Der Betrug gehört zu den Klassikern unter den Vermögensdelikten, und das nicht ohne Grund: Hier wird nicht nur ein bisschen Eigentum gestohlen, sondern gleich das ganze wirtschaftliche Vermögen ins Visier genommen. Wichtig zu wissen: Geschützt wird also nicht die einzelne Sache, sondern das Gesamtpaket an Geld, Gütern, Forderungen und allem, was wirtschaftlich irgendwie einen Wert hat.
Der Gesetzestext selbst wirkt allerdings ein bisschen wie ein schlecht erzählter Krimi – irgendwie lückenhaft und holprig. Deshalb hat sich in der Praxis eine Art „Geheimrezept“ für die Prüfung durchgesetzt: Man hangelt sich am objektiven Tatbestand entlang, Schritt für Schritt – mit Täuschung, Irrtum, Vermögensverfügung und am Ende dem Vermögensschaden. Und wichtig: Zwischen all diesen Schritten muss es einen durchgehenden Kausalzusammenhang geben. Kein Glied darf fehlen.
Erst wenn das alles sitzt, kommt der subjektive Tatbestand dran – da geht’s dann um Vorsatz und, ganz entscheidend, um die Absicht zur Bereicherung. Und die muss stoffgleich sein, also ganz direkt auf denselben Vermögensbereich zielen wie der angerichtete Schaden. Erst danach wird geschaut, ob diese Bereicherung auch rechtswidrig ist – und ob der Täter das wusste.
Täuschung
Täuschung ist das große Startsignal beim Betrug. Sie bedeutet, jemandem falsche Tatsachen vorzugaukeln oder wahre zu entstellen oder zu verschweigen – Hauptsache, die Vorstellung des anderen wird in eine bestimmte Richtung gelenkt. Und zwar bewusst.
Tatsachen
Tatsachen im Sinne von § 263 StGB sind alles, was sich irgendwie beweisen lässt. Also: Dinge, Zustände oder Vorgänge aus der Gegenwart oder Vergangenheit – egal ob draußen in der Welt oder im Inneren eines Menschen. Das können zum Beispiel Gedanken, Absichten oder Überzeugungen sein, die jemand tatsächlich hat (oder eben nicht).
Keine Tatsachen sind hingegen bloße Meinungen, Bewertungen, Rechtsansichten oder Zukunftsprognosen – außer, sie enthalten einen greifbaren Tatsachenkern. Und genau das ist oft der Trick bei Betrügern: Sie verkaufen Meinungen als Fakten oder Zukunftsaussichten als sichere Bank, obwohl’s dafür keine Grundlage gibt.
Ein paar Beispiele zur Einordnung: Wer tankt oder im Restaurant isst, erklärt ganz nebenbei und unausgesprochen: „Ich kann und will das bezahlen.“ Wer einen Kredit beantragt, signalisiert: „Ich glaube ernsthaft, dass ich das in Raten zurückzahlen kann.“ Wer Spezialbrillen verkauft mit dem Hinweis, bald gäbe es eine Sonnenfinsternis, täuscht über eine Tatsache – denn so ein Ereignis hat einen ganz realen astronomischen Hintergrund, der schon heute bestimmbar ist. Wer Teufelsaustreibungen oder bevorstehende Unglücke verkauft, täuscht nicht über die Zukunft, sondern über seine angebliche Ernsthaftigkeit, das Geld „zu opfern“. Wer ein Buch für 68 Euro verkauft und sagt, das sei der „normale Preis“, obwohl es anderswo für 29,80 Euro erhältlich ist, spielt mit der Erwartung eines Festpreises – was aber nicht automatisch eine Täuschung bedeutet, solange keine klar falschen Angaben gemacht werden.
Täuschungshandlung
Täuschen kann man ganz unterschiedlich: Durch Worte, durch Verhalten – oder durch Schweigen, wenn man eigentlich was sagen müsste (das wäre dann ein Fall für Leute mit Garantenstellung). Besonders spannend wird’s bei der sogenannten konkludenten Täuschung – also wenn man durch sein Verhalten ganz nebenbei eine falsche Vorstellung erzeugt, ohne etwas zu sagen.
Täuschung durch aktives Tun
Täuschen heißt nicht einfach: „Ich tue etwas und der andere denkt was Falsches.“ Es muss eine kommunikative Komponente dabei sein – man will die Vorstellung des anderen bewusst in die Irre führen. Ohne dieses Täuschungsbewusstsein läuft gar nichts. Wer nicht weiß, dass er täuscht, täuscht auch objektiv nicht.
Dabei kommt es nicht nur auf die Worte an, sondern auch auf das, was man durch sein Verhalten sagt – stillschweigend. Wer eine Leistung einfordert, behauptet damit: „Ich habe einen Anspruch.“ Wer einen Vertrag abschließt, signalisiert: „Ich kann und will den Vertrag erfüllen.“ Wer ein Produkt verkauft, sagt automatisch: „Ich habe das nicht vorsätzlich manipuliert.“
Ein Beispiel: Jemand schließt eine Wette ab, obwohl er weiß, dass das Ergebnis manipuliert wurde – etwa weil der Schiedsrichter bestochen ist. Damit tut er so, als gäbe es faire Bedingungen. Auch wenn er nichts sagt, ist das eine Täuschung.
Konkludente Täuschung trotz wahrer Angaben
Es gibt auch Fälle, in denen auf den ersten Blick gar nichts Falsches gesagt wurde – und trotzdem liegt eine Täuschung vor. Das passiert oft dann, wenn durch Aufmachung oder Gestaltung ein falscher Eindruck erweckt wird.
Beispiele gefällig? Wer „rechnungsähnliche“ Angebotsbriefe verschickt, die wie echte Rechnungen aussehen, obwohl sie nur Angebote sind, täuscht oft trotzdem – vor allem, wenn der Adressat geschäftlich unerfahren ist. „Abo-Fallen“ im Internet, bei denen der Kostenhinweis winzig versteckt ist, funktionieren ähnlich. Wer denkt, es handle sich um ein Gratisangebot, irrt sich. Und auch wenn der Vertrag letztlich nicht wirksam zustande kommt, kann schon ein versuchter Betrug vorliegen. Oder: Der berühmte „Ping-Anruf“. Das Handy klingelt kurz, es bleibt eine Nummer zurück, die neugierig macht – und wer zurückruft, zahlt. Auch hier wird über ein angebliches Kommunikationsinteresse getäuscht.
Täuschung und Preisangaben
Was ist mit Preisen? Gilt da auch schon eine Täuschung, wenn jemand einfach richtig teuer ist?
Grundsatz: Nein. Wer einen hohen Preis verlangt, täuscht nicht automatisch. In der Marktwirtschaft darf jeder selbst entscheiden, welchen Preis er aufruft – und der andere kann zustimmen oder eben nicht. Erst wenn der Preis durch falsche Behauptungen gerechtfertigt wird („Das ist der gebundene Preis!“, obwohl es nicht stimmt), kann eine Täuschung vorliegen.
Ein Beispiel: A verkauft ein Buch an Schulen für 68 Euro. Die Schulen denken, das sei der Festpreis – in Wahrheit gibt’s das Buch andernorts für knapp 30 Euro. Aber weil Buchpreise schwanken können und nicht immer gebunden sind, ist das allein noch keine Täuschung – solange A nicht behauptet, der Preis sei gesetzlich festgelegt oder identisch mit dem Originalpreis.
Bloßes Ausnutzen eines Irrtums
Jetzt wird’s spannend: Es gibt Konstellationen, da liegt gar keine Täuschung im strafrechtlichen Sinne vor – obwohl jemand sich durch einen Irrtum bereichert. Wie das geht? Ganz einfach: Wenn der Irrtum schon da war und Du ihn nur ausnutzt, ohne irgendwie nachzuhelfen.
Der Klassiker: Du bekommst zu viel Wechselgeld. Vielleicht hat der Kassierer sich verzählt. Vielleicht hat er auf Deinen Fünfziger fälschlich einen Hunderter herausgegeben. Oder eine Bankmitarbeiterin hat sich beim Einlösen eines Schecks verlesen und Dir statt 1.300 Euro satte 13.000 ausgezahlt. Du weißt es besser – aber sagst nichts. Ist das jetzt schon Betrug?
Nö. Denn § 263 StGB verlangt mehr als das bloße Mitnehmen des Geldes. Es braucht eine Täuschung – also ein aktives Verhalten, das dem anderen was Falsches vorgaukelt. Wenn Du einfach dastehst und schweigst, obwohl Du den Irrtum erkennst, fehlt’s an diesem aktiven Moment. Du versteckst die Wahrheit nicht aktiv. Du nutzt sie nur.
Das ist auch bei Fehlüberweisungen so: Stell Dir vor, Deine Bank überweist Dir 550.000 Euro, obwohl sie eigentlich nur noch 50.000 zahlen sollte – weil Du vorher schon 500.000 Euro bar abgehoben hast. Die Überweisung war ein Versehen. Du aber denkst Dir: „Geil, Jackpot!“ und hebst alles ab. Das ist trotzdem kein Betrug. Warum? Weil Du durch den Buchungsvorgang bei der empfangenden Bank zu einem ganz normalen Gläubiger geworden bist. Du darfst das Geld abheben – auch wenn Du weißt, dass’s eigentlich zu viel ist. Die Bank hat’s Dir ja gutgeschrieben, und damit hast Du einen Auszahlungsanspruch.
Fehlbuchungen sind ganz ähnlich: Jemand bei der Bank vertippt sich und schreibt Dir versehentlich einen hohen Betrag gut. Du weißt: Da stimmt was nicht. Aber Du hebst es trotzdem ab. Früher sagte die Rechtsprechung: Betrug! Heute sagt der BGH: Moment, ganz so einfach ist das nicht. Denn durch die Buchung entsteht ein abstraktes Schuldversprechen (§ 780 BGB). Das bedeutet: Die Bank schuldet Dir das Geld – auch wenn’s auf einem Irrtum beruht. Erst wenn sie den Fehler merkt und die Buchung storniert, ändert sich das. Bis dahin darfst Du also abheben, ohne etwas Falsches zu erklären. Der Bankmitarbeiter, der Dir das Geld auszahlt, prüft übrigens in der Regel nur den Kontostand – und nicht, ob Du es eigentlich verdient hast. Auch deswegen liegt keine Täuschung vor.
Und noch eine letzte Variante: Du hast einen Beherbergungsvertrag abgeschlossen – vielleicht im Hotel oder in einer Pension. Anfangs kannst Du zahlen, dann nicht mehr. Trotzdem bleibst Du, nimmst die Leistungen weiter in Anspruch, ohne aktiv zu täuschen. Auch hier fehlt die Täuschung – denn durch Deine bloße Anwesenheit sagst Du nicht automatisch: „Hey, keine Sorge, ich kann noch zahlen!“ Nur wenn Du jetzt noch zusätzlich was bestellst – Champagner, Zimmerservice oder Massagen – und so neue Leistungen erschleichst, könnte es ein Betrug sein.
Täuschen durch Unterlassen
Manchmal ist nicht das, was man sagt, das Problem – sondern das, was man nicht sagt. Schweigen kann unter bestimmten Voraussetzungen eine Täuschung im Sinne des § 263 StGB sein. Aber Vorsicht: Das geht nicht einfach so. Du brauchst eine Garantenstellung. Also eine besondere Pflicht, jemanden vor Schaden zu bewahren – hier: vor einem Vermögensschaden.
Solche Garantenstellungen können aus verschiedenen Quellen stammen. Zum Beispiel, wenn Du selbst den Irrtum verursacht hast – etwa, weil Du schlampig einen Antrag ausgefüllt oder eine Rechnung falsch gestellt hast und dann den Fehler erkennst. Dann bist Du in der Pflicht, das klarzustellen. Das nennt man Ingerenz.
Wichtiger noch sind gesetzliche Aufklärungspflichten. Besonders bei Sozialleistungen. Nach § 60 SGB I musst Du Änderungen in Deinen Verhältnissen melden – also zum Beispiel, wenn Du plötzlich zu viel verdienst, um weiter Arbeitslosengeld zu bekommen. Auch im Versicherungsrecht gibt es klare Regeln: Wenn sich Umstände ändern, musst Du das Deiner Versicherung sagen.
Einfacher wird es aber nicht, wenn Du Dich außerhalb gesetzlicher Pflichten bewegst. Denn dann brauchst Du ein echtes Vertrauensverhältnis – und das ist gar nicht so leicht zu begründen. Ein Vertrag allein reicht nicht. Es muss schon so sein, dass der andere sich in Vermögensdingen auf Deinen Sachverstand verlässt – wie bei einem Berater, Anwalt oder Steuerprofi. Dann trägst Du Verantwortung dafür, dass der andere keine finanziellen Nachteile durch sein Unwissen erleidet. Und das verpflichtet Dich, wichtige Infos nicht für Dich zu behalten.
Klar macht das der BGH in einem seiner „Fehlüberweisungsfälle„. Da sollte der Empfänger das Geld nicht zurückzahlen – und das Gericht sagt: Keine Pflicht zur Aufklärung, kein Betrug. Auch ein Arbeitnehmer, der weiter Gehalt bekommt, obwohl er schon längst ausgeschieden ist, muss den Arbeitgeber nicht zwingend informieren – nur, weil das Arbeitsverhältnis mal lange bestanden hat. Das Vertrauen allein reicht nicht.
Aber es gibt Ausnahmen: Wenn Du als Versicherungsnehmer plötzlich Deine Uhr wiederfindest, die Du als verloren gemeldet hattest – dann musst Du das melden. Sonst wird’s strafrechtlich heikel. Oder wenn Du als Beamter weiter Bezüge bekommst, obwohl Du längst nicht mehr im Dienst bist – und es weißt. Dann bist Du dran.
Und wenn Du Dich beruflich im Bereich Risiko, Revision oder Compliance bewegst, musst Du gegebenenfalls sogar verhindern, dass andere betrügen – zumindest, wenn Du in der Rolle des Garanten unterwegs bist.
Irrtum
Ein Betrug funktioniert nur, wenn auf der anderen Seite jemand sitzt, der sich irrt. Aber was heißt das eigentlich? Irren heißt: Die Realität sieht anders aus, als das, was sich jemand im Kopf zusammenreimt. Typisch ist das bei einer Täuschung – also wenn jemand absichtlich einen falschen Eindruck erweckt und der andere das glaubt. Dieser Irrtum muss aktiv hervorgerufen oder zumindest aufrechterhalten werden. Manchmal reicht es auch, wenn jemand eine bestehende Fehlvorstellung einfach weiterfüttert oder nicht richtigstellt – etwa weil er eigentlich verpflichtet wäre, für Klarheit zu sorgen. Dann gilt: Der Irrtum lebt, und das Gesetz ist nicht weit.
Irrtum eines Menschen
Aber Achtung: Irren kann nur ein Mensch. Computer oder Automaten sind außen vor. Und wenn zum Zeitpunkt der Verfügung – also wenn es ums Geld oder um sonst was Wichtiges geht – gerade niemand da ist, der sich täuschen lässt, dann fehlt’s an dem, was § 263 StGB verlangt. Klassisches Beispiel: Jemand tankt an der Selbstbedienung, haut ab, zahlt nicht – aber niemand im Kassenhäuschen hat’s gesehen, nicht mal per Kamera. Dann ist’s zumindest kein vollendeter, vielleicht aber ein versuchter Betrug. Warum? Weil der Tankeinbrecher durchaus damit gerechnet hat, dass ihn jemand beobachtet.
Sachgedankliches Mitbewusstsein
In der Praxis passiert so ein Irrtum oft nicht bewusst. Da läuft was im Hintergrund mit, was man als sachgedankliches Mitbewusstsein bezeichnet – so eine Art Alltags-Autopilot. Zum Beispiel: Ein Kellner geht einfach davon aus, dass ein Gast zahlen kann, der munter bestellt. Oder jemand nimmt Falschgeld an und merkt es gar nicht, weil der Gedanke an die Echtheit des Scheins ihm nicht einmal durch den Kopf geht. Oder ein Käufer akzeptiert ein Vertragsangebot und denkt: Wird schon ehrlich zustande gekommen sein. So läuft das halt im normalen Leben – keiner rechnet bei jeder Handlung damit, betrogen zu werden. Aber genau diese Erwartung kann ausreichen, damit ein Irrtum vorliegt.
Entscheidend ist: Der Alltag muss überhaupt Raum für eine solche Vorstellung lassen. Wenn jemand beruflich verpflichtet ist, vor Entscheidungen bestimmte Fakten zu prüfen, dann ist auch der Boden für eine Täuschung da. Ob das zum Beispiel für Bankangestellte gilt, wenn sie Sparbuchauszahlungen abwickeln, ist umstritten. Manche sagen: Wegen der unsicheren Rechtslage denken sich die Leute schon was dabei. Andere sagen: Eher nicht – das ist doch Routine. So oder so – der Alltag ist der Maßstab.
Garantiezusagen
Gar kein Irrtum liegt vor, wenn das Gegenüber sich gar keine Gedanken machen muss – weil ihm das Risiko komplett egal ist. Etwa wenn der Täter mit einer Kreditkarte zahlt und die Bank im Hintergrund ohnehin das Risiko übernimmt. Dann ist für den Ladenbesitzer völlig egal, ob der Kunde zahlen kann oder nicht – das Geld kommt so oder so. Solche Fälle fallen raus.
Fehlende Prüfungspflichten
Das Gleiche gilt, wenn jemand gar nicht prüfen darf oder muss. Ein Bankangestellter, der nur die Kontoidentität und den Kontostand checkt, denkt sich nichts über die Hintergründe der Gutschrift. Und wenn er nichts denkt, kann er sich auch nicht irren. Manche Juristen zanken sich sogar darüber, ob ein Rechtspfleger im Mahnverfahren einem Lügner auf den Leim gehen kann. Die Gerichte sagen: Ja, das kann passieren – schließlich glaubt der Rechtspfleger erstmal, dass alles der Wahrheit entspricht. Die herrschende Meinung im Schrifttum widerspricht aber: Da ist nichts zu prüfen, also auch kein Irrtum möglich. Im Ergebnis hängt’s davon ab, ob der Antragsteller vielleicht denkt, es gäbe eine Prüfung – dann könnte man immerhin an einen untauglichen Versuch denken.
Schlichtes Nichtwissen
Ganz wichtig: Ein Irrtum ist mehr als nur „Nichtwissen“. Es reicht nicht, wenn jemand einfach ahnungslos ist. Ein klassisches Beispiel: Der Busfahrer guckt niemandem direkt in die Augen, aber denkt sich: Wird schon jeder ein Ticket haben. Das ist kein Irrtum im strafrechtlichen Sinne. Wenn er aber nachfragt, ob jemand noch zugestiegen ist, und der Schwarzfahrer bleibt still – dann ist das was anderes. Dann sagt das Schweigen nämlich implizit: „Nein, hier ist keiner mehr“, und das kann durchaus ein täuschungsbedingter Irrtum sein.
Zweifel und Leichtgläubigkeit
Und wie ist das mit Zweifeln oder Leichtgläubigkeit? Auch wer skeptisch ist oder sich denkt „Hmm, komisch, aber könnte ja stimmen“, kann sich irren. Der Maßstab ist: Der Getäuschte hält die Unwahrheit für weniger wahrscheinlich als die Wahrheit – dann liegt ein Irrtum vor. Auch besonders gutgläubige Menschen – oder solche, die einfach nicht nachdenken – fallen unter den Schutz des Strafrechts. Das heißt: Auch wenn ein Trick plump ist, bleibt er strafbar. Wenn also jemand glaubt, er müsse Geld mit dem Teufel vergraben, um ein Unglück abzuwenden, oder wenn eine Wahrsagerin hohe Summen fordert, um Flüche zu brechen – dann kann das ein Betrug sein. Auch wenn wir innerlich den Kopf schütteln.
Im Internet passiert sowas auch oft – zum Beispiel bei Abofallen. Die wirken manchmal so billig gemacht, dass man sich fragt, wie man darauf reinfallen kann. Aber auch da sagt das Gesetz: Wer so tut, als sei da ein seriöses Angebot, löst unter Umständen einen Irrtum aus – und damit einen Betrug. Es kommt darauf an, wie ein Durchschnittsnutzer sowas einschätzt. Das EU-Recht mischt hier inzwischen mit, indem es den „verständigen Verbraucher“ als Maßstab heranzieht. Trotzdem sagt der BGH: Für das Strafrecht bleibt alles beim Alten. Die Meinungen im Schrifttum gehen auseinander, aber klar ist: Auch leichtgläubige Verbraucher sind nicht vogelfrei.
Wissenszurechnung
Bleibt noch ein letzter Punkt: Was ist, wenn jemand die Wahrheit kennt, aber jemand anders in seinem Namen handelt – etwa ein Mitarbeiter, der sich täuschen lässt? Dann wird es kompliziert. Im Zivilrecht gibt’s dazu Regeln – im Strafrecht ist das schwieriger. Zwei Fälle muss man unterscheiden: Entweder irrt nur die Hilfsperson, oder es geht um eine Konstellation, bei der die wissende Person nicht über die Verfügung bestimmt. In jedem Fall muss man genau hinschauen, wer was wusste und wer letztlich gehandelt hat.
Vermögensverfügung
Wenn wir uns § 263 StGB anschauen, dann stoßen wir auf etwas, das im Gesetzestext gar nicht ausdrücklich steht, aber trotzdem enorm wichtig ist: die Vermögensverfügung. Sie ist das unsichtbare Bindeglied zwischen dem Irrtum des Opfers und dem späteren Vermögensschaden – und damit das, was Betrug im Kern von anderen Vermögensdelikten unterscheidet. Denn der Betrug ist kein bloßes Fremdschädigungsdelikt wie etwa der Diebstahl. Nein, beim Betrug bringt sich das Opfer durch eine eigene Entscheidung selbst in die Bredouille – meist, weil es einer Täuschung aufgesessen ist.
Damit wir überhaupt von einer Betrugstat sprechen können, muss also zwischen dem Irrtum und der Vermögensminderung ein Zusammenhang bestehen. Aber keine Panik, da wird keine superenge Kausalitätsprüfung verlangt. Es reicht, wenn der Irrtum für die Verfügung zumindest mitursächlich war. Klar ist aber auch: Wenn das Opfer sowieso genau dieselbe Handlung vorgenommen hätte – also auch ganz ohne getäuscht worden zu sein – dann fehlt dieser Zusammenhang, und es liegt kein Betrug vor.
Aber was genau ist so eine Vermögensverfügung eigentlich? Die Definition ist zum Glück recht alltagstauglich:
Jede Handlung, jedes Dulden oder Unterlassen, das sich direkt auf das Vermögen auswirkt und es mindert, kann eine Verfügung sein.
Wichtig dabei: Es muss freiwillig passieren – also keine Wegnahme mit Gewalt oder heimliches Klauen, sondern eine Entscheidung, die das Opfer selbst trifft, auch wenn sie auf einer Täuschung beruht.
Ein paar typische Beispiele machen das klarer. Handeln: Wenn jemand einen Vertrag abschließt, Besitz überträgt, eine Kündigung unterschreibt oder eine Leistung erbringt – das alles kann eine Verfügung sein. Sogar staatliche Hoheitsakte wie ein Gerichtsurteil oder eine Festnahme können unter bestimmten Umständen dazugehören. Ja, selbst ein vermeintliches Autogramm auf einem Vertragstext kann reichen. Dulden: Wer etwa zulässt, dass jemand eine Sache mitnimmt – weil er denkt, das sei in Ordnung –, handelt ebenfalls verfügungsrelevant. Unterlassen: Wenn jemand einen Anspruch nicht geltend macht, obwohl er es könnte, oder eine Forderung verjähren lässt, weil er getäuscht wurde – auch das ist eine Verfügung, und zwar durch Unterlassen.
Verfügungsbewusstsein
Jetzt wird’s etwas subtiler. Manchmal stellt sich nämlich die Frage, ob das Opfer überhaupt wusste, dass es gerade etwas Vermögensrelevantes tut. Muss das für den Betrug gegeben sein?
Die herrschende Meinung sagt: Kommt drauf an! Und zwar auf die Art des Betrugs. Beim Sachbetrug – also wenn’s um Sachen geht und man die Grenze zum Diebstahl ziehen muss – ist es tatsächlich nötig, dass das Opfer überhaupt merkt, dass es gerade über Gewahrsam verfügt. Denn wenn da niemand bewusst irgendetwas hergibt, sondern der Täter einfach klammheimlich mitnimmt, dann sind wir beim Diebstahl – nicht beim Betrug.
Ein Klassiker: In einem Selbstbedienungsladen schmuggelt jemand einen Teil seiner Einkäufe am Kassierer vorbei. Der hat die Ware nicht gesehen, also auch keine Möglichkeit gehabt, darüber zu verfügen – und damit kein Verfügungsbewusstsein. Fazit: Kein Betrug, sondern Diebstahl.
Aber: Würden wir dieses Bewusstsein immer fordern, dann hätten wir bei manchen Betrugsarten echte Probleme. Zum Beispiel beim Forderungsbetrug. Da merkt das Opfer oft gar nicht, dass es gerade betrogen wird – etwa, weil jemand sich eine Forderung erschleicht oder es dem Opfer gar nicht auffällt, dass es auf einen berechtigten Anspruch verzichtet hat. Ein typischer Fall ist die Unterschriftserschleichung: Das Opfer unterschreibt irgendetwas, ohne zu ahnen, wofür es später genutzt wird. Oder jemand täuscht durch Unterlassen – sagt also absichtlich nichts, obwohl eine Information entscheidend wäre. In solchen Fällen passiert die Verfügung zwar, aber ohne dass das Opfer genau weiß, was da abgeht. Und trotzdem liegt ein Betrug vor.
Unmittelbarkeit beim Sachbetrug
Jetzt wird’s etwas technisch. Wenn man schon sagt, Betrug sei eine Selbstschädigung, dann muss die Verfügung des Opfers auch direkt zu einer Vermögensminderung führen – ohne dass dazwischen noch eine eigene, unabhängige Tat des Täters liegt.
Genau das meint das Unmittelbarkeitserfordernis. Es soll verhindern, dass wir dem Täter einen Betrug anhängen, wenn er in Wahrheit die Vermögensminderung erst durch eine eigene, zusätzliche Handlung herbeiführt. Denn dann sind wir eben doch eher im Bereich des Diebstahls oder eines anderen Delikts.
Beispiel: Der Täter täuscht das Opfer so, dass er unbemerkt in dessen Wohnung gelangt. Dort nimmt er später etwas mit. Hier hat das Opfer zwar die Tür geöffnet, aber nicht mit dem Wissen oder Willen, dass der Täter sich etwas nimmt. Die Vermögensminderung entsteht also nicht durch die Verfügung des Opfers, sondern durch die spätere Wegnahme. Kein Betrug.
Der Unmittelbarkeitsgedanke hilft also dabei, den Selbstschädigungscharakter des Betrugs zu betonen und ihn sauber vom Diebstahl abzugrenzen. Diese Sichtweise ist inzwischen auch ziemlich unumstritten.
Unmittelbarkeit beim Forderungsbetrug
Jetzt wird’s knifflig. Denn das, was beim Sachbetrug zur Abgrenzung so nützlich ist, wird beim Forderungsbetrug manchmal etwas überstrapaziert. Hier geht’s meist um Situationen, in denen der Täter sich eine Unterschrift erschleicht oder ein Formular später manipuliert. Zwei Beispiele:
Jemand lässt ein leeres Bestellformular unterschreiben und trägt danach eigenmächtig eine riesige Bestellung ein. Das Opfer hat zu diesem Zeitpunkt noch keinen echten Vermögensnachteil – der kommt erst später. Daher kein Betrug, sondern eher Urkundenfälschung. Oder jemand ändert eine Bestellung nachträglich ab – von 1.000 auf 5.000 Dübel – und schickt sie so los. Auch hier fehlt die unmittelbare Schädigung durch das Opfer selbst.
Man kann also sagen: Die starre Übertragung des Unmittelbarkeitserfordernisses auf den Forderungsbetrug ist nicht immer sinnvoll. Denn im Gegensatz zum Sachbetrug fehlt hier das Problem, zwischen Diebstahl und Betrug abzugrenzen. Deshalb gibt es Stimmen, die meinen: Beim Forderungsbetrug sollten wir lieber auf die objektive Zurechnung schauen – also darauf, ob der Schaden dem Opfer wirklich als eigene Entscheidung zugerechnet werden kann.
Kette von Verfügungen
Noch ein praktischer Punkt: Eine Vermögensverfügung muss nicht immer in einem Rutsch passieren. Gerade in größeren Organisationen läuft so eine Entscheidung oft über mehrere Stationen – und das ist völlig okay. Auch wenn am Ende der Schaden erst durch den letzten Akt entsteht, reicht es aus, wenn die ganze Kette ursprünglich auf einem Irrtum basiert. Das Ganze bleibt dann trotzdem eine einzige, durchgängige Verfügung im Sinne des Betrugs.
Beispiel gefällig? Ein Sachbearbeiter befürwortet einen Kreditantrag, weil er getäuscht wurde. Der Abteilungsleiter übernimmt die Einschätzung, der Kreditausschuss gibt grünes Licht – und erst damit fließt das Geld. Hier liegt zwar eine Kette mehrerer Verfügungen vor, aber alle beruhen auf dem ursprünglichen Irrtum. Also: Unmittelbarkeit gewahrt – und der Betrug steht.
Forderungsbetrug im Zwei-Personen-Verhältnis
Hier schauen wir uns ein paar klassische Fälle an, bei denen jemand versucht, sich eine Forderung zu erschleichen. Die große Frage, die sich in diesen Konstellationen stellt: Wann reicht es für einen Betrug nach § 263 StGB – und wann fehlt es an der „unmittelbaren“ Vermögensminderung, wie es die herrschende Meinung verlangt?
Unterschriftserschleichungen
Stell Dir vor, A hat sich in einem Strafprozess am Ende ziemlich entlarvt: Er hat sich die Unterschrift vom gutgläubigen O auf einem Formular besorgt – und das Ganze mit betrügerischem Hintergedanken. Nur eines ist unklar geblieben: Hat A das Formular schon vorher ausgefüllt, bevor O unterschrieben hat? Oder hat er erst später seine miesen Tricks eingetragen? Wenn A vorher schon alle falschen Angaben eingetragen hatte und O dann unterschreibt, liegt der Fall klar: Eingehungsbetrug. O wurde reingelegt, hat blind unterschrieben, und damit war sein Vermögen direkt gefährdet. § 263 StGB? Check.
Wenn A aber erst nachträglich die falschen Infos reinschreibt, wird’s kniffliger. Denn dann fehlt nach der klassischen Lehre die Unmittelbarkeit. Warum? Weil die Unterschrift von O noch keinen konkreten Vermögensnachteil bewirkt hat – der kam ja erst später durch As Nachbearbeitung. Einige Juristen sagen trotzdem: Die Gefahr war da, weil A die Unterschrift gleich ausnutzt. Aber weil man diese Gefahr nicht beziffern kann, reicht das nicht für § 263 StGB – zumindest nicht nach herrschender Meinung. Deshalb bleibt A in diesem Beispiel aus Sicht des klassischen Betrugsrechts straflos. Komisch, oder?
Noch blöder: Man weiß sicher, dass A was Illegales gemacht hat – aber man kann sich nicht entscheiden, ob’s nun Betrug oder Urkundenfälschung ist. Das wäre ein Fall für die Wahlfeststellung. Aber weil Betrug und Urkundenfälschung völlig verschiedene Unrechtskerne haben, klappt das hier nicht. A käme davon – obwohl klar ist, dass er schuldig ist. Jetzt kommt die Idee, das Ganze anders zu denken – mit der objektiven Zurechnung. Das heißt: Wir schauen nicht mehr auf eine mystische Unmittelbarkeit, sondern darauf, ob A durch sein Verhalten in zurechenbarer Weise den Schaden ausgelöst hat. Und siehe da: Selbst wenn A die falschen Angaben erst nach der Unterschrift reinschreibt, ist der Schaden trotzdem auf seine Tricks zurückzuführen. O wurde durch Täuschung zur Unterschrift gebracht, und A hat genau diese Unterschrift benutzt, um später das Formular zu manipulieren. Das reicht. Also: Auch bei Variante (2) liegt ein Betrug vor – und zwar zusammen mit Urkundenfälschung in Tateinheit. Happy End: A wird doch bestraft.
Erschleichen einer doppelten Zahlung
T ist auf Kaffeefahrten unterwegs und verkauft irgendwelchen Kram an gutgläubige Leute. Er lässt sich nicht nur Einzugsermächtigungen unterschreiben, sondern auch Überweisungsträger – angeblich „technisch notwendig“. Dann wartet er ein oder zwei Jahre, bis Gras über die Sache gewachsen ist, und reicht die Überweisungsträger ein zweites Mal ein. Zack – nochmal Geld.
Ein Landgericht fand: Schon bei der Übergabe der Überweisungsträger war das ein vollendeter Betrug. Der BGH sagt: Moment mal. Zum Zeitpunkt der Übergabe war noch gar nichts konkret gefährdet, weil T ja noch nicht mal versucht hat, das Geld zu holen. Und: Die Überweisungsanweisung ist widerruflich, solange sie nicht bei der Bank angekommen ist.
Also bastelt der BGH sich eine Konstruktion mit gestreckten Verfügungen, um das Ganze doch noch irgendwie als „unmittelbar“ zu retten. Ganz schön umständlich. Viel einfacher wird’s, wenn wir wieder mit objektiver Zurechnung arbeiten: T hat sich die Träger erschlichen und später genau das gemacht, was er von Anfang an geplant hatte – sich nochmal Geld geholt. Also liegt der Schaden zurechenbar bei ihm. Fertig.
Rezepterschleichung
T trickst sich bei verschiedenen Ärzten elf Rezepte für Schmerzmittel zusammen. Aber er reicht sie nicht ein. Hätte er das getan, wäre die Apotheke verpflichtet gewesen, das Medikament rauszugeben, und hätte dann das Geld von der Krankenkasse bekommen.
Das OLG sagt: Betrug! Warum? Weil zu erwarten war, dass er das Rezept einlöst – und das Einlösen sei nur ein kleiner Zwischenschritt. Ein echter Schaden wäre also schon durch das Erschleichen des Rezepts entstanden. Komisch nur, dass das Bezifferungsproblem – also: wie groß ist der Schaden eigentlich? – komplett ignoriert wird.
Wenn man aber sagt: Der Schaden entsteht erst mit dem Einlösen, und schaut dann auf den Zeitpunkt, an dem das passiert, wird alles klarer. Denn T hat das Rezept mit Täuschung bekommen, es aufbewahrt und dann irgendwann eingelöst. Der Arzt hat die Gefahr geschaffen – und T hat sie durch das Einlösen realisiert. Damit ist der Schaden objektiv zurechenbar.
Forderungsbetrug im Drei-Personen-Verhältnis
Wenn drei Leute im Spiel sind – also Verfügender, Geschädigter und Täter – müssen wir besonders gut aufpassen, ob zwischen dem, der über das Vermögen verfügt, und dem, der am Ende den Schaden trägt, eine besondere Nähebeziehung besteht. Das ist bei diesen Dreiecksbetrugsfällen oft der Knackpunkt.
Prozessbetrug
Stell Dir vor, ein Zeuge lügt im Prozess, damit der Kläger gewinnt. Das Gericht fällt ein Urteil, und der Beklagte wird zur Zahlung verdonnert – zu Unrecht. Ergebnis: Prozessbetrug. Der Zeuge hat das Gericht getäuscht, das Gericht hat auf Basis dieser Täuschung entschieden, und der Beklagte muss blechen. Zwischen Gericht (Verfügender) und Beklagtem (Geschädigter) gibt es eine Nähebeziehung über das Verfahren.
Rechtsscheinsfälle
V verkauft ein Buch, das eigentlich E gehört, an K. K glaubt, V ist der Eigentümer – ist er aber nicht. Trotzdem wird K Eigentümer, weil er gutgläubig kauft (§§ 929, 932 BGB). E verliert sein Eigentum. Jetzt stellt sich die Frage: Ist das ein Betrug zum Nachteil von K? Nein, denn K wurde gar nicht geschädigt – er hat das Buch ja bekommen. Ist es ein Betrug zum Nachteil von E? Das könnte sein, aber K und E hatten vorher keinen Kontakt – also keine Zurechnungseinheit. Also kein Betrug, sondern nur § 246 Abs. 2 StGB (Unterschlagung).
Heimlicher Forderungsverkauf
V verkauft seine Forderung gegen K an G. K weiß nichts davon. Dann mahnt V den K und bekommt von ihm trotzdem das Geld. K hat keine Ahnung, dass er eigentlich gar nicht mehr an V zahlen sollte. Ist K jetzt der Geschädigte? Nein – er ist raus, weil G die Zahlung gegen sich gelten lassen muss (§ 407 Abs. 1 BGB). Aber G hat verloren, denn er bekommt das Geld nicht. Der Schaden liegt bei ihm. Und weil zwischen K (Verfügender) und G (Geschädigter) durch die Abtretung ein Näheverhältnis entsteht, reicht das für § 263 StGB.
Vermögensschaden
Wenn wir über Betrug sprechen, geht es am Ende immer ums Geld – oder genauer: ums Vermögen. Und damit ist § 263 StGB nicht allein. Auch bei der Erpressung (§ 253 StGB) und der Untreue (§ 266 StGB) schauen wir ganz genau hin, ob unterm Strich ein Vermögensschaden entstanden ist. Das Problem: Was eigentlich genau zum „geschützten Vermögen“ gehört und wann ein Schaden vorliegt, ist gar nicht so einfach zu beantworten. Und genau deshalb lohnt es sich, hier ein bisschen tiefer einzusteigen. Versprochen, es lohnt sich!
Vermögensbegriff
Was ist überhaupt „Vermögen“? Das ist tatsächlich eine der umstrittensten Fragen im Strafrecht. Es gibt nicht nur eine Definition, sondern gleich mehrere, die sich im Detail ziemlich unterscheiden – je nachdem, aus welchem Blickwinkel man schaut. Zwei große Strömungen dominieren die Diskussion: der wirtschaftliche und der juristisch-ökonomische Vermögensbegriff. Beide denken wirtschaftlich, das ist ihre gemeinsame Basis. Der Unterschied? Die Frage, ob man alles, was irgendwie wirtschaftlichen Wert hat, einfach schützt – oder ob dieser Schutz nur für das gilt, was auch rechtlich anerkannt ist.
Die heute herrschende Meinung folgt dem juristisch-ökonomischen Vermögensbegriff. Der sagt: Geschützt ist nur das, was nicht nur wirtschaftlich wertvoll ist, sondern auch rechtlich okay. Also keine sittenwidrigen Verträge, keine verbotenen Deals.
Daneben gibt’s noch ein paar Fans vom sogenannten personalen Vermögensbegriff, der sich aber kaum von der herrschenden Meinung unterscheidet. Völlig aus der Mode ist der alte rein juristische Ansatz – der hat heute höchstens noch nostalgischen Wert.
Fangen wir mit dem wirtschaftlichen Vermögensbegriff an. Der sagt: Alles, was einen wirtschaftlichen Wert hat, gehört ins Vermögen – egal, wie legal oder moralisch das Ganze ist. Klingt erstmal einfach.
Und tatsächlich fallen darunter eine ganze Menge Dinge: Bargeld, Forderungen, Eigentum, Besitz, sogar dann, wenn der Besitz rechtlich nicht abgesichert ist, solange er wirtschaftlich wertvoll ist. Arbeitskraft, zum Beispiel auch von Prostituierten. Seit dem Prostitutionsgesetz von 2001 ist klar: Die sexuelle Dienstleistung ist zivilrechtlich erlaubt – und damit auch strafrechtlich geschützt. Wer solche Leistungen in Anspruch nimmt, ohne zahlen zu wollen, macht sich strafbar, sagt der BGH. Gilt übrigens auch für Telefonsex. Erwerbs- und Gewinnaussichten, wie z. B. Stammkundschaft, konkrete Chancen auf Zuschläge bei Ausschreibungen oder realistische Vollstreckungsaussichten. Gewinnchancen, zum Beispiel durch Lottoscheine oder Sportwetten – auch wenn sie statistisch vielleicht nicht besonders wahrscheinlich sind.
Was nicht dazugehört: Strafzahlungen wie Geldstrafen oder Bußgelder. Die haben keinen wirtschaftlichen Eigenwert – und das Strafrecht schützt keine staatlichen Ansprüche durch die Hintertür. Sachen ohne wirtschaftlichen Wert – wie z. B. wertlose Forderungen oder rein ideelle Interessen. Das ist der Unterschied zum Diebstahl: Der schützt auch Sachen ohne Wert (§ 242 StGB), der Betrug nicht.
Jetzt wird’s spannend. Denn auch wenn der wirtschaftliche Vermögensbegriff eine Menge schützt, hat er Schwächen. Zum Beispiel schützt er auch „Werte“, die aus sittenwidrigen oder verbotenen Geschäften stammen. Und da sagt der juristisch-ökonomische Begriff: Stopp! So was gehört nicht zum strafrechtlich geschützten Vermögen. Denn das Strafrecht soll keine Verträge schützen, die das Zivilrecht schon als nichtig einstuft.
Ein paar typische Fälle, wo sich die Geister scheiden:
Verbotene Aufträge: Stell Dir vor, jemand verspricht einem anderen Geld dafür, dass der ein Restaurant demoliert, Geld wäscht oder sogar jemanden umbringt. Die Leute erledigen ihren Auftrag, bekommen aber – Überraschung – kein Geld. Der wirtschaftliche Ansatz würde sagen: Klarer Betrug, schließlich wurde eine wirtschaftlich wertvolle Arbeitsleistung ohne Bezahlung erbracht. Aber die herrschende Meinung sieht das anders: Solche Verträge sind nichtig (§§ 134, 138 BGB), also gibt’s keinen rechtlich geschützten Anspruch auf Lohn – und damit auch keinen Vermögensschaden.
Nichtigkeit und Täuschung: „Auftraggeber“ zahlt zwar, aber mit Falschgeld – oder viel weniger als versprochen. Auch hier ist der Vertrag nichtig, also keine Vermögensposition. Kein Schaden im Sinne des § 263 StGB, sagt die h. M. – selbst wenn’s wirtschaftlich schmerzt. Auch das hat der BGH so bestätigt.
Besitz an illegalen Sachen: Ein Dieb verkauft eine gestohlene HiFi-Anlage an einen Käufer, der entweder nichts vom Diebstahl weiß oder selbst Dreck am Stecken hat. Der Käufer zahlt aber nicht – weder mit echtem Geld noch mit einem gedeckten Scheck. Jetzt wird’s richtig kontrovers. Der wirtschaftliche Ansatz sagt: Der Dieb hat einen wirtschaftlich wertvollen Besitz verloren – also Schaden. Die herrschende Meinung tut sich da schwerer. Aber: Auch sie kann in solchen Fällen anerkennen, dass ein rechtlich tolerierter Besitz (also einer, bei dem das Recht zwar nicht die Herkunft, aber den Besitz als solchen duldet) geschützt sein kann – zum Beispiel, um kriminelle „Selbstjustiz“ zu verhindern.
Unbewussten Selbstschädigung
Ein Teil der juristischen Literatur hat sich auf die Fahnen geschrieben, dass der Betrug nach § 263 StGB nur dann vorliegt, wenn sich das Opfer quasi selbst schädigt, ohne es überhaupt zu merken. Also: Nur wenn jemand durch eine Täuschung zu einer Entscheidung verleitet wird, von der er gar nicht merkt, dass sie ihm wirtschaftlich schadet – dann sei das ein Fall für den Strafrichter. Wenn das Opfer aber ganz bewusst eine Entscheidung trifft, die zu einer Vermögenseinbuße führt, etwa weil es Geld ohne Rechtsgrundlage überweist, dann – so die Vertreter dieser Richtung – liegt kein Betrug vor. Ihre Begründung: Der Betrug sei ein Selbstschädigungsdelikt. Und so ein Delikt greife eben nur dann, wenn die Schädigung sozusagen unter der Wahrnehmungsschwelle passiert.
Schauen wir uns das mal mit einem Beispiel an: F hat seinen Führerschein abgegeben, weil gegen ihn wegen Trunkenheit im Verkehr ermittelt wurde. Am Ende stellt sich heraus: Alles halb so wild, der Verdacht war unbegründet. Jetzt kommt aber der Staatsanwalt S auf eine ganz clevere Idee. Er erzählt dem F, er habe durch irgendeinen trickreichen Kniff im Verfahren dafür gesorgt, dass F den Lappen zurückbekommt – was natürlich völliger Quatsch ist. Dann meint er, dafür seien 300 Euro fällig. F zahlt und denkt, wow, dem S verdanke ich echt was, und holt sich ganz brav seinen Führerschein bei der Polizei wieder ab.
Die Lehre von der unbewussten Selbstschädigung würde hier sagen: Kein Betrug. Schließlich wusste F ja, dass er Geld zahlt – und dass er das freiwillig macht. Aber das überzeugt nicht. Der BGH hat in diesem Beispiel nämlich zu Recht entschieden: Das war sehr wohl Betrug. Auch wenn F bewusst gezahlt hat – er hat’s ja nur getan, weil er auf die Lüge des Staatsanwalts hereingefallen ist. Und genau deshalb: § 263 StGB greift hier. Punkt.
Trotzdem hat diese ganze Lehre durchaus eine gewisse Bedeutung – vor allem bei Fällen rund um Spenden, Betteln oder Schenkungen.
Spenden-, Bettel- und Schenkungsbetrug
Lass uns ein paar typische Fälle anschauen: Der „Bußgeld“-Trick: A hat Schulden und erzählt dem gutmütigen O, sie müsse 15.000 Euro Bußgeld zahlen. Um A aus der Patsche zu helfen, gibt O ihr das Geld. Der „Hunger“-Trick: In der Fußgängerzone sitzt B mit einem Schild: „Habe Hunger!“ S fühlt sich angesprochen und gibt ihm Geld – aber B kauft sich davon keinen Döner, sondern eine Flasche Wodka.
Wer – wie wir – sagt, dass auch bewusste Selbstschädigungen Betrug sein können, sieht hier kein Problem: Die Leute geben das Geld nur wegen der Lüge her. Und sie werden dadurch ärmer, weil das, was sie da hergeben, eben keinen Gegenwert hat. Also: Täuschung plus Vermögensschaden gleich Betrug.
Die Anhänger der Lehre von der unbewussten Selbstschädigung denken sich hier allerdings was anderes aus. Sie sagen: Na ja, die Leute wussten ja, dass sie das Geld hergeben. Das zählt für uns nicht. Um trotzdem irgendwie zum gleichen Ergebnis zu kommen, greifen sie zur sogenannten „Zweckverfehlungslehre„. Die sagt: Wenn jemand Geld gibt, um einen bestimmten Zweck zu erfüllen – etwa Hunger lindern – und dieser Zweck dann verfehlt wird, dann liegt darin eine unbewusste Selbstschädigung. Klingt erstmal logisch, hat aber einen Haken: Es ist gar nicht so einfach zu sagen, wann ein Zweck „verfehlt“ ist. Was ist ein „geschützter Zweck“? Und was nicht?
Interessant ist in diesem Zusammenhang ein Fall des BayObLG: Ein Sammler täuscht X, indem er behauptet, auch die Nachbarn hätten hohe Summen gespendet – daraufhin spendet X ebenfalls, in der Annahme, Teil einer größeren Hilfsaktion zu sein. Das Geld landet tatsächlich bei einem guten Zweck. Trotzdem wurde hier Betrug bejaht – obwohl der gespendete Betrag seinen Zweck ja erreicht hat. Und genau daran entzündet sich Kritik: Der Zweck wurde erfüllt, der Irrtum betraf also nur das „Drumherum“. Das ist dann aber kein Schaden, sondern nur ein Motivirrtum, der für § 263 StGB nicht reicht.
Der BGH hat diese Diskussion aufgenommen und klargestellt: Auch wenn bewusste Selbstschädigung grundsätzlich reicht, muss man in diesen Fällen besonders prüfen, ob der verfolgte Zweck tatsächlich verfehlt wurde. Wenn das Geld den gewünschten sozialen Zweck erfüllt, liegt kein Schaden vor. Anders ist es, wenn das Geld zwar für die Bahnhofsmission versprochen, aber heimlich für den nächsten Urlaub genutzt wird – dann ist der Zweck verfehlt, und das Vermögen weg. Klarer Fall: Betrug. Das gleiche gilt für einen Fall, bei dem ein Toilettenpächter einen Trinkgeldteller aufstellt, der so aussieht, als wäre er fürs Reinigungspersonal gedacht – das Geld aber selbst einsteckt. Auch hier liegt der Zweck klar daneben.
Saldierungsprinzip
Ein Vermögensschaden liegt nicht automatisch schon dann vor, wenn jemand etwas bezahlt. Es geht vielmehr um die Frage: Ist das Vermögen nach der ganzen Aktion weniger wert als vorher? Und zwar nicht gefühlt, sondern objektiv. Dafür vergleicht man, was das Opfer vor der Verfügung hatte und was es danach noch hat. Und damit sind wir beim Saldierungsprinzip. Es sagt: Nur wenn am Ende wirklich weniger da ist – also der Saldo negativ ausfällt – liegt ein Schaden vor. Wenn aber gleichzeitig ein gleichwertiger Vorteil ins Vermögen kommt, dann ist das Ganze unterm Strich ausgeglichen.
Aber: Nicht alles darf in diese Rechnung mit rein. Später mögliche Rückforderungen, Gewährleistungsrechte oder Schadensersatz – also alles, was nicht direkt mit der ursprünglichen Verfügung einhergeht – zählen nicht. Die kommen erst später, sind also nachträgliche Korrekturen. Für den Schaden zählt aber nur das, was unmittelbar mit der Täuschung zusammenhängt.
Ein Sonderfall ist der Eingehungsbetrug – wenn jemand durch eine Täuschung einen Vertrag eingeht. Wenn es da bereits von Anfang an klare und sichere Gegenrechte gibt, die jeder problemlos geltend machen kann, dann kann das dazu führen, dass gar kein Schaden vorliegt – weil sich alles ausgleicht.
Wichtig: Ein bloßes Ausbleiben von erwartetem Gewinn reicht nicht. Wenn also jemand durch eine Lüge einen Sonderrabatt erschleicht, der Verkäufer aber trotzdem noch den objektiven Wert bekommt – dann ist das kein Schaden. Der Gewinn ist kleiner, ja – aber das zählt nicht. Beispiel: T redet O einen teuren Kurs für 5.000 Euro schön, indem er ihm hohe Verdienstchancen vorgaukelt. Der Kurs ist sein Geld wert – aber die Verdienstchancen gibt’s natürlich nicht. § 263 StGB schützt solche Zukunftshoffnungen nicht. Es sei denn, man kann im Einzelfall nachweisen, dass das Vermögen durch die Enttäuschung wirklich konkret gefährdet ist.
Saldierung bei gegenseitigen Verträgen
Bei Verträgen schaut man sich immer beide Seiten an: Was bekommt das Opfer, was muss es dafür leisten? Nur wenn das, was es bekommt, weniger wert ist als das, was es gibt, liegt ein Schaden vor. Ist der Wert ausgeglichen, ist alles in Butter – auch wenn das Opfer bei Vertragsschluss einem Irrtum aufgesessen ist.
Kauft jemand zum Beispiel ein Produkt, weil ihm gesagt wurde, es sei ein Schnäppchen – in Wahrheit ist es aber nur normal bepreist. Kein Schaden, weil das Produkt seinen Wert hat. Auch wenn jemand denkt, er bekommt eine Provision und die fließt gar nicht – entscheidend ist: Hat der Vertragspartner das geliefert, was im Vertrag steht? Wenn ja, ist der Irrtum wieder nur ein Motivirrtum – und der reicht, wie gesagt, nicht aus.
Vorspiegelung werterhöhender Eigenschaften
Stell Dir vor, Du kaufst einen schicken Gebrauchtwagen. Der Verkäufer sagt Dir, das Ding sei unfallfrei, super in Schuss, gerade mal 50.000 Kilometer auf dem Tacho. Du bist happy, der Preis ist fair, also greifst Du zu. Was Du nicht weißt: Das Auto hat längst die 100.000er-Marke geknackt, und einen Unfall hatte es auch – allerdings einen, den man so nicht mal eben rauspoliert. Klingt wie Betrug? Ist es vielleicht auch – aber strafrechtlich ist das gar nicht so einfach.
Solche Fälle nennt man „Vorspiegelung werterhöhender Eigenschaften“ oder auch unechten Erfüllungsbetrug. Die Idee dahinter: Der Verkäufer macht das Produkt besser, als es wirklich ist. Bei der Hose aus „reiner Schurwolle“, die dann zur Hälfte aus Plastik besteht, läuft das ganz ähnlich. Du bezahlst 50 Euro, weil Du denkst, Du machst ein Schnäppchen – in Wirklichkeit bekommst Du nur das, was die Hose auch wert ist. Blöd gelaufen? Auf jeden Fall. Betrug? Kommt drauf an.
Die Gerichte sagen meistens: Nein. Warum? Weil § 263 StGB nur das schützt, was Du schon hast – Dein bestehendes Vermögen. Der Wunsch, etwas Besseres fürs Geld zu bekommen, zählt nicht. Du hast bezahlt, was das Ding wert ist, also fehlt Dir rein rechnerisch nichts. Dass Du dachtest, Du bekommst mehr, interessiert das Strafrecht erstmal nicht. Der Vertrag war zivilrechtlich zwar anfechtbar oder sogar minderbar – aber eben nicht strafbar.
Aber: Es gibt auch andere Stimmen. Die sagen: Moment mal! Wenn Dir jemand eine Schurwollhose verkauft, und Du bekommst Polyester, dann hast Du objektiv weniger bekommen als vereinbart. Und zwar egal, ob der Preis passt. Das wäre dann ein Vermögensschaden, weil Dir ein Anspruch auf etwas Hochwertigeres zusteht – und das hast Du nicht bekommen. Diese Meinung nennt sich wirtschaftliches Minus-Theorie. Klingt logisch, oder?
Nun kommt ein spannender Twist: Man unterscheidet zwischen dem unechten und dem echten Erfüllungsbetrug. Beim unechten Erfüllungsbetrug wird schon beim Vertragsabschluss geschummelt. Die Lüge ist also von Anfang an im Spiel. Der Käufer denkt, er bekommt etwas Hochwertiges, weil der Verkäufer das extra betont – obwohl er genau weiß, dass das nicht stimmt. Das Strafrecht sagt hier aber: Verpflichtung und Erfüllung gehören in so einem Fall zusammen, und wenn der Preis passt, liegt kein Schaden vor. Also kein Betrug – zumindest nach herrschender Meinung. Andere sagen: Doch, denn bei der Erfüllung wird Dir vorenthalten, was Dir eigentlich zusteht. Du wirst also sehr wohl geschädigt.
Beim echten Erfüllungsbetrug läuft’s ein bisschen anders. Da kommt der Betrug erst nach dem Vertragsabschluss. Stell Dir vor, der Verkäufer übergibt Dir erst die echte Schurwollhose, holt sie dann aber nochmal kurz „zum Verpacken“ zurück und gibt Dir heimlich eine Plastik-Version mit. Oder Du bestellst einen neuen Laptop, bekommst aber einen gebrauchten mit Kratzern geliefert, obwohl der Kaufvertrag eindeutig „neu“ sagt. Hier ist der Vertrag sauber – aber bei der Übergabe wird geschummelt. Und genau hier schlägt § 263 StGB zu.
In unserem Beispiel mit der Hose: Wenn der Verkäufer Dir erst eine hochwertige Hose zeigt, Du bezahlst, und er Dir dann hinterrücks eine billigere mitgibt – dann ist das ein klassischer Fall von echtem Erfüllungsbetrug. Denn ab dem Moment, wo Du Anspruch auf das gute Stück hast, gehört dieser Anspruch zu Deinem Vermögen. Und wenn Dir dann was Minderwertiges untergejubelt wird, ist das ein Vermögensschaden – ganz klar. Du bekommst weniger, als Dir zusteht.
Lehre vom persönlichen Schadenseinschlag
Stell Dir vor, jemand verkauft Dir etwas. Auf dem Papier sieht das fair aus: Du gibst Geld, bekommst dafür eine Leistung, etwa ein Produkt oder eine Dienstleistung. Die Rechnung geht auf – zumindest auf den ersten Blick. In so einem Fall würde man objektiv sagen: kein Schaden, alles im Lot. Kein Minus in Deiner Vermögensbilanz. Und eigentlich wäre damit der Betrug vom Tisch, denn § 263 StGB schützt ja nicht einfach Deine Entscheidungsfreiheit. Es geht nicht darum, ob Du Dich ärgerst oder Dich frei gefühlt hast, „Ja“ zu sagen – es geht um Geld. Um echte Verluste.
Aber wie so oft im Leben zeigt sich: So einfach ist es eben doch nicht immer. Denn es gibt Situationen, da bleibt die Vermögensbilanz zwar rein rechnerisch ausgeglichen, aber trotzdem hast Du verloren. Und das hat auch der BGH erkannt – mit einem Urteil, das die Rechtsprechung ganz schön durcheinandergewirbelt hat. Seitdem sind sich fast alle einig: Es gibt Ausnahmen. Es gibt Fälle, da zählt mehr als nur die objektive Geldrechnung. Da kommt es auf Dich an – auf Deine Bedürfnisse, Deine Situation, Deinen Zweck.
Genau hier setzt die Lehre vom individuellen Schadenseinschlag an. Ein sperriger Name, aber mit ziemlich menschlichem Kern. Sie sagt: Auch wenn Geld gegen Sache oder Leistung auf dem Papier passt – wenn Du damit in Deiner Lebensrealität nichts anfangen kannst, kann das trotzdem ein Schaden sein. Konkret schaut man dabei besonders auf drei Konstellationen.
Zunächst: Wenn Du mit dem, was Du bekommen hast, gar nichts anfangen kannst – und zwar nicht irgendwie im Sinne von „mag ich nicht“, sondern ganz grundsätzlich nicht. Der Klassiker wäre: Du bekommst eine Fachzeitschrift, die Du gar nicht verstehst, weil Du vom Thema null Ahnung hast. Oder Du wirst in einen Buchclub reingequatscht, obwohl Du weder liest noch Musik hörst, sondern lieber Serien bingst. Vielleicht wurde Dir sogar eine Waschmaschine verkauft – obwohl bei Dir schon eine neuwertige steht. Oder Du kriegst ein Lexikon aufgeschwatzt, das für Dich ungefähr so nützlich ist wie ein Heizlüfter in der Sahara. Das alles sind Situationen, in denen zwar irgendwas geliefert wurde – aber eben nicht das, was für Dich sinnvoll oder nutzbar wäre. Und das reicht, um einen Vermögensschaden zu begründen. Der Clou: Entscheidend ist nicht, wie Du persönlich die Sache findest, sondern ob ein neutraler Beobachter sagen würde: „Ja, das war aus Deiner Sicht wirklich unbrauchbar.“ Subjektives Empfinden allein genügt also nicht – aber es wird anerkannt, dass Deine Lebenssituation zählt.
Dann gibt es noch die Fälle, in denen Du Dich durch den Deal in eine missliche Lage manövrierst. Du musst zum Beispiel ein teures Darlehen aufnehmen oder andere Dinge unter Wert verkaufen, nur um den Kauf irgendwie zu finanzieren. Auch das kann ein Schaden sein, selbst wenn das, was Du bekommen hast, objektiv einen bestimmten Wert hat. Denn der Weg dorthin hat Dich wirtschaftlich geschwächt – und genau das spielt hier eine Rolle.
Und schließlich: Der Verlust an finanzieller Bewegungsfreiheit. Vielleicht hast Du Dir eine Verpflichtung ans Bein binden lassen, die Dir künftig kaum noch Luft lässt. Du kommst gerade so über die Runden – und plötzlich ist da diese neue Ausgabe, die alles kippt. Vielleicht musst Du jeden Cent umdrehen, weil Du durch den Deal kaum noch Deine Miete zahlen oder Deinen Alltag bestreiten kannst. Oder Du sitzt auf einer Forderung, die Du niemals wirst begleichen können – weil Du kein Einkommen und kein Vermögen hast. Auch hier sagt die Rechtsprechung: Das kann ein Vermögensschaden sein.
Diese Konstellationen zeigen: Manchmal muss man genauer hinsehen. Und manchmal geht es eben nicht nur um den objektiven Wert, sondern um die Frage, ob das, was Du bekommen hast, für Dich überhaupt einen echten Nutzen hat – oder ob es Deine Lage am Ende sogar verschlechtert.
Beispiele gibt’s viele: Der Gebrauchtwagen, der in der Anzeige als „reisefertig“ beschrieben wird – und dann nicht mal durch den TÜV kommt. Oder die Hose mit Kunststoffanteil, die für Allergiker wie Dich ein echtes Problem ist. Oder die Melkmaschine, die Dir als Lösung für Deinen Zehn-Kühe-Betrieb verkauft wurde – und dann gerade mal für drei Kühe taugt.
Und genauso gibt’s Gegenbeispiele: Du bekommst aus Versehen die vierfache Menge an Dübeln geliefert, aber kannst sie locker verwerten? Kein Schaden. Oder Du kaufst was, was Du nicht brauchst, kannst es aber ohne Probleme weiterverkaufen? Auch kein Schaden. Denn dann bleibt Dein Vermögen im Kern unangetastet – auch wenn der Deal nicht ganz optimal war.
Eingehungsbetrug und Gefährdungsschaden
In der Diskussion um den Eingehungsbetrug gibt es eine ganz zentrale Erkenntnis: Der Betrug kann bereits beim Abschluss eines Vertrags vorliegen – also auch, wenn der Vertrag noch nicht abgewickelt wurde. Der Eingehungsbetrug ist also ein vollendeter Betrug, der sich auf den Vertragsschluss selbst bezieht. Dabei wird der Wert des Vertrages auf beiden Seiten verglichen. Ein Vermögensschaden tritt ein, wenn der Wert der wechselseitigen Ansprüche des Vertrags so ist, dass auf der Seite des Betrugsopfers ein wirtschaftliches Minus entsteht.
Die Lehre vom Eingehungsbetrug stützt sich dabei auf die weit verbreitete Ansicht, dass bereits eine konkrete Vermögensgefährdung als Schaden anzusehen ist – nicht erst der tatsächliche Verlust. Dabei muss diese Gefahr für den Verlust des Vermögens so real und gravierend sein, dass sie nach wirtschaftlicher Betrachtung bereits eine Verschlechterung der aktuellen Vermögenssituation darstellt. Ein konkreter Fall des Eingehungsbetrugs tritt dann ein, wenn nach dem Vertragsschluss mit tatsächlichen wirtschaftlichen Nachteilen zu rechnen ist.
Es ist wichtig, das richtig zu verstehen: Die konkrete Vermögensgefährdung bedeutet nicht nur, dass der Schaden noch nicht eingetreten ist, sondern er zeigt sich in der bereits vorhandenen Gefahr. Die Juristen reden hier oft von einer schadensgleichen Gefährdung – aber das ist irreführend. Es geht tatsächlich darum, dass eine konkrete Gefährdung besteht, die eine Vermögensverschlechterung zur Folge hat. Der Begriff „Gefährdungsschaden“ beschreibt genau diesen Zustand: Ein Schaden, der nicht in einer tatsächlichen Vermögenseinbuße besteht, aber die Gefahr eines solchen Verlustes bereits erkennen lässt.
Das BVerfG hat 2010/2011 in zwei wichtigen Urteilen zu § 266 StGB und § 263 StGB klargestellt, dass es gegen die Begriffe des Gefährdungsschadens und des Eingehungsbetrugs keine grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Einwände gibt. Dabei wurde betont, dass die Unterscheidung zwischen Schaden und Gefährdungsschaden in einem marktorientierten Wirtschaftssystem durchaus Sinn macht, da sich hier die Preise durch Angebot und Nachfrage bilden. Diese Entwicklung spiegelt sich auch im Bilanzrecht wider, in dem die Bewertung von Vermögenswerten am Stichtag nach deren Marktwert oder dem tatsächlichen Wert erfolgt. Das BVerfG nannte als Beispiel den Abschluss eines Kreditvertrages, bei dem bereits mit einer Forderungsausfall gerechnet werden muss. Auch wenn der Vertrag noch nicht ausgeführt ist, wird hier das Vermögen der Bank negativ beeinflusst, weil die Gegenleistung des Schuldners unsicher ist.
Aber das Gericht machte auch deutlich, dass der Gefährdungsschaden und dessen Bezifferung nicht immer einfach sind. In solchen Fällen muss der Schaden gegebenenfalls genau ermittelt werden, oft mit Hilfe von Sachverständigen. Es wird ein Schaden festgestellt, wenn klar wird, dass eine zukünftige Gefahr für das Vermögen bereits jetzt eine schädliche Wirkung hat. Und ja, wenn die genauen Zahlen schwer zu fassen sind, kann der Schaden auch geschätzt werden – so lange klar ist, dass es sich um einen wirtschaftlich bedeutenden Verlust handelt.
Aber es gibt auch Fälle, in denen sich der Vertragspartner noch von seinen Verpflichtungen lösen kann – und das kann die Annahme eines Gefährdungsschadens verhindern. Zudem gibt es Meinungsverschiedenheiten darüber, ob der Eingehungsbetrug auch dann erfüllt ist, wenn der Vertragspartner noch einen Rücktrittsanspruch hat. Ein Rücktrittsrecht, das vor der Leistungserbringung genutzt werden kann, kann dazu führen, dass eine konkrete Vermögensgefährdung ausgeschlossen wird, weil der Vertragspartner das Risiko trägt, von der Vereinbarung zurückzutreten.
Weitere Fallgruppen zum Vermögensschaden
Gutgläubiger Erwerb
Es ist allgemein anerkannt, dass der Käufer einer gestohlenen Sache – auch wenn er sie gutgläubig erwirbt – trotzdem einen Vermögensschaden erleidet. Das liegt daran, dass er nicht wirklich Eigentum an der Sache erwirbt, obwohl er sie bezahlt hat (Stichwort: juristisch-ökonomischer Vermögensbegriff). Auch wenn der Kaufpreis deutlich unter dem Wert der Sache liegt, ist der Käufer hier trotzdem der Geschädigte. Warum? Ganz einfach: Der Käufer hat für etwas gezahlt, was ihm rechtlich nicht gehört, und kann damit keinen äquivalenten Gegenwert für sein Geld erwarten.
Ein Beispiel aus der Praxis: Wer ein funktionsfähiges, aber nicht lizenziertes Computerprogramm kauft, das ihm als rechtmäßig verkauft wird, und dabei aufgrund einer Täuschung über die Lizenzierung in den Besitz des Programms kommt, wird ebenfalls geschädigt – auch wenn er den Kaufpreis gezahlt hat.
Nun, was bedeutet das für den § 935 Abs. 1 BGB? Hier gibt es unterschiedliche Meinungen. Bei Drohungen zum Beispiel – und das betrifft ja auch das Strafrecht (§§ 240, 253, 255 StGB) – gibt es Meinungsverschiedenheiten. Eine Ansicht sagt, dass es bei einer Drohung immer zu einem Verlust des Besitzes kommt, ohne dass der Betroffene freiwillig zustimmt. Eine andere Ansicht ist enger und sagt, dass nur dann ein Besitzverlust vorliegt, wenn der Zwang so groß ist, dass er mit physischer Gewalt gleichzusetzen ist. Für uns heißt das: Es müsste eine qualifizierte Drohung vorliegen, damit sie für den gutgläubigen Erwerb nach § 935 BGB relevant ist.
Ein weiteres, bekanntes Problem in diesem Zusammenhang ist, ob auch bei einem gutgläubigen Erwerb ein echter Vermögensschaden vorliegt. Im Prinzip geht es dabei um die Frage: Kann man trotz des Erwerbs einer Sache in gutem Glauben immer noch von einer konkreten Gefährdung des eigenen Vermögens sprechen? Ein Beispiel verdeutlicht das gut: T mietet bei V einen Mercedes für 55.000 Euro. Er hat jedoch die Absicht, das Auto nicht zurückzugeben, sondern es zu verkaufen. Dafür lässt er sich von einem Dritten gefälschte Zulassungsbescheinigungen besorgen. K kauft den Mercedes dann von T – für 39.100 Euro. K ist gutgläubig, weil die Verdachtsmomente (günstiger Preis, gefälschte Papiere) nicht ausreichen, um ihm grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen. In diesem Fall gilt: Der Erwerb des Autos ist für K rechtlich in Ordnung, aber er hat auf keinen Fall einen echten Schaden erlitten, weil der Kaufpreis in etwa dem tatsächlichen Wert der Sache entspricht. Ein Schaden wird hier abgelehnt, da der gutgläubige Erwerb als vollwertige Gegenleistung angesehen wird.
Früher war man da noch etwas anders unterwegs, und es gab Theorien, die von einem „sittlichen Makel“ bei einem gutgläubigen Erwerb ausgingen. Aber mittlerweile ist diese Theorie überholt. Was bleibt, ist die Überlegung, ob der Käufer des gestohlenen Fahrzeugs aufgrund möglicher rechtlicher Konflikte später noch Schwierigkeiten bei der Verwertung der gekauften Sache hat. Solche Streitigkeiten könnten dazu führen, dass der gutgläubige Erwerb tatsächlich zu einem Vermögensschaden führt – auch wenn er auf den ersten Blick nicht erkennbar war.
Beispiel: Ein BGH-Fall aus 2015 behandelt einen Verkäufer, der eine gestohlene Ware mit falschen Papieren an einen gutgläubigen Käufer verkauft. Der Käufer hat zwar das Auto gekauft, doch später stellt sich heraus, dass es gestohlen war. Der Käufer hat trotzdem einen Schaden erlitten, da er die Ware im Grunde für nichts bekommen hat – sie hat keinen echten Wert, weil sie ihm nicht rechtmäßig gehört. Hier wäre der Schaden nicht nur der Kaufpreis, sondern auch die Verhinderung einer späteren Verwertung des Fahrzeugs durch den Käufer.
Darlehens-/Kreditbetrug und Sicherheiten als Ausgleichsfaktor
Bei einem Kreditbetrug, bei dem der Täter dem Gläubiger vorgaukelt, er könne den Kredit zurückzahlen, ist die Frage nach dem Vermögensschaden auch nicht ganz einfach. Wenn der Gläubiger für den Kredit Sicherheiten bekommen hat, die ihn später absichern (z. B. Grundschulden oder Pfandrechte), dann ist der Schaden eigentlich schon ausgeglichen. Der Gläubiger könnte im Fall der Fälle sein Geld ohne große Schwierigkeiten zurückbekommen, also besteht kein echter Vermögensschaden.
Das BVerfG hat die Frage nach der Werthaltigkeit von Sicherheiten aufgegriffen und festgestellt, dass der Schaden erst dann feststellbar ist, wenn klar ist, dass der Rückzahlungsanspruch des Darlehensgebers tatsächlich einen Minderwert hat. Hat der Darlehensnehmer von Anfang an keine Aussicht, den Kredit zurückzuzahlen, dann ist der Schaden in Höhe des Darlehens zu bewerten. Wenn er jedoch noch die Bereitschaft zeigt, das Darlehen teilweise zurückzuzahlen, ist der Schaden nicht gleich null.
In diesem Zusammenhang spricht der BGH auch von einem möglichen Zinsvorteil, falls der Täter einen Kredit zu einem günstigeren Zinssatz bekommen hat, als er es ohne die Täuschung geschafft hätte.
Erschleichen entgeltlicher Leistungen
Wenn jemand eine entgeltliche Leistung erschleicht, ohne dafür den vollen Preis zu zahlen, erleidet der Anbieter der Leistung einen Vermögensschaden. Das passiert oft beim Schwarzfahren oder dem „kostenlosen“ Besuch von Veranstaltungen, bei denen eine Täuschung vorliegt. In der Praxis bedeutet das: Die Leistung wurde genutzt, aber der Anbieter bekommt dafür nichts, was eigentlich erwartet worden wäre. Der Schaden entsteht, weil der Anbieter im Grunde eine Leistung ohne das entsprechende Entgelt erbringt.
Es gibt zwar die Schwierigkeit, diesen Schaden direkt zu beziffern, weil die Kosten oft unabhängig von der Nutzung anfallen. Aber man kann sagen, dass jede erbrachte Leistung einen gewissen wirtschaftlichen Wert hat, der nicht ersetzt wird, wenn der Käufer oder Nutzer der Leistung nicht zahlt.
Vortäuschen von Leistungsverpflichtungen
Stell Dir vor, Du bekommst eine Rechnung für eine Leistung, die nie erbracht wurde – das passiert, wenn jemand eine Leistungsverpflichtung vortäuscht. Der Trick besteht darin, dass eine Person Dich glauben macht, dass sie eine legitime Forderung hat, und Du daraufhin eine Zahlung vornimmst, obwohl keine echte Gegenleistung dahintersteht.
Ein besonders perfider Fall ist der Abrechnungsbetrug im Gesundheitswesen. Hier wird oft diskutiert, ob ein Arzt ohne kassenärztliche Zulassung wirklich Leistungen abrechnen darf, die er nicht erbringen konnte, oder ob das schon Betrug ist. Ein Beispiel, das hier auftaucht: Ein vorbestrafter Arzt setzt einen als Kassenarzt zugelassenen Kollegen ein, der seine Praxis eigentlich schon aufgegeben hat. Der Arzt bezahlt den Kollegen regelmäßig, aber das alles läuft darauf hinaus, dass die Krankenkasse in Wahrheit viel zu viel zahlt, weil beide zusammen mit den Kassenpatienten tricksen.
Die Frage nach dem Schaden hier ist umstritten. Die Gerichte sagen, dass der Schaden darin besteht, dass die Krankenkasse ohne Rechtsgrund so viel Geld überwiesen hat. Die juristische Diskussion dreht sich darum, ob diese Leistungen unter den rechtlichen Schutz fallen oder ob sie einfach keine „relevante Gegenleistung“ waren. Einige Juristen kritisieren, dass das Sozialrecht hier überbewertet wird, aber letztlich ist es wichtig, dass auch diese Unregelmäßigkeiten verfolgt werden. Und so zeigt sich, wie auch in diesem Fall der BGH, dass ein Vermögensschaden vorliegt, wenn ein Betrag zu Unrecht gezahlt wird.
Preisbildende Marktfaktoren
Manchmal zahlt man mehr, als eine Leistung eigentlich wert ist – und zwar nicht unbedingt, weil man es besser weiß, sondern weil der Markt es so vorgibt. Stell Dir vor, Du kaufst eine teure Markenbutter und bekommst stattdessen Butter, die aus einem weniger bekannten Anbaugebiet kommt, aber vom Geschmack her genauso gut ist. Du hast also für etwas mehr bezahlt, obwohl der Wert identisch ist. In solchen Fällen spricht man auch von einem Schaden, weil Du in die Irre geführt wurdest und mehr gezahlt hast, als das Produkt wirklich wert war.
Besitzverlust
Klar, wenn Du etwas im Besitz hast, was wirtschaftlich wertvoll ist, und es dann verlierst – sei es dauerhaft oder vorübergehend – dann ist das ein finanzieller Verlust. Der Besitz einer Sache hat in der Regel einen Wert, auch wenn Du sie nicht für immer behältst. Das Beispiel mit einem Auto: Wenn Du ein Auto leihst und es dann für eine Weile nicht mehr bekommst, kann das einen Vermögensschaden nach sich ziehen. Aber wenn es sich um etwas weniger Wertvolles handelt, wie ein Funkgerät, dann gibt es keinen echten Schaden.
Glücks- und Geschicklichkeitsspiele und Wetten
Im Bereich von Wetten und Spielen kann man dann von einem Schaden sprechen, wenn der Einsatz nicht dem entspricht, was man erwarten durfte. Ein Beispiel: Du nimmst an einem Gewinnspiel teil, aber der Veranstalter schiebt einige Gewinnlose zurück und manipuliert das Spiel so, dass Deine Chancen, zu gewinnen, minimiert werden. In so einem Fall hast Du einen Schaden, weil der Veranstalter die versprochenen Gewinnchancen nicht erfüllt hat. Besonders bei Wetten wird es spannend: Wenn der Wettanbieter Deine Gewinnchancen manipuliert, sodass Du mit Deinem Einsatz mehr Chancen hast als andere, dann verschiebt sich das Risiko und es entsteht ein Schaden, den man als Quotenschaden bezeichnen kann.
Versicherungsverträge
Im Zusammenhang mit Versicherungen kommt es oft vor, dass Menschen durch Täuschung einen Vertrag abschließen, den sie unter normalen Umständen nie bekommen hätten. Nehmen wir an, jemand gibt falsche Angaben zu Vorerkrankungen, um eine Lebensversicherung zu einem günstigeren Preis abzuschließen. In diesem Fall liegt der Schaden im Unterschied zwischen dem Preis, den die Versicherung bei korrekten Angaben verlangt hätte, und dem, was die Person tatsächlich gezahlt hat.
Ein besonders krasser Fall ist der, dass jemand eine Lebensversicherung abschließt, um später den Versicherungsfall – etwa den Tod – zu fälschen und so eine hohe Auszahlung zu erhalten. In diesem Fall stellt sich die Frage, ob bereits beim Vertragsabschluss ein Schaden entsteht. Manche glauben, dass dies der Fall ist, weil der Vertrag auf falschen Annahmen beruht und der Versicherer sich auf ein nicht korrektes Risikoprofil eingelassen hat. Aber auch hier gibt es viele rechtliche Diskussionen darüber, wie man den Schaden genau berechnen kann.
Anstellungsbetrug
Hier geht es darum, ob jemand zu Unrecht eine Stelle bekommt – sei es im öffentlichen Dienst oder in der Privatwirtschaft – und dabei das Gehalt für Leistungen kassiert, die er nicht erbringen kann. Der Schaden tritt in dem Moment auf, wenn der Arbeitgeber oder Dienstherr mehr zahlt, als die Arbeitskraft tatsächlich wert ist. Besonders bei Beamtenstellen wird das häufig thematisiert: Wenn jemand die fachlichen Anforderungen nicht erfüllt und trotzdem eingestellt wird, dann führt das zu einem Schaden, der sich sowohl in den Gehaltszahlungen als auch in der rechtlichen Verantwortung widerspiegeln kann. In solchen Fällen wird oft auch das Konzept des Eingehungsbetruges diskutiert, das besagt, dass der Schaden schon beim Abschluss des Vertrags entsteht, auch wenn die Bezahlung erst später erfolgt.
Ausschreibungs- oder Submissionsbetrug
Stell Dir vor, Du bist auf einer öffentlichen Ausschreibung, und plötzlich wird aus dem, was eigentlich ein fairer Wettbewerb sein sollte, ein ziemliches Durcheinander. Es geht darum, wie einige Unternehmen untereinander geheime Preisabsprachen treffen. Sie machen das, um den Wettbewerb zu behindern – das ist laut § 1 GWB ein ganz klares No-Go, vor allem bei öffentlichen Ausschreibungen. Aber auch bei freihändigen Vergaben, wo sich öffentliche oder private Auftraggeber direkt an mehrere Unternehmen wenden, passiert das.
Die ganze Sache läuft oft so: Ein Unternehmen lässt sich darauf ein, das günstigste Angebot abzugeben, während die anderen in der Runde sich mit ihm einigen, dass er im Gegenzug Ausgleichszahlungen leistet. Das bedeutet, die Angebote werden nicht aus eigenem Kalkül abgegeben, sondern im Vorfeld besprochen – eine fiese Täuschung. Das ist der Moment, in dem das Angebot quasi ohne ein ehrliches Wettbewerbsspiel zustande kommt.
Die Frage, die sich hier stellt, ist: Wo liegt eigentlich der Schaden für den Auftraggeber? Das kann knifflig sein, vor allem bei großen Projekten, wo es keinen klaren Marktpreis gibt. Der BGH sieht das aber so: Ein Schaden entsteht immer dann, wenn der Preis, den der Auftraggeber mit einem Anbieter ausgehandelt hat, höher ist als der hypothetische Preis, den er bei einem richtigen Wettbewerb hätte erzielen können.
Letztlich stellt der BGH klar, dass der Schaden in dem Fall der Differenz zwischen dem vereinbarten Preis und dem tatsächlichen Marktpreis besteht – selbst wenn der vereinbarte Preis auf dem Papier fair aussieht. Kritiker werfen dem BGH vor, dass hier nur eine Möglichkeit auf einen günstigeren Preis verloren geht, was eigentlich keine strafbare Handlung im Sinne des § 263 StGB sein sollte. Aber der BGH lässt sich nicht so leicht aus der Ruhe bringen, auch wenn einige diese Sichtweise anzweifeln – es bleibt dabei: Die rechtlichen Gedanken des BGH erscheinen schlüssig und gut fundiert.
Bereicherungsabsicht
Erstreben eines Vermögensvorteils
Für die Bereicherungsabsicht muss der Täter ein Ziel verfolgen: einen Vermögensvorteil. Das bedeutet, er will seine finanzielle Lage verbessern, also mehr wirtschaftlichen Wert für sich herausholen. Das Ziel kann auch sein, einen Schadensersatzanspruch abzuwehren. Dabei ist entscheidend, dass die Bereicherungsabsicht sowohl eigennützig als auch fremdnützig sein kann.
Absichtsbegriff
Die Absicht wird als zielgerichtetes Handeln verstanden – sprich, der Täter verfolgt einen klaren Zweck. Es muss ihm also darauf ankommen, sich selbst oder einem Dritten zu bereichern. Dabei muss die Bereicherung nicht unbedingt das Endziel sein. Es reicht, wenn er darauf hinarbeitet, bestimmte Zwischenziele zu erreichen, die ihm erst den Weg zu seinem Endziel ebnen. Zum Beispiel: Eltern, die durch Betrug Geld von anderen stehlen, um die teure, lebenswichtige Operation für ihr Kind zu finanzieren. Hier liegt eine klare Bereicherungsabsicht vor – auch wenn das eigentliche Ziel das Wohl des Kindes ist, ist der finanzielle Vorteil für die Eltern der Schlüssel zum Erfolg.
Stoffgleichheit
Ein wichtiger Punkt ist die Stoffgleichheit – und das sorgt oft für Kopfzerbrechen. Hier geht es darum, dass die Bereicherung und der Schaden zusammenhängen müssen. Die Bereicherung, die der Täter anstrebt, muss direkt aus dem Schaden des Opfers kommen – und sie muss sich im geschädigten Vermögen widerspiegeln. Das heißt nicht, dass sie identisch sein müssen, aber sie sollten eine Art Spiegelbild sein.
Der Tierarzt beispielsweise, der dem Hundebesitzer vorgaukelt, der Hund sei unheilbar krank, um ihn dazu zu bringen, den Hund töten zu lassen. Das übliche Honorar von 50 Euro ist für den Tierarzt nur ein „Nebeneffekt“, weil er viel mehr auf die Belohnung von 1.000 Euro hofft, die ihm ein Dritter versprochen hat. Da das Honorar nicht aus dem Vermögen des Hundebesitzers stammt, fehlt hier die Stoffgleichheit.
Rechtswidrigkeit
Der Täter muss sich bewusst sein, dass der Vermögensvorteil, den er anstrebt, rechtswidrig ist. Das ist ein objektives Tatbestandsmerkmal, das in die Tatbestandsprüfung gehört.
Wenn der Täter also einen fälligen und einredefreien Anspruch hat und diesen durch eine Täuschung durchsetzt, liegt kein Betrug vor – selbst, wenn er sich dazu rechtswidriger oder unlauterer Mittel wie etwa gefälschter Urkunden bedient.
Schwierig wird es, wenn der Täter sich täuscht, dass er tatsächlich einen fälligen und einredefreien Anspruch hat. In diesem Fall könnte der Täter möglicherweise nicht vorsätzlich handeln, sondern sich in einem Tatbestandsirrtum befinden, was den Vorsatz ausschließt. Ein Beispiel: Wenn jemand Sozialhilfe bezieht und glaubt, keine leistungsrelevanten Einkünfte zu haben, handelt er unvorsätzlich in Bezug auf die Rechtswidrigkeit des Vorteils. Im umgekehrten Fall, wenn der Täter glaubt, einen nicht bestehenden Anspruch durchsetzen zu können, kommt es auf die genaue Betrachtung an: Hier liegt der Fall des untauglichen Versuchs oder eines Wahndelikts vor.