Bevor die Versicherung überhaupt zahlen muss, kann schon der Staatsanwalt klingeln – und zwar wegen Versicherungsmissbrauchs. § 265 StGB ist sozusagen der kleine, fiese Bruder vom Betrug nach § 263 StGB. Der kommt ins Spiel, wenn schon im Vorfeld manipuliert wird, um später bei der Versicherung abzukassieren. Klingt nach einem Plan? Genau darum geht’s – und genau das kann strafbar sein.
Ganz grundsätzlich schützt diese Vorschrift das Vermögen der Versicherung. Also nicht das gute Stück im Carport oder die Designercouch, sondern den Geldbeutel der Versicherungsgesellschaft. Strafbar ist nämlich nicht erst das Täuschen oder Kassieren, sondern schon das Herumtricksen mit versicherten Sachen, um später vielleicht eine Leistung abzugreifen.
Tatobjekt
Erster Punkt auf der Checkliste: Es braucht eine versicherte Sache. Die muss gegen einen der folgenden Fälle abgesichert sein: Untergang, Beschädigung, Verlust, Diebstahl oder eine eingeschränkte Brauchbarkeit. Also alles, was wehtut, wenn es passiert – und wofür man die Versicherung haben will.
Tathandlung
Dann muss mit dieser versicherten Sache auch irgendetwas passieren, genauer: sie wird beschädigt (zack – ein Kratzer im Auto), zerstört (Boom – das Auto brennt ab), in ihrer Brauchbarkeit beeinträchtigt (ein E-Auto ohne Akku ist halt nur ein Haufen Plastik), beiseite geschafft oder jemand anderem überlassen.
Klingt erstmal klar – aber was heißt „beiseite schaffen„? Hier wird’s spannend: Gemeint ist jedes Verbringen der Sache an einen Ort, an dem die Versicherung sie nicht mehr oder nur schwer erreichen kann. Also: verstecken, verschieben, verschwinden lassen – Hauptsache, die Versicherung glaubt, das Ding sei futsch. Reine Worte wie „Ich hab’s verloren!“ reichen aber nicht. Es muss wirklich eine physische Veränderung passieren. Die Versicherung will’s nicht nur hören, sie will es spüren.
Und „überlassen„? Das bedeutet, dass jemand anderem die Sachherrschaft eingeräumt wird – also etwa, wenn man sagt: „Hier, nimm den Wagen und fahr, wohin Du willst.“
Klassiker in der Klausur: Die Sache geht durch einen Brand kaputt – und jetzt kommt die Pyro-Frage: Wenn das Ganze in einen Fall von § 306a oder § 306b StGB hineinläuft, also Brandstiftung, dann stellt sich die Frage: Ging’s hier vielleicht nur darum, den Versicherungsmissbrauch zu ermöglichen? Dann greift § 306b Abs. 2 Nr. 2 StGB – und das gibt dann richtig Feuer unterm Hintern.
Subjektiver Tatbestand
Jetzt wird’s ernst: Es braucht Vorsatz und obendrauf noch eine ganz bestimmte Absicht: nämlich sich selbst oder jemand anderem eine Leistung aus der Versicherung zu verschaffen. Es reicht also nicht, dass man weiß, was man tut – man muss es wollen, und zwar genau dafür. Und das nennt sich: dolus directus 1. Grades.
Früher nannte man das Ganze „betrügerische Absicht“. Heute fragt man nicht mehr danach, ob einem die Versicherung das Geld eigentlich zusteht oder nicht. Entscheidend ist: Wollte der Täter, dass eine Zahlung fließt – egal, ob rechtens oder nicht.
Und wenn das nicht nur für einen selbst, sondern auch für jemand anderen gelten soll, muss man zeigen: Die Absicht bezieht sich auch auf die andere Person. Beispiel gefällig? A und B tun sich mit Eigentümer E zusammen. E ist gerade nicht da – aber alle sind sich einig: Es soll so aussehen, als wäre der gegen Diebstahl versicherte Pkw gestohlen worden. A und B „klauen““ also das Auto und kassieren dafür eine Belohnung von E. E meldet den „Diebstahl“ bei der Versicherung. A und B haben den Wagen beiseite geschafft. Check. E hat ihn überlassen. Check. Jetzt muss man genau hinschauen: Hatten A und B die Absicht, dass E die Versicherungsleistung bekommt? Oder wollten sie einfach nur die Belohnung? Wenn die Belohnung der einzige Antrieb war, könnte man die Absicht verneinen. Aber: Wenn sie wussten, dass E die Versicherung anlügen will – und das Teil des Deals war – dann spricht einiges dafür, dass auch sie sich mit seiner Bereicherung identifiziert haben. Dann liegt die Absicht vor. Wenn nicht? Dann kann man sie zumindest als Gehilfen zum Überlassen durch E drankriegen – straflos ist das also auf keinen Fall.
Tätige Reue
Schade, aber es gibt kein richtiges Rücktrittsmodell wie beim Versuch. Trotzdem wird diskutiert, ob man – ganz analog – so etwas wie tätige Reue gelten lassen könnte, wenn die Versicherung letztlich nicht geschädigt wird.
Beispiel: Der Täter will den Pkw durch einen Hehler „verschwinden lassen“, kriegt dann aber kalte Füße und sorgt dafür, dass der Typ festgenommen wird.
Oder jemand zerdeppert die Fenster seines Hauses, um eine Glasversicherung zu ziehen – aber zeigt sich dann reumütig bei Polizei oder Versicherung.
Klingt ehrenhaft? Ja. Aber das Gesetz hat’s eben nicht geregelt. Und weil die Diskussion schon zur alten Version des § 265 StGB geführt wurde, aber das neue Gesetz (seit 1998) trotzdem nichts dazu sagt, bleibt’s bei der Erkenntnis: Wer vorher aufhört, kommt trotzdem nicht unbedingt ungeschoren davon.