Der Vertrag ist das Herzstück des Rechtsgeschäfts. Er entsteht, wenn zwei Menschen sich mit korrespondierenden Willenserklärungen einig werden. Kurz gesagt: Du machst ein Angebot, der andere nimmt es an – und schon ist der Vertrag da. Das steht in den §§ 145 ff. BGB geregelt, und diese Normen erzählen uns, wie das üblicherweise abläuft, also Angebot und Annahme. Stell Dir das vor wie bei einer eBay-Auktion – nur ohne Stress, wenn sie abgebrochen wird.
Vertragsschluss
Angebot
Ein Angebot ist eine Willenserklärung, die an eine andere Person gerichtet ist und mit der Du sagst: „Hier, das möchte ich mit Dir so regeln.“ Damit es gilt, muss das Angebot erstens ankommen, also zugehen, und zweitens darf es keine rechtlichen Hindernisse geben, die es unwirksam machen. Inhaltlich sollte das Angebot so genau sein, dass Dein Gegenüber nur noch „Ja“ sagen muss, um den Vertrag zu besiegeln. Man nennt das essentialia negotii – die wichtigen Bestandteile, die einfach klar sein müssen.
Wichtig ist der Unterschied zur invitatio ad offerendum. Das ist keine echte Einladung zum Vertragsschluss, sondern bloß eine Aufforderung an andere, Dir Angebote zu machen. Zum Beispiel, wenn Du etwas im Schaufenster siehst oder eine Zeitungsanzeige liest, ist das erstmal nur eine Einladung, Dich zu melden – kein bindendes Angebot. Der Unterschied liegt darin, ob der Absender wirklich verbindlich sein will oder nicht.
Ein Beispiel für ein echtes Angebot an „unbestimmte Personen“ wäre ein Warenautomat, der Dir anbietet, gegen Zahlung Waren auszugeben – hier will der Betreiber wirklich mit jedem Kunden einen Vertrag abschließen, solange der Vorrat reicht (offerta ad incertas personas).
Annahme
Wenn Du ein Angebot bekommst, musst Du es annehmen, damit der Vertrag entsteht. Auch die Annahme ist eine Willenserklärung, die beim Anbietenden ankommen muss, um wirksam zu sein. Dabei reicht es, wenn Du zustimmst, wie das Angebot ist – ohne zusätzliche Bedingungen oder Änderungen.
Wenn Du etwas anderes willst, gilt das nicht mehr als Annahme, sondern als Ablehnung mit neuem Angebot.
Manchmal passiert es, dass sich zwei Erklärungen überschneiden und zufällig passen. Solange beide Parteien denken, sie hätten einen Vertrag, wird das durch deren Verhalten bestätigt. Das nennt man konkludenten Vertragsschluss. Es ist, als ob beide stumm übereinstimmen, ohne es nochmal ausdrücklich zu sagen.
Und noch ein Trick: Wenn Du das Angebot nicht ausdrücklich annehmen musst, sondern es so üblich ist, kann der Vertrag auch ohne eine formale Erklärung zustande kommen. Das passiert zum Beispiel, wenn Du eine bestellte Ware einfach benutzt oder eine Hotelreservierung wahrnimmst, ohne extra zu sagen „Ich nehme an“. Der BGH sagt sogar, dass bei vorteilhaften Angeboten schon das Nichtablehnen als Zustimmung gelten kann. Allerdings gilt das nicht, wenn der Vertrag wirklich schlecht für Dich wäre – da wird genau geschaut, ob Dein Verhalten tatsächlich eine Annahme bedeutet.
Bindung an das Angebot
Damit ein Vertrag zustande kommen kann, muss das Angebot noch gültig sein, wenn die Annahme bei Dir ankommt. Normalerweise bist Du mit Deinem Angebot gebunden, kannst also nicht einfach abspringen. Aber diese Bindung ist nicht ewig. Ein Angebot kann verfallen, wenn es abgelehnt wird (§ 146 BGB) oder eine Frist abgelaufen ist.
Wenn Du eine Frist gesetzt hast, muss die Annahme in dieser Zeit bei Dir sein (§ 148 BGB). Wenn es keine Frist gibt, gilt: Bei persönlichem Kontakt gilt, dass sofort entschieden wird, bei Abwesenheit kommt es darauf an, wie lange es realistisch dauert, bis die Annahme Dich erreicht. Dabei hängt es auch von der Art der Kommunikation ab, ob Du schnell oder langsam reagierst.
Kommt die Annahme zu spät, kann unter bestimmten Bedingungen trotzdem fingiert werden, als wäre sie rechtzeitig gewesen – wenn Du als Antragender das hättest merken müssen und die Verspätung nicht bemängelt hast.
Manchmal schließt Du als Antragender die Bindung an Dein Angebot sogar ausdrücklich aus und kannst es bis zur Annahme jederzeit zurücknehmen (Freiklausel). Dann ist es eigentlich keine richtige Bindung, sondern eher eine Einladung zum Vertrag. Ob das so gemeint ist, muss man im Einzelfall durch Auslegung herausfinden.
Selbst wenn Du sterben solltest oder plötzlich nicht mehr geschäftsfähig bist, hindert das den Vertragsschluss nicht unbedingt (§ 153 BGB). Dann wird der Vertrag möglicherweise mit Deinen Erben geschlossen.
Kein offener Dissens
Wenn sich beide Parteien nicht über alles einig sind, aber noch klar wissen, worüber Uneinigkeit besteht, dann gibt es keinen wirksamen Vertrag. Man nennt das einen offenen Dissens (§ 154 Abs. 1 S. 1 BGB). Selbst die Punkte, die man schon geklärt hat, gelten dann noch nicht endgültig.
Das heißt: Wenn Du und Dein Vertragspartner Euch beispielsweise über den Preis einig seid, aber noch über die Ratenzahlung streitet, gibt es im Zweifel keinen Vertrag. Manchmal wollen die Parteien aber trotzdem schon einen Vertrag, der nur einzelne Punkte offen lässt. Dann ist das zulässig.
Man sollte wissen, dass auch vor einem Vertrag schon Rücksichtnahmepflichten (nach § 241 Abs. 1 BGB) entstehen können. Wenn eine Partei schuldhaft die Verhandlungen zum Scheitern bringt, kann sie für den entstandenen Schaden haften. Aber grundsätzlich musst Du ja keinen Vertrag abschließen, wenn Du das nicht willst.
Wenn die Uneinigkeit die wichtigsten Vertragspunkte (essentialia negotii) betrifft, fehlen die Grundlagen für einen Vertrag. Es sei denn, man kann die Lücken durch besondere Regeln oder Auslegung schließen.
Versteckter Dissens
Manchmal merken die Parteien nicht, dass sie sich nicht über alles einig sind. Wenn aber mindestens die wichtigsten Punkte geklärt sind, bleibt der Vertrag wirksam (§ 155 BGB). Falls nötig, werden Lücken durch Auslegung geschlossen (§§ 133, 157 BGB). Wenn so ein Vertrag zustande kommt, heißt das, dass auch ohne die strittigen Punkte eine Einigung vorliegt.
Faktische Verträge
Früher glaubte man, dass Verträge auch einfach durch typisches Verhalten entstehen können, ohne dass jemand was sagt. Stell Dir vor, Du steigst in eine Straßenbahn ein oder zapfst an einer Tankstelle Benzin. Man meinte, damit entstünde ein Vertrag. Doch heute sagen die meisten Juristen, dass es in solchen Fällen eigentlich ein konkludentes Angebot der Unternehmen gibt, das Du durch die Handlung annimmst.
Schwierig wird es, wenn Du zwar die Leistung in Anspruch nimmst, aber gar keinen Vertrag willst. Wenn Du zum Beispiel erst nach der Benutzung erklärst, dass Du den Vertrag nicht möchtest, ist das meist egal, weil der Vertrag schon zustande gekommen ist. Streit gibt es, wenn Du das vor oder während der Nutzung sagst – hier gibt es verschiedene Ansichten, wie man das lösen kann.
Unbestellte Waren und Dienstleistungen
§ 241a BGB schützt Dich davor, dass Unternehmer Dir Sachen schicken, die Du nicht bestellt hast, um so einen Vertrag zu erzwingen. Diese Regel sorgt dafür, dass solche unerwünschten Zusendungen keinen rechtlichen Anspruch für den Unternehmer begründen. Wenn also ein Unternehmen Dir unbestellte Waren oder Dienstleistungen zusendet, hast Du normalerweise nichts zu befürchten und musst das nicht bezahlen.
Allerdings steht das Angebot des Unternehmers auf Übereignung der Sachen gem. § 929 S. 1 BGB nach §§ 133, 157 BGB unter der aufschiebenden Bedingung der Annahme des Kaufvertragsangebotes und der Bezahlung des Kaufpreises, sodass die Sachen mangels Bedingungseintritts im Eigentum des Unternehmers bleiben. Umstritten ist, ob § 241a BGB auch gesetzliche Ansprüche wie § 985 BGB ausschließt – dann könne der Unternehmer die Sachen nicht herausverlangen. Mit der Folge, dass Eigentum und Besitz an den unbestellten Sachen dauerhaft auseinanderfallen.