Schauen wir uns zu Beginn die Grundsätze des Verwaltungsrechts an.

Begriff

Was ist überhaupt „Verwaltungsrecht“?

Gesetzesvollzug und „gesetzesfreie“ Verwaltung

Wenn wir von Verwaltung sprechen, dann geht’s im klassischen Sinne darum, dass Gesetze, also die Entscheidungen des Gesetzgebers, im Alltag umgesetzt werden. Das nennt man Gesetzesvollzug. Otto Mayer, einer der großen Vordenker des Verwaltungsrechts, hat das mal so beschrieben: Der Verwaltungsakt soll festlegen, was im konkreten Einzelfall rechtens ist. Und das bringt’s ganz gut auf den Punkt. Verwaltung bedeutet also: allgemeine Regeln auf ganz konkrete Situationen anzuwenden – auf echte Menschen, mit echten Problemen.

Im Grundgesetz wird das übrigens genauso gesehen. Art. 1 Abs. 3 und Art. 20 Abs. 3 GG sprechen von der „vollziehenden Gewalt“. Damit ist klar: Verwaltung ist die Exekutive – sie führt das aus, was der Gesetzgeber abstrakt vorgegeben hat. Das kann durch einen Verwaltungsakt passieren (zum Beispiel ein Bauverbot), durch einen Realakt (etwa wenn die Polizei eine Straße sperrt), oder durch einen öffentlich-rechtlichen Vertrag (zum Beispiel bei einer Förderzusage).

Aber – und das ist wichtig – Verwaltung ist nicht nur Gesetzesvollzug. Wenn eine Stadt ein Museum eröffnet oder ein Kulturfestival organisiert, dann setzt sie damit kein Gesetz um, sondern handelt aus eigener Initiative. Sie bewegt sich also in einem Bereich, in dem kein Gesetz ihr vorher den Weg weist. Manche nennen das „gesetzesfreie Verwaltung„. Ganz frei ist sie natürlich trotzdem nicht – denn sie bleibt immer an die Verfassung gebunden. Das Grundgesetz lässt also ein gewisses Eigenleben der Verwaltung zu, aber eben nicht grenzenlos. Wo die Verwaltung ohne konkrete gesetzliche Grundlage handeln darf, hängt vom Gesetzesvorbehalt ab – und der ist spätestens dann berührt, wenn in Grundrechte eingegriffen wird.

Eingriffsverwaltung, Leistungsverwaltung und planende Verwaltung

Jetzt wird’s praktisch: In der Ausbildung spielt vor allem die Eingriffsverwaltung die Hauptrolle. Hier geht die Verwaltung auf gesetzlicher Grundlage in Rechte von Bürgerinnen und Bürgern ein – also zum Beispiel, wenn eine Versammlung verboten, eine Gaststätte geschlossen oder ein Haus zwangsweise geräumt wird. Das ist der klassische Fall: Staat greift in Freiheit ein. Deswegen brauchst Du hier fast immer ein Gesetz, das genau das erlaubt.

Neben der Eingriffsverwaltung gibt’s aber auch die Leistungsverwaltung. Da geht’s nicht ums Einschränken, sondern ums Geben: Geld, Sachleistungen, Studienplätze, Fördermittel – all das fällt darunter. Auch hier ist nicht immer klar, wie weit der Gesetzesvorbehalt reicht. Man könnte meinen, wo der Staat etwas Gutes tut, brauche er keine gesetzliche Ermächtigung – aber ganz so einfach ist es nicht, weil auch Begünstigungen rechtliche Folgen für andere haben können.

Und schließlich gibt’s noch die planende Verwaltung, die meist im Baurecht relevant ist. Hier wird nicht direkt in Rechte eingegriffen oder Leistungen verteilt, sondern geplant: Wie sollen Flächen genutzt werden? Wo kommt die neue Umgehungsstraße hin, wo dürfen Häuser gebaut werden, wo bleibt Platz für die Natur? Das alles läuft im Rahmen des öffentlichen Baurechts. In Klausuren geht’s dann oft nicht um den Plan selbst, sondern um das, was danach passiert – also Genehmigungen, Nachbarklagen oder Abrissverfügungen.

Öffentlich-rechtlich und privatrechtlich handelnde Verwaltung

Nun zur öffentlich-rechtlich und privatrechtlich handelnden Verwaltung.

Formwahlfreiheit der Verwaltung und „Privatisierung“

Die Verwaltung muss nicht immer hoheitlich auftreten. Sie kann auch privatrechtlich handeln – also wie jeder andere Vertragspartner auch. Wenn eine Stadt zum Beispiel ein Grundstück verkauft oder ein Ministerium Laptops kauft, dann läuft das oft über das Privatrecht.

Diese Formenwahlfreiheit heißt: Die Verwaltung darf grundsätzlich entscheiden, ob sie in öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Form tätig wird. Ganz frei ist sie dabei aber nicht. In bestimmten Bereichen – etwa bei Polizei oder Justiz – schreibt schon das Grundgesetz vor, dass der Staat selbst handeln muss. Private dürfen hier nicht das Gewaltmonopol übernehmen.

Und dann kommt das große Stichwort: Privatisierung. Das ist ein Sammelbegriff für ganz unterschiedliche Formen, wie staatliche Aufgaben in den privaten Bereich verlagert werden können. Bei der Organisationsprivatisierung bleibt die Aufgabe in staatlicher Hand, wird aber in einer privatrechtlichen Form organisiert – zum Beispiel eine GmbH, deren alleiniger Gesellschafter die Stadt ist. Bei der Erfüllungsprivatisierung übernehmen Private bestimmte Aufgaben – etwa ein Bauunternehmen, das im Auftrag der Stadt Straßen baut. Und bei der Aufgabenprivatisierung gibt der Staat die Aufgabe komplett ab – sie wird also wirklich privat. Wie weit das verfassungsrechtlich zulässig ist, hängt stark vom Einzelfall ab.

Rechtsbindungen beim privatrechtlichen Handeln

Ein heiß diskutiertes Thema: Wenn die Verwaltung privatrechtlich handelt, ist sie dann trotzdem etwa an Grundrechte gebunden? Die klare Antwort heute: Ja! Art. 1 Abs. 3 und Art. 20 Abs. 3 GG gelten immer – egal, ob der Staat gerade wie eine Behörde oder wie ein Vertragspartner auftritt. Man unterscheidet drei Hauptfälle:

  • Hilfsgeschäfte – zum Beispiel, wenn die Verwaltung Druckerpapier kauft.
  • Wirtschaftliche Betätigung – etwa wenn eine Kommune ein Schwimmbad betreibt oder ein Energieversorger Stadtwerke gründet.
  • Verwaltungsprivatrecht – das ist der spannendste Fall, wenn also echte Verwaltungsaufgaben in privatrechtlicher Form erledigt werden. Gerade hier kann die Frage knifflig sein, ob das Handeln der Verwaltung noch öffentlich-rechtlich oder schon privatrechtlich ist.

Abgrenzung von öffentlich-rechtlichem und privatrechtlichem Handeln

Für Dich in der Klausur ist das eine der ersten Fragen überhaupt: Geht’s um öffentliches oder privates Recht? Denn davon hängt ab, ob der Verwaltungsrechtsweg (§ 40 Abs. 1 S. 1 VwGO) eröffnet ist oder ob Du vor die Zivilgerichte musst.

Meist hilft hier die modifizierte Subjektstheorie: Eine Norm ist öffentlich-rechtlich, wenn sie einen Träger öffentlicher Gewalt berechtigt oder verpflichtet. Aber diese Theorie stößt an ihre Grenzen, wenn keine eindeutige Norm greift oder dieselbe Regelung auch im Privatrecht vorkommt – etwa bei Ansprüchen auf Folgenbeseitigung. Dann hilft nur ein Blick auf den Zweck des Handelns: Diente es einem öffentlichen Interesse, spricht viel für öffentliches Recht. Ging es um eine gleichberechtigte Rechtsbeziehung – etwa einen Kaufvertrag – dann ist’s Privatrecht.

Rechtsgrundlagen

Lass uns nun gemeinsam die Rechtsgrundlagen des Verwaltungsrechts ansehen.

Verfassungsrechtliche Grundlagen des Verwaltungsrechts

Das Verhältnis zwischen Verfassungsrecht und Verwaltungsrecht ist eng, aber nicht identisch. Früher hieß es provokant: „Verwaltungsrecht besteht, Verfassungsrecht vergeht.“ Damit wollte man sagen, dass Verwaltung als Praxis stabil bleibt – egal, wer gerade politisch das Sagen hat. Später kam dann die Gegenbewegung: Verwaltungsrecht ist „konkretisiertes Verfassungsrecht„. Also: Alles, was die Verwaltung tut, soll aus der Verfassung heraus verstanden werden. Beide Sichtweisen greifen zu kurz. Unter dem Grundgesetz ist Verwaltung einerseits stark durch die Verfassung geprägt – vor allem durch die Grundrechte und die richterliche Kontrolle –, andererseits hat sie auch ihre eigene Dynamik und Gesetzgebung, die nicht in jeder Vorschrift ein Stück Verfassung ist.

Gesetzmäßigkeit der Verwaltung

Kern des Ganzen ist Art. 20 Abs. 3 GG: Die Verwaltung ist an Gesetz und Recht gebunden. Das nennt man den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, der aus zwei Teilen besteht – dem Vorrang des Gesetzes („kein Handeln gegen das Gesetz“) und dem Vorbehalt des Gesetzes („kein Handeln ohne Gesetz“).

Vorrang des Gesetzes heißt: Wenn es ein Gesetz gibt, muss sich die Verwaltung daran halten. Punkt. Problematisch wird’s, wenn sie ein Gesetz für verfassungswidrig hält. Darf sie es dann einfach ignorieren? Nein – das darf nur das Bundesverfassungsgericht. Eine Behörde kann nicht auf eigene Faust Gesetze „verwerfen“.

Vorbehalt des Gesetzes bedeutet: Immer dann, wenn die Verwaltung in Rechte eingreift, braucht sie dafür eine gesetzliche Grundlage. Bei bloß begünstigendem Handeln – etwa bei Förderungen – ist das nicht immer so klar, weil es hier oft nur Richtlinien oder Haushaltspläne gibt. Und selbst die können Wettbewerbsverhältnisse verändern – also sind auch hier gesetzliche Grundlagen sinnvoll. Ein aktuelles Beispiel: Wenn der Staat Unternehmen öffentlich anprangert oder vor Vereinen warnt, kann das faktisch Grundrechte beeinträchtigen. Auch solche Informationsmaßnahmen brauchen also im Zweifel eine gesetzliche Grundlage.

Vertrauensschutz

Ein weiteres Grundprinzip: Vertrauensschutz. Wenn der Staat etwas verspricht oder begünstigend entscheidet, darf er das nicht einfach beliebig rückgängig machen – jedenfalls nicht, wenn Bürger darauf vertraut und entsprechend gehandelt haben. Das spiegelt sich in den §§ 48 und 49 VwVfG wider. Kurz gesagt:

  • Gab es einen Vertrauenstatbestand (also etwas, worauf man sich verlassen konnte)?
  • Hat der Bürger tatsächlich vertraut (z. B. Geld investiert oder Entscheidungen getroffen)?
  • Ist dieses Vertrauen schutzwürdig (überwiegt also sein Interesse gegenüber dem öffentlichen Interesse an Änderung)?

Diese drei Fragen tauchen in Klausuren ständig auf.

Verhältnismäßigkeit

Der Klassiker schlechthin: das Verhältnismäßigkeitsprinzip. Keine staatliche Maßnahme darf über das Ziel hinausschießen. Sie muss also geeignet, erforderlich und angemessen sein, um den verfolgten Zweck zu erreichen.

Das prüfst Du immer dann, wenn der Staat in Grundrechte eingreift oder belastende Maßnahmen trifft – also quasi in jeder zweiten Klausur. Wichtig: Der Zweck muss klar formuliert sein, sonst läuft die ganze Prüfung ins Leere.

Verfassungsgrundlagen des Verwaltungsprozessrechts

Ohne unabhängige Gerichte wäre das alles wertlos. Art. 19 Abs. 4 GG garantiert: Gegen jeden rechtsverletzenden Akt der öffentlichen Gewalt steht der Rechtsweg offen. Und genau das ist die Geburtsstunde der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Nur so lässt sich kontrollieren, ob Verwaltung rechtmäßig handelt.

Das zieht sich durch bis in § 40 VwGO: Die Verwaltungsgerichte sind grundsätzlich zuständig für öffentlich-rechtliche Streitigkeiten. Das sorgt dafür, dass Bürger effektiven Rechtsschutz bekommen – notfalls auch im Eilverfahren.

Und weil auch die Effektivität des Rechtsschutzes selbst verfassungsrechtlich geschützt ist, dürfen Gerichte manchmal kreative Wege gehen, um Rechtsschutzlücken zu vermeiden – etwa mit vorbeugendem Rechtsschutz oder der Aufweichung des Verbots der Vorwegnahme der Hauptsache.

Unionsrecht

Auch das europäische Recht spielt rein. Die EU selbst hat zwar keine umfassende Kompetenz für Verwaltungsverfahren oder Verwaltungsprozesse, aber sie beeinflusst das Ganze massiv, weil das Unionsrecht von den Mitgliedstaaten umgesetzt wird. Zwei Grundsätze, die aus dem Loyalitätsgebot nach Art. 4 Abs. 3 EUV entwickelt wurden, musst Du hier kennen:

  • Äquivalenzgebot: EU-Recht darf im nationalen Verfahren nicht schlechter behandelt werden als nationales Recht.
  • Effektivitätsgebot: Die Durchsetzung von EU-Recht darf nicht faktisch unmöglich oder übermäßig erschwert werden.

Das kann dazu führen, dass nationale Vorschriften wie Ausschlussfristen, Bestandskraft oder Vertrauensschutzregelungen unangewendet bleiben.

Bundes- und Landesrecht

Welches Recht gilt eigentlich wann? Ganz einfach: Der Bund darf nur dort Gesetze erlassen, wo ihm die Verfassung die Kompetenz gibt. Also zum Beispiel beim Waffenrecht oder Immissionsschutz. Alles andere ist Ländersache – etwa das allgemeine Polizeirecht.

Für das Verwaltungsverfahren gilt das Bundes-VwVfG nur bei Bundesbehörden. In allen anderen Fällen kommt das jeweilige Landes-VwVfG zur Anwendung. Inhaltlich sind sie sich zwar sehr ähnlich, aber Du musst im Fall genau hinschauen.

Beim Prozessrecht ist’s einfacher: Die VwGO ist Bundesrecht. Nur in wenigen Punkten – etwa beim Widerspruchsverfahren oder der Frage, wer den Widerspruchsbescheid erlässt – dürfen die Länder eigene Regeln treffen.

Subjektives öffentliches Recht und Verwaltungsrechtsverhältnis

Ein subjektives öffentliches Recht ist einfach gesagt ein Recht, das Dir als Einzelperson erlaubt, vom Staat ein bestimmtes Tun, Dulden oder Unterlassen zu verlangen. Klingt abstrakt? Stell es Dir so vor: Du hast ein Gesetz auf Deiner Seite, das Dir quasi eine „Superkraft“ gibt – Du kannst etwas vom Staat einfordern.

Das Verwaltungsrechtsverhältnis ist die Rechtsbeziehung, die sich aus einer konkreten verwaltungsrechtlichen Norm zwischen Dir und dem Staat oder mehreren Rechtssubjekten ergibt. Dabei gibt es verschiedene Varianten: kurzfristige Verwaltungsrechtsverhältnisse (z. B. ein Platzverweis), Dauerverwaltungsrechtsverhältnisse (wie das Beamtenverhältnis) und mehrpolige Verwaltungsrechtsverhältnisse (zum Beispiel ein Planfeststellungsbeschluss für eine Autobahn – da spielen mehrere Akteure eine Rolle).

Öffentliche Sachen

Öffentliche Sachen begegnen uns jeden Tag: Straßen, Parks, Gewässer, Universitäten, Bibliotheken, Schwimmbäder oder Sportplätze. Alles Dinge, die wir nutzen, ohne groß darüber nachzudenken. Das Recht der öffentlichen Sachen regelt genau, wie das geht – und es funktioniert anders als das normale Sachenrecht nach §§ 90 ff. BGB.

Interessant wird es, wenn man sich den öffentlich-rechtlichen Status einer Sache anschaut. Eine Sache gilt als öffentlich, wenn ihr Gebrauch direkt einem öffentlichen Zweck dient und das rechtlich so festgelegt wurde. Ein privates Museum, das allen offensteht, bleibt also formal kein öffentliches Gut – es sei denn, es gibt eine offizielle Widmung.

Dieser Status ist nicht nur ein Titel – er sichert die Nutzung durch die Allgemeinheit, indem die klassischen Eigentümerrechte nach §§ 903 ff. BGB eingeschränkt werden. Technisch läuft das über eine öffentlich-rechtliche Dienstbarkeit auf privatem Eigentum. Kurz gesagt: Der Eigentümer kann nicht einfach nach Lust und Laune handeln, wenn dadurch die Allgemeinheit behindert wird. Und wenn die öffentliche Sache im Eigentum eines Hoheitsträgers steht, fallen Eigentümer und öffentlich-rechtlicher Sachherr oft zusammen.

Öffentlich-rechtlicher Status einer Sache

Die Widmung ist das Zauberwort. Durch sie wird eine Sache offiziell öffentlich – und zwar entweder per Gesetz, Verordnung, Satzung oder Verwaltungsakt. Sie legt fest, welchem Zweck die Sache dient und wie sie genutzt werden darf.

Neben der Widmung muss die Sache auch tatsächlich zugänglich gemacht werden, z. B. die Straße für den Verkehr öffnen oder ein Museum für Besucher (Indienststellung).

Der öffentliche Zweck oder die Nutzungsregeln können später geändert werden – das nennt man Umwidmung. Die Widmung kann auch aufgehoben werden, die Sache wird dann „entwidmet“.

Nutzung öffentlicher Sachen

Hier geht’s darum, wann Bürger eine Sache nutzen dürfen und wann nicht. Man unterscheidet:

  • Gemeingebrauch: Alles, was Du ohne besondere Erlaubnis nutzen darfst, fällt hier rein: Straßen, Gewässer als Verkehrswege, Luftraum. Der Anspruch auf Nutzung folgt aus der Widmung.
  • Anstalts- und Sondergebrauch: Manche öffentliche Sachen kannst Du erst mit einer speziellen Zulassung nutzen. Klassisches Beispiel: Gemeindliche Einrichtungen wie Schwimmbäder oder Museen. Sondernutzung von Gewässern zu wirtschaftlichen Zwecken fällt hier auch rein.
  • Verwaltungsgebrauch: Sachen, die nur der Verwaltung dienen, sind für Dich tabu – etwa das Rathaus, der Fuhrpark oder kirchliche Sachen wie Glocken. Zutritt nur, wenn Du ein berechtigtes Anliegen hast.

Typische Klausurprobleme

  • Gemeingebrauch vs. Sondernutzung: Alles, was über den Gemeingebrauch hinausgeht, ist Sondernutzung. Dann brauchst Du eine behördliche Erlaubnis, die im Ermessen der Behörde liegt. Entscheidend ist, ob die Nutzung Konflikte auslöst, die nicht durch die allgemeine Widmung geregelt sind.
  • Straßenrechtlicher Anliegergebrauch: Wenn Du ein Grundstück an einer öffentlichen Straße hast, darfst Du bestimmte Dinge nutzen, die über den Gemeingebrauch hinausgehen – z. B. Mülltonnen aufstellen. Die Gesetze schränken das aber oft ab, um den Gemeingebrauch der anderen nicht zu stören.
  • Zulassung zu öffentlichen Einrichtungen: Du hast grundsätzlich Anspruch auf Nutzung, aber bei begrenzter Kapazität wird nur ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung gewährt.

Verwaltungsorganisationsrecht

Unter „Verwaltung“ versteht man nicht einen Block, sondern alle Rechtsträger, die Aufgaben wahrnehmen – natürliche oder juristische Personen.

Juristische Personen haben Organe, die für sie handeln, wie der Bürgermeister für die Gemeinde. Jedes Organ handelt nicht automatisch als Behörde.

Eine Behörde handelt im Außenverhältnis für den Rechtsträger. Beispiel: Der Bürgermeister handelt als Behörde, die Gemeinderäte in der Regel nicht.

Auch Privatpersonen können Aufgaben der Verwaltung übernehmen – dann sind sie beliehen, nicht bloß Verwaltungshelfer.

Was die Verwaltungskompetenzen angeht, so führen Länder Bundesgesetze im Regelfall selbst aus (§ 83 GG). Nur in Sonderfällen ist die Bundesverwaltung zuständig. Unterschiede gibt es bei der unmittelbaren (eigene Behörden) und mittelbaren Staatsverwaltung (rechtsfähige Verwaltungsträger wie Gemeinden oder Universitäten).

Handlungsformen

Die Verwaltung hat viele Werkzeuge:

  • Rechtshandlungen: Verwaltungsakt (§§ 35 ff. VwVfG), öffentlich-rechtlicher Vertrag (§§ 54 ff. VwVfG), Normsetzung (Verordnungen, Satzungen)
  • Schlichte Handlungen/Realakte: Straßenreinigung, Warnungen, Ausstellung von Ersatzführerscheinen
  • Planung: Bebauungspläne, Planfeststellungsbeschlüsse
  • Privatrechtliches Handeln: z. B. fiskalische Hilfsgeschäfte

Verwaltungsverfahren

Das VwVfG regelt Grundlegendes, aber nicht alles. Wichtig sind der Untersuchungsgrundsatz (§ 24 VwVfG: Die Behörde ermittelt den entscheidungserheblichen Sachverhalt selbst), die Anhörung (§ 28 VwVfG), Heilung (§ 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG) oder die Akteneinsicht (§ 29 VwVfG).

Zusicherung

Behörden können zusagen, später einen Verwaltungsakt zu erlassen oder zu unterlassen. Die Zusicherung (§ 38 VwVfG) ist selbst ein Verwaltungsakt – mit allen Folgen für Dritte und gerichtliche Ansprüche.

Wiederaufgreifen des Verfahrens

Stell Dir vor, Du hast einen Verwaltungsakt kassiert, der Dich richtig ärgert – und Du willst, dass die Behörde ihn wieder kippt. Das kann etwa dann interessant werden, wenn der Verwaltungsakt nicht nur Dich betrifft, sondern auch Dritte – also ein Verwaltungsakt mit Drittwirkung.

Solange der Bescheid noch nicht bestandskräftig ist, hast Du mehrere Wege:

  • Du kannst natürlich Widerspruch einlegen (§ 68 Abs. 1 S. 1 VwGO) oder
  • gleich Anfechtungsklage erheben (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO).
  • Du kannst Dich aber auch direkt an die Behörde wenden und hoffen, dass sie den Verwaltungsakt aus eigenem Ermessen wieder aufhebt – nach §§ 48 ff. VwVfG.

Sobald der Bescheid bestandskräftig geworden ist, bleibt Dir im Prinzip nur noch der Weg über die Behörde. Und dann hat sie drei Möglichkeiten:

  • Sie winkt direkt ab. Also: kein Wiederaufgreifen, keine neue Prüfung. Besonders leicht wird ihr das fallen, wenn der Bescheid bereits bestandskräftig oder sogar gerichtlich bestätigt ist. Aber: Weder Bestandskraft noch eine gerichtliche Bestätigung blockieren automatisch ein neues Verfahren – sie machen es nur schwieriger, nicht unmöglich.
  • Diese Variante nennt man „Wiederaufgreifen im weiteren Sinne“ (wenn’s nur um die bloße Prüfung geht) oder „im engeren Sinne“ (wenn § 51 VwVfG greift). Sie greift also das Verfahren zwar wieder auf, entscheidet dann aber in der Sache gegen Dich. Das ist die klassische „wiederholende Verfügung“ – also dasselbe Ergebnis, nur mit neuem Anlauf.
  • Sie greift wieder auf und kippt den Bescheid – also: vollständige Aufhebung und neue Entscheidung, der Zweitbescheid.

Wenn die Behörde also Deinen Antrag ablehnt, kannst Du dagegen – innerhalb der üblichen Fristen (§§ 70, 74 Abs. 2 VwGO) – Widerspruch einlegen oder Verpflichtungsklage erheben (§ 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO, die Versagungsgegenklage).

Aber Vorsicht: Nur weil Du einen Antrag gestellt hast, heißt das nicht, dass Du automatisch einen Anspruch auf Aufhebung hast. Auch bei einem bestandskräftigen Verwaltungsakt hat die Behörde immer noch Ermessen, und das reduziert sich nur in Ausnahmefällen auf Null. Mit anderen Worten: Ein Verpflichtungsurteil (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO) ist selten wie ein Lottogewinn. Meistens gibt’s – wenn überhaupt – nur ein Bescheidungsurteil (§ 113 Abs. 5 S. 2 VwGO). Genau deshalb spielt der Anspruch auf Wiederaufgreifen im engeren Sinne nach § 51 VwVfG eine so große Rolle: Das ist der Hebel, den Du wirklich brauchst.

Wiederaufgreifen im weiteren Sinne

Hierunter versteht man schlicht die Möglichkeit der Behörde, einen Bescheid nach §§ 48 f. VwVfG nochmal auf den Prüfstand zu stellen. Das kann sie von sich aus tun – oder auf Antrag von Dir. In letzterem Fall hast Du zumindest einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung.

In Ausnahmefällen kann sich dieser Anspruch sogar zu einem echten Rechtsanspruch verdichten. Der Gesetzgeber hat solche besonderen Fälle im § 51 VwVfG schon abstrakt geregelt – und genau das ist dann das Wiederaufgreifen im engeren Sinne.

In der typischen Klausur läuft das so: Du (bzw. der Betroffene) stellst einen Antrag auf Wiederaufgreifen. Die Behörde lehnt ab. Dann folgt Widerspruch oder Verpflichtungsklage. Und obwohl das BVerwG zwischen Wiederaufgreifen und neuer Sachentscheidung unterscheidet, musst Du in der Klage auf die Entscheidung in der Sache zielen – also auf Aufhebung oder zumindest auf eine neue Entscheidung.

Innerhalb der Begründetheit prüfst Du dann zuerst den Anspruch auf Wiederaufgreifen nach § 51 VwVfG, hilfsweise nach §§ 48 f. VwVfG. Wenn kein Anspruch besteht, bleibt es bei einem Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung. Das BVerwG fährt inzwischen wieder konsequent diese zweistufige Linie:

  • Anspruch auf Wiederaufgreifen,
  • Anspruch auf Entscheidung in der Sache.

Bei den §§ 48 f. VwVfG musst Du dann vor allem das Ermessen sauber prüfen: Liegt eine Ermessensreduktion auf Null vor? Wenn nein – hat die Behörde ihr Ermessen fehlerfrei ausgeübt? Nur dann ist die Ablehnung rechtmäßig.

Eine reine Anfechtungsklage nur gegen das „Wiederaufgreifen an sich“ macht kaum Sinn – das ist praktisch immer mit der späteren Sachentscheidung verknüpft.

Den Zweitbescheid kannst Du dagegen ganz normal mit Widerspruch oder Anfechtungsklage angreifen.

Wiederaufgreifen im engeren Sinne

Jetzt wird’s konkret: § 51 Abs. 1 VwVfG gibt Dir einen gesetzlichen Anspruch auf Wiederaufgreifen – aber nur, wenn Du die Voraussetzungen erfüllst. Und wenn das klappt, prüfst Du danach, ob Du auch einen Anspruch auf die begehrte Entscheidung in der Sache hast.

Anspruch auf Wiederaufgreifen

Wie üblich: Wir trennen zwischen Zulässigkeit und Begründetheit.

Damit Dein Antrag zulässig ist, müssen ein paar Punkte sitzen:

  • Antrag bei der zuständigen Behörde: Der Antrag muss bei der richtigen Stelle landen (vgl. § 51 Abs. 4 VwVfG).
  • Unanfechtbarer Verwaltungsakt: Der ursprüngliche Bescheid muss bestandskräftig sein.
  • Wiederaufgreifensgrund: Du musst einen der Gründe aus § 51 Abs. 1 VwVfG geltend machen. Du musst ihn nicht wörtlich nennen, aber er muss sich aus Deinem Antrag klar ergeben.
  • Keine fremden Gründe: Die Behörde darf keine Gründe prüfen, die Du gar nicht selbst vorgebracht hast.
  • Frist: Drei Monate ab dem Zeitpunkt, an dem Du vom Wiederaufgreifensgrund Kenntnis erlangt hast (§ 51 Abs. 3 VwVfG). Es reicht, wenn Du die Tatsachen kennst – die rechtliche Bewertung musst Du noch nicht draufhaben. Aber: Es braucht positive Kenntnis, bloße Unachtsamkeit oder „wird schon passen“ reicht nicht.

Dann wird geprüft, ob einer der in § 51 Abs. 1 VwVfG genannten Gründe tatsächlich vorliegt:

  • Änderung der Sach- oder Rechtslage (Nr. 1): Wenn sich etwas zugunsten des Betroffenen geändert hat, muss die Behörde neu entscheiden. Eine Änderung der Rechtslage liegt aber nur vor, wenn das materielle Recht mit Außenwirkung sich geändert hat – nicht, wenn Gerichte einfach ihre Meinung ändern.
  • Neue Beweismittel (Nr. 2): Es müssen neue Beweismittel vorliegen, die zu einer günstigeren Entscheidung geführt hätten. Neu ist etwas nur, wenn es damals nicht existierte oder Du es ohne eigenes Verschulden nicht vorlegen konntest. Achtung: Ein neues Gutachten zählt nur, wenn es auf neuen Tatsachen beruht, sonst droht Missbrauch.
  • Wiederaufnahmegründe nach § 580 ZPO (Nr. 3): Die klassische Brücke ins Zivilprozessrecht. Wichtig ist hier vor allem § 580 Nr. 8 ZPO: Eine EMRK-Verletzung muss sich auf dieses konkrete Verfahren beziehen – ein ähnlicher Fall reicht nicht.
  • Und dann noch § 51 Abs. 2 VwVfG: Der Betroffene darf den Grund nicht grob schuldhaft schon früher versäumt haben. Grobes Verschulden heißt: Entweder Vorsatz oder massive Fahrlässigkeit, also so, dass jeder ordentliche Beteiligte sich an den Kopf fassen würde.

Anspruch auf Entscheidung in der Sache

Ist der Antrag zulässig und begründet, geht’s an die zweite Stufe: Hast Du auch Anspruch auf eine bestimmte Sachentscheidung? Hier streiten sich die Geister:

  • Mindermeinung: Die will auf §§ 48 f. VwVfG abstellen, also wieder aufs Ermessen. Oft wird dann aber eine Ermessensreduktion auf Null angenommen, weil sonst Drittinteressen zu kurz kämen.
  • Herrschende Meinung: Sie sagt: Entscheidend ist allein das materielle Fachrecht, also das, was für den ursprünglichen Verwaltungsakt gegolten hat. Die Behörde muss dann ggf. gebunden entscheiden – auch wenn Dritte dadurch leer ausgehen. Begründet wird das mit dem Sinn des § 51 VwVfG: Er soll das Verfahren in den Zustand vor Erlass des Bescheids zurückversetzen. Es wäre also widersinnig, wenn die Behörde nach Lust und Laune erneut ermessensmäßig entscheiden dürfte.

Wichtig aber: Die neue Entscheidung darf sich nur auf den geltend gemachten Wiederaufgreifensgrund beziehen. Das heißt, die Behörde prüft nur die Punkte, die mit diesem Grund rechtlich zusammenhängen. Eine reformatio in peius, also eine Schlechterstellung, ist nach herrschender Meinung unzulässig.