Was passiert, wenn jemand nicht nur klaut, sondern dabei auch ordentlich Druck macht – also richtig einschüchtert oder sogar zuschlägt? Dann sind wir im Revier des Raubs. Und Raub ist mehr als nur ein schwerer Diebstahl: Er ist ein eigenes Delikt, bei dem Diebstahl und Nötigung zusammenkommen. Stell Dir also vor: Jemand entreißt Dir mit Gewalt oder einer Drohung Deine Tasche – das ist nicht mehr bloß Diebstahl, sondern Raub.

Was schützt das Gesetz hier eigentlich? Kurz gesagt: Genau wie beim § 242 StGB muss also der Gewahrsam verletzt sein. Und wie bei § 240 StGB muss es eine Zwangssituation geben. Der § 249 StGB nimmt sich das Schlimmste aus beiden Welten.

Wegnahme einer fremden beweglichen Sache

Wie beim Diebstahl: Es geht um etwas, das nicht dem Täter gehört, das man anfassen und mitnehmen kann – und das er sich aneignet, indem er den Gewahrsam bricht.

Qualifiziertes Nötigungsmittel

Hier trennt sich die Spreu vom Diebstahl-Weizen: Nicht jede Nötigung reicht aus, sondern nur besonders krasse Mittel. Und zwar:

Gewalt gegen eine Person

Aber was heißt das genau? Gewalt ist jede körperliche Einwirkung, durch die jemandem ein Widerstand gebrochen werden soll. Und das muss sich bei Raub direkt oder mittelbar auf einen Menschen beziehen – also nicht nur auf Gegenstände. Psychische Gewalt oder das Zerkratzen eines Autos reichen nicht aus.

Klarere Beispiele: Festhalten, Fesseln, Schlagen – alles, was körperlich wehtut oder einschränkt. Jemandem Drogen verabreichen, ihn betäuben oder in einen Raum einsperren – auch das ist Gewalt gegen eine Person. Auch wenn jemand mit einem Auto einen Radfahrer so einzwängt, dass dieser sich nicht mehr wehren kann, liegt Gewalt vor.

Was zählt nicht als Gewalt gegen eine Person? Ein Fahrrad platt machen, damit der Besitzer nicht zurückkommt. Türen verbarrikadieren, um Menschen draußen zu halten. Tiere quälen, um Menschen emotional unter Druck zu setzen.

Gewalt gegen Schlafende oder Bewusstlose

Auch hier: Wenn es darum geht, den Widerstand eines Wehrlosen zu verhindern oder mögliche Störungen auszuschalten, kann das Gewalt im Sinne von § 249 StGB sein. Einfach nur jemanden wegtragen, damit man in Ruhe klauen kann? Reicht allein nicht – es muss auch um das Ausschalten von Widerstand gehen.

Handtaschen-Fälle: Die Klassiker

Diese Fälle sind Paradebeispiele für die Frage: Wo hört Diebstahl auf, wo fängt Raub an?

Wenn der Täter besonders geschickt, schnell und überraschend vorgeht – und der Widerstand erst gar nicht entstehen kann – dann ist es meistens nur Diebstahl. Greift er aber mit roher Kraft an, um die Tasche aus der Hand zu reißen, kann das ein Raub sein.

Beispiele: Ein Mopedfahrer reißt im Vorbeifahren einer Frau die Tasche von der Schulter, bevor sie reagieren kann – kein Raub, sondern Diebstahl. Die Tasche wird festgehalten, der Täter muss zerren und ziehen – hier wird’s dann doch Raub. Das Wegschieben einer schützenden Hand kann Gewalt sein – aber nur, wenn das Opfer nicht ohnehin schon widerstandsunfähig ist. Eine Halskette einfach abreißen oder eine Autotür blockieren reicht nicht – das ist nicht der richtige Gewalttyp.

Bedrohen mit einer Schusswaffe

Früher wurde das manchmal als Gewalt gewertet, heute sagt man: Das ist eine klassische Drohung. Wer mit der Knarre wedelt, der kündigt ein Übel an – und das passt besser zur Drohungsvariante.

Gewalt gegen Dritte

Auch das ist möglich – aber nur, wenn diese Dritten nach Tätervorstellung bereit wären, den Besitz zu verteidigen. Quält also jemand ein Kind, um den Vater zur Herausgabe zu zwingen, dann ist das keine Gewalt gegen eine verteidigungswillige Person – sondern eine Drohung.

Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben

Was ist eine Drohung? Wenn jemand ein Übel in Aussicht stellt, das eintreten soll, falls sich das Opfer nicht fügt – und der Täter das Ganze kontrollieren kann oder zumindest so tut.

Wichtig ist: Das Opfer muss die Drohung ernst nehmen. Es reicht also nicht, dass der Täter weiß, dass seine Pistole nur ein Spielzeug ist – wenn das Opfer Angst hat, zählt’s.

Auch Fake-Waffen oder Schein-Drohungen können reichen – solange sie den gewünschten Schrecken auslösen.

Und was muss da angedroht werden? Etwas richtig Ernstes – Lebensgefahr oder zumindest eine erhebliche Körperverletzung. Eine harmlose Backpfeife reicht nicht.

Auch Dritte dürfen bedroht werden – sogar Passanten oder Kunden, wenn der Täter hofft, dass diese den Besitz verteidigen könnten. Entscheidend ist, ob der Bedrohte durch das angedrohte Übel zu einem Verhalten gezwungen wird.

Zusammenhang zwischen Nötigungsmittel und Wegnahme

Das Ganze funktioniert nur, wenn der Täter das Nötigungsmittel gezielt einsetzt, um die Wegnahme zu ermöglichen – also mit dem Ziel, sich die Sache zu holen. Es geht also um einen subjektiven Zusammenhang: Ohne Gewalt oder Drohung keine Wegnahme – und genau das muss der Täter auch so gewollt haben.

Okay, jetzt wird’s etwas technischer – aber keine Sorge, wir nehmen Dich mit: Der Raub ist nämlich nicht einfach nur eine Mischung aus Nötigung und Diebstahl, sondern ein ziemlich spezieller Cocktail. Und damit das Ganze strafrechtlich als Raub durchgeht, braucht es zwischen der Nötigungshandlung (also der Gewalt oder der Drohung) und der Wegnahme einen engen Zusammenhang. Das ist nicht bloß ein juristisches Bauchgefühl, sondern knallhartes Tatbestandsmerkmal.

Dieser Zusammenhang besteht aus zwei Komponenten – einer objektiven und einer subjektiven. Und beide müssen sitzen.

Zeitlich-räumlicher Zusammenhang

Erst mal zur äußeren, objektiven Form: Zwischen der Nötigung und der Wegnahme darf kein großer Bruch sein – weder in der Zeit noch im Raum. Klassisches Beispiel: Ein Dieb schlägt jemanden bewusstlos, nimmt ihm sofort danach die Tasche ab und haut ab. Das ist ein typischer Fall von Raub – alles passiert in einem Rutsch.

Aber: Wenn der Täter die Drohung heute ausspricht („Morgen wirst Du sehen, was passiert!“) und dann nächste Woche irgendwo auflauert, sieht das schon anders aus. Da fehlt der unmittelbare Zusammenhang. Es muss also eine Art einheitliches Geschehen sein – wie bei einem Actionfilm, bei dem Gewalt und Griff in die Tasche zur selben Szene gehören.

Manchmal ist das auch dann noch okay, wenn der Täter die Gewalt nutzt, um das Opfer zu fesseln oder kampfunfähig zu machen – und sich erst nach einer kurzen Pause bedient. Entscheidend ist: Die Wegnahme muss unter dem Eindruck der Nötigung stehen. Wenn das Opfer also noch durch die vorangegangene Gewalt gelähmt, eingeschüchtert oder kampfunfähig ist, kann der Zusammenhang bestehen bleiben.

Und es gilt: Je länger der zeitliche Abstand, desto enger muss der innere, also subjektive Zusammenhang sein. Und damit sind wir beim nächsten Punkt.

Finalzusammenhang

Jetzt tauchen wir in den Kopf des Täters ein. Die große subjektive Frage lautet: Warum hat er Gewalt angewendet oder gedroht? Ging es ihm gerade darum, das Opfer gefügig zu machen, um ihm die Sache abzunehmen? Wenn ja – Haken dran. Dann liegt der Finalzusammenhang vor.

Dieser innere Zusammenhang ist das Herzstück der Raubprüfung. Ohne ihn: kein Raub. Der Täter muss also die Nötigung bewusst als Mittel zur Wegnahme einsetzen. Juristisch ausgedrückt: Die Nötigung muss final auf die Wegnahme gerichtet sein. Das klingt erstmal sperrig, heißt aber nichts anderes als: Die Gewalt oder Drohung war nicht bloß eine Nebensache, sondern das Werkzeug zum Ziel.

Ein kleiner Trick, um sich das zu merken: Stell Dir vor, der Täter macht einen Plan. Wenn da steht „Erst einschüchtern, dann klauen“ – dann bist Du beim Raub. Wenn da steht „Erst prügeln, dann überlegen, was ich noch holen kann“ – dann bist Du eher bei gefährlicher Körperverletzung plus Diebstahl.

Noch ein Beispiel: A schlägt B nieder, weil B ihm seit Jahren auf die Nerven geht. Dann sieht A die Rolex an Bs Handgelenk und denkt sich: „Na, wenn der schon liegt …“ (Vorsatzwechsel) – kein Finalzusammenhang, also auch kein Raub.

Oder anders: A haut B aufs Maul, um ihn kampfunfähig zu machen und ihm die Tasche zu klauen – Finalzusammenhang liegt vor. Raub.

Ein bisschen tricky wird’s, wenn die Nötigung auch anderen Zwecken dient – also nicht nur zur Wegnahme, aber eben auch. Hier sagt die Rechtsprechung: Solange die Wegnahme mit eine Rolle spielt und die Gewalt nicht nur „so nebenbei“ passiert, kann der Finalzusammenhang trotzdem gegeben sein.

Subjektiver Tatbestand

Jetzt schauen wir, was der Täter wollte. Es muss Vorsatz bzgl. aller objektiven Merkmale vorliegen und Zueignungsabsicht wie beim Diebstahl: Wenn er also etwas nur zerstören oder wegwerfen will, fehlt die Zueignungsabsicht – und damit auch der Raub. Wenn der Täter glaubt, ihm stehe die Sache zu (z. B. weil der andere ihm Geld schuldet), dann fehlt die Rechtswidrigkeit der beabsichtigten Zueignung – und der Vorsatz kann entfallen.