vorsätzliches Handeln voraus – es sei denn, das Gesetz ordnet explizit die Fahrlässigkeitsstrafbarkeit an. Der Vorsatz bezieht sich auf sämtliche objektiven Tatbestandsmerkmale, was sich im Umkehrschluss aus § 16 Abs. 1 S. 1 StGB ableiten lässt. Dort steht, dass der Vorsatz entfällt, wenn der Täter einen Umstand nicht kennt, der für den gesetzlichen Tatbestand erforderlich ist. Ein vorsatzausschließender Tatbestandsirrtum liegt also vor, wenn der Täter nur ein einziges der objektiven Merkmale nicht berücksichtigt hat. In einem solchen Fall bleibt jedoch noch die Möglichkeit einer strafbaren fahrlässigen Begehung, die gegebenenfalls weiter geprüft werden muss.

Vorsatz bedeutet, dass der Täter mit Wissen und Wollen die Tatbestandsverwirklichung anstrebt. Nach der herrschenden Meinung und der relevanten Rechtsprechung umfasst dieser Vorsatz zwei wesentliche Elemente: Zum einen das kognitive Element, also das Wissen des Täters über den Tatbestand, und zum anderen das voluntative Element, also das Wollen des Täters, diesen Tatbestand zu verwirklichen.

Dabei ist das Simultanitätsprinzip von zentraler Bedeutung: Der Vorsatz muss bereits im Zeitpunkt der Tatbegehung vorliegen, also zu dem Moment, in dem der Täter die Handlung tatsächlich ausführt. Das bedeutet, ein dolus antecedens – ein Vorsatz, der vor der Tat gefasst wurde, aber zum Zeitpunkt der Tat nicht mehr besteht – ist unbeachtlich. Ein Beispiel verdeutlicht dies: Angenommen, A fesselt und knebelt B, um ihn in den Kofferraum seines Autos zu verfrachten und ihn zu einem abgelegenen Ort zu bringen, wo er ihn nötigen und schließlich töten möchte. Nachdem A die Fahrt abgeschlossen hat und den Kofferraum öffnet, stellt er fest, dass B durch die vorangegangene Behandlung bereits tödliche Verletzungen erlitten hat. Obwohl A objektiv für den Tod von B verantwortlich ist, lässt sich der Tötungsvorsatz nicht bejahen, da A bei der Tatbegehung nicht die Absicht hatte, B zu töten. Der Koinzidenzprinzip, wonach der Vorsatz und die Tathandlung gleichzeitig bestehen müssen, scheitert hier.

Der dolus subsequens bezeichnet einen nachträglichen Vorsatz, der nach der Tat gefasst wird – etwa wenn der Täter später den Erfolg der Tat billigt, ohne dass dies noch ursächlich für den Erfolg wird. Ein anderes Konzept ist der dolus cumulativus, bei dem der Täter mehrere Tatbestände oder Erfolge gleichzeitig mit seinem Vorsatz verwirklichen möchte. Ein Beispiel: A wirft eine Bombe, wobei er bewusst in Kauf nimmt, damit sowohl Menschen zu töten, als auch Sachen zu beschädigen.

Anders sieht es beim dolus alternativus aus, wo der Täter zwar mehrere mögliche Taten oder Erfolge in Betracht zieht, aber nur einen davon für wahrscheinlich hält. Ein Beispiel: A wirft einen Stein auf B, weil er ihm einen Denkzettel verpassen will, ohne zu wissen, ob er B oder das Auto trifft. In diesem Fall liegt ein „Entweder-oder“-Verhältnis vor, bei dem der Täter einen Erfolg anstrebt, aber nicht beide gleichzeitig erwartet.

Dolus directus 1. Grades

Der dolus directus 1. Grades beschreibt die Absicht des Täters, den Tatbestand zielgerichtet zu verwirklichen. Ein Täter handelt mit direkter Absicht, wenn er den Erfolg der Tat aktiv herbeiführen möchte. Ein Beispiel hierfür ist, wenn jemand mit einem Stein wirft, um sein Opfer zu verletzen, auch wenn er einen Fehlwurf einkalkuliert.

Dolus directus 2. Grades

Dolus directus 2. Grades hingegen beschreibt den Vorsatz, bei dem der Täter mit Wissen sicherstellt, dass sein Handeln zur Verwirklichung des Tatbestandes führt, jedoch nicht unbedingt mit dem Ziel, den Erfolg zu erreichen. Es genügt, wenn der Täter sich mit dem Erfolg abfindet. Ein Beispiel: Ein Erbe tötet den Erblasser, um die Erbschaft anzutreten – er möchte den Tod des Erblassers, um das Ziel zu erreichen, ist sich jedoch bewusst, dass der Tod eintreten könnte.

Dolus eventualis

Der Eventualvorsatz (dolus eventualis) ist der bedingte Vorsatz, bei dem der Täter den Erfolg für möglich hält und sich damit abfindet. Er akzeptiert das Risiko, dass die Tatbestandsverwirklichung eintritt, auch wenn er den Erfolg nicht zwingend herbeiführen will. Im Gegensatz dazu steht die bewusste Fahrlässigkeit, bei der der Täter den Erfolg ebenfalls für möglich hält, aber nicht mit ihm einverstanden ist und darauf vertraut, dass er nicht eintreten wird.

Abgrenzung zwischen Eventualvorsatz und Fahrlässigkeit

Die Abgrenzung zwischen Eventualvorsatz und bewusster Fahrlässigkeit ist entscheidend, da sie zu unterschiedlichen Strafrahmen führen kann. Bei fahrlässigen Straftaten ist die Strafbarkeit oft geringer, und in vielen Fällen fällt der Täter nicht unter § 15 StGB, was zur Straflosigkeit führen kann.

Es gibt verschiedene Theorien, die sich mit der Bejahung des Vorsatzes befassen, wie die kognitive Wahrscheinlichkeits- und Möglichkeitstheorie. Die Wahrscheinlichkeitstheorie geht davon aus, dass die Wahrscheinlichkeit des Erfolgseintritts das Maß für den Vorsatz bestimmt. Die Möglichkeitstheorie stellt die bloße Möglichkeit des Erfolges in den Vordergrund, was zu einer weiteren Ausweitung des Vorsatzbegriffs führen könnte.

Voluntative Theorien wie die Gleichgültigkeitstheorie und die Billigungs- und Ernstnahmetheorie beschäftigen sich mit der voluntativen Seite des Vorsatzes. Bei der Gleichgültigkeitstheorie akzeptiert der Täter den Erfolgseintritt aus Gleichgültigkeit, während die Billigungs- und Ernstnahmetheorie davon ausgeht, dass der Täter den Erfolg zumindest billigend in Kauf nimmt.

Besondere subjektive Tatbestandsmerkmale

Solche Tatbestandsmerkmale treten vor allem bei Delikten mit überschießender Innentendenz auf.

Bei Absichtsdelikten ist es entscheidend, welche Vorsatzform erforderlich ist, um den subjektiven Tatbestand zu erfüllen – häufig wird hier der dolus directus 1. Grades verlangt, besonders bei Bereicherungsdelikten wie in § 263 StGB.

In anderen Fällen reicht auch der dolus directus 2. Grades aus, vor allem bei Tatbeständen, die weniger auf die Rechtsgutsverletzung selbst, sondern auf eine andere Motivation des Täters ausgerichtet sind (etwa die Aneignungskomponente des § 242 Abs. 1 StGB).