Wenn Du Dich schon mit der OHG beschäftigt hast, dann kennst Du den groben Rahmen: mehrere Leute tun sich zusammen, um ein Handelsgewerbe zu betreiben, und haften dafür voll. Die Kommanditgesellschaft – kurz: KG – ist im Grunde nichts anderes als eine leicht umgebaute OHG.
Der Clou: Es gibt hier zwei Sorten von Gesellschaftern. Die einen, die Komplementäre, stehen mit ihrem ganzen Privatvermögen gerade, wenn’s mal schiefgeht. Sie sind also quasi die „Vollblut-Unternehmer“. Die anderen heißen Kommanditisten. Die bringen zwar Kapital mit, wollen aber nicht mit Haut und Haaren haften – und das Gesetz lässt sie auch. Ihre Haftung ist auf eine bestimmte Summe begrenzt, die sie im Gesellschaftsvertrag zugesagt haben. Man könnte also sagen: Die Komplementäre riskieren alles, die Kommanditisten nur ihr Einsatzgeld.
Damit passt die KG für ziemlich viele Lebenslagen. Sie funktioniert sowohl für kleine Familienbetriebe als auch für größere Unternehmenskonstruktionen, etwa die berühmte GmbH & Co. KG. Da ist der einzige Komplementär eine GmbH – und weil eine GmbH bekanntlich nur mit ihrem Stammkapital haftet, steht letztlich keine natürliche Person mehr persönlich im Feuer. Schlau gemacht! Trotzdem bleibt die GmbH & Co. KG juristisch gesehen eine Personengesellschaft, auch wenn sie in mancher Hinsicht wie eine Kapitalgesellschaft behandelt wird (§ 125 Abs. 1 S. 2 HGB i. V. m. § 177a HGB).
Rechtlich greift man bei der KG auf das bekannte Regelwerk der OHG zurück (§ 161 Abs. 2 HGB). Erst kommen also die §§ 161-179 HGB, dann – soweit dort nichts steht – die §§ 105-160 HGB, und falls das auch nichts hergibt, springt das BGB mit §§ 705 ff. ein. In der Praxis bedeutet das: Fast alles läuft wie bei der OHG – nur die Sonderregeln für Kommanditisten machen den Unterschied.
Der gesetzliche Steckbrief steht in § 161 Abs. 1 HGB. Die Zutaten: Ein Gesellschaftsvertrag – ohne den geht gar nichts. Ein gemeinsamer Zweck, meist der Betrieb eines Handelsgewerbes. Das kann aber auch ein kleineres Gewerbe, Vermögensverwaltung oder ein freier Beruf sein (§ 107 Abs. 1 HGB). Bei solchen „nichtkaufmännischen“ Varianten entsteht die KG allerdings erst mit der Eintragung ins Handelsregister. Davor ist sie eine ganz normale GbR. Beitragspflichten aller Gesellschafter – wie immer im Gesellschaftsrecht. Mindestens ein Komplementär und mindestens ein Kommanditist. Genau hier liegt der Unterschied zur OHG: Dort darf keiner haftungsbeschränkt sein, hier muss mindestens einer es sein. Der Name der Gesellschaft – die Firma – muss den Zusatz „Kommanditgesellschaft“ oder „KG“ enthalten (§ 19 Abs. 1 Nr. 3 HGB). Ob man den Namen eines Kommanditisten mit ins Firmenschild aufnehmen darf, ist umstritten. Die herrschende Meinung sagt aber: Ja, darf man! Schließlich sind auch Kommanditisten Gesellschafter, und das modernisierte Firmenrecht ist da längst entspannter als früher.
Übrigens: Kaufmann ist die KG als solche immer (§ 6 Abs. 1 HGB). Die Kommanditisten selbst aber nicht – sie gelten eher als kapitalbeteiligte Passivgesellschafter.
Entstehung
Genau wie bei der OHG gilt: Wir unterscheiden zwischen dem Innenverhältnis (was die Gesellschafter untereinander vereinbaren) und dem Außenverhältnis (wann die Gesellschaft im Rechtsverkehr existiert). Im Innenverhältnis reicht der Gesellschaftsvertrag. Nach außen entsteht die KG entweder mit der Eintragung ins Handelsregister (§ 123 Abs. 1 S. 1 HGB).
Oder – wenn’s schneller gehen muss – schon mit der Aufnahme der Geschäfte (§ 123 Abs. 1 S. 2 HGB). Hier kommt’s drauf an, was für eine Art KG wir haben:
- Bei einer „istkaufmännischen“ KG (also mit ordentlichem Handelsgewerbe) reicht es, dass die Komplementäre anfangen, Geschäfte zu machen. Die Zustimmung der Kommanditisten braucht’s dafür nicht – ihre Stellung regelt § 176 HGB. Nur wenn sie aktiv zugestimmt haben, haften sie bis zur Eintragung wie Komplementäre, also unbeschränkt.
- Bei einer „kleinen“ KG (zum Beispiel bei Freiberuflern) wird’s erst mit der Eintragung offiziell. Bis dahin ist das Ganze eine GbR. Warum dieser Aufwand? Das Gesetz will den Rechtsverkehr schützen. Außenstehende sollen darauf vertrauen dürfen, dass alle Gesellschafter unbeschränkt haften, solange im Register nichts anderes steht. Erst die Eintragung zeigt der Welt: „Achtung, da sind Kommanditisten dabei, die haften nur begrenzt.“
Beispiel: Stell Dir vor, A, B und C gründen die ABC-KG fürs Weinimportgeschäft. A ist Komplementär, B und C sind Kommanditisten mit je 100.000 Euro Haftsumme. Noch bevor sie im Handelsregister stehen, kauft A im Namen der KG Wein im Wert von 200.000 Euro von X. B weiß Bescheid, C ist im Urlaub. Als X das Geld will, verweigern B und C die Zahlung. Was passiert? A haftet voll – klar, als Komplementär immer. B hat der Geschäftseröffnung zugestimmt und muss deshalb auch voll ran (§ 176 HGB). C dagegen hat nichts unterschrieben, seine Einlage ist schon eingezahlt – also keine Haftung. Fazit: X bekommt alles von A und B, aber keinen Cent von C.
Eine KG kann auch durch Umwandlung aus einer bestehenden OHG entstehen – zum Beispiel, wenn ein neuer Gesellschafter als Kommanditist einsteigt oder ein bisheriger OHG-Gesellschafter seine Haftung beschränken will. Dann wird aus der OHG automatisch eine KG. Die Identität der Gesellschaft bleibt erhalten, nur die Zusammensetzung ändert sich. Meldepflichtig ist das Ganze natürlich beim Handelsregister (§§ 161 Abs. 2, 162 Abs. 3 HGB).
Haftung
Bei der Haftung trennen wir sauber zwischen Komplementären und Kommanditisten.
- Die Komplementäre haften – wie gewohnt – unbeschränkt und solidarisch (§ 126 HGB). Keine Überraschung hier.
- Die Kommanditisten dagegen genießen das, was die KG attraktiv macht – Haftungsbegrenzung (§§ 171 ff. HGB). Allerdings gilt das nur im Außenverhältnis, also gegenüber den Gläubigern. Im Innenverhältnis – also gegenüber der Gesellschaft – können sie durchaus weitergehende Pflichten haben, etwa Nachschüsse.
Außenhaftung der Kommanditisten
Was Du kennen musst, sind zwei zentrale Begriffe:
- Einlage – das, was der Kommanditist in die Gesellschaft einbringt, also Geld oder Sacheinlagen (z. B. Maschinen, Immobilien, Rechte – aber keine Arbeitsleistung).
- Haftsumme – der Betrag, bis zu dem der Kommanditist Gläubigern gegenüber haftet. Diese Summe steht im Handelsregister (§ 162 HGB).
Beide Werte sind oft gleich, müssen es aber nicht sein. Wird im Vertrag nichts weiter erklärt, geht man davon aus, dass Einlage = Haftsumme ist.
Voraussetzungen der Haftung der Kommanditisten
Wie funktioniert die Haftung konkret? Die KG muss existieren. Es muss eine Gesellschaftsschuld geben. Der in Anspruch Genommene muss Kommanditist gewesen sein, als die Schuld entstanden ist (§ 173 HGB für Altverbindlichkeiten). Dann gilt: Der Kommanditist haftet direkt gegenüber den Gläubigern, nicht erst nach der Gesellschaft. Er haftet primär, also ohne Vorausklage. Seine Haftung ist aber summenmäßig beschränkt – maximal bis zur Haftsumme, und immer nur in Geld.
Ausschluss der Haftung der Kommanditisten
Und wichtig – wer seine Einlage vollständig geleistet hat, ist nach § 171 Abs. 1 HGB enthaftet – also raus aus der persönlichen Haftung. Zwei Dinge müssen stimmen:
- Der Kommanditist muss auf seine Einlageschuld geleistet haben – und zwar so, dass die Gesellschaftsvermögenslage tatsächlich besser wird. Irgendwelche Zahlungen „auf Umwegen“ zählen nicht.
- Solange er noch haftet, wird jede Zahlung an einen Gläubiger als Leistung auf die Haftung gewertet. Zahlt also der Kommanditist eine Gesellschaftsschuld, verringert sich seine Haftung in dieser Höhe. Hat er mit Zustimmung der Gesellschaft direkt an den Gläubiger gezahlt, gilt das auch als Leistung auf die Einlage (§§ 362 Abs. 2, 185 BGB). Ohne Zustimmung hat er zwar einen Regressanspruch gegen die Gesellschaft (§ 716 BGB), kann diesen aber mit seiner Einlageschuld verrechnen – und ist damit ebenfalls aus der Haftung raus.
Der Kommanditist kann übrigens der Gesellschaft objektive Vermögenswerte anstatt Geld zuführen. Maßgeblich ist aber der Verkehrswert der Vermögenswerte.
Wiederaufleben durch Rückgewähr der Einlage an den Kommanditisten
Wird die Einlage später an den Kommanditisten zurückbezahlt, lebt seine Haftung gemäß § 172 Abs. 4 S. 1 HGB wieder auf – sie gilt dann als nicht geleistet. Die Vorschrift umfasst aber alle Zuwendungen an den Kommanditisten, durch die der Gesellschaft Vermögenswerte entzogen werden, ohne dass der Kommanditist eine angemessene Gegenleistung erbringt.
Organisationsverfassung
Die Organisationsverfassung der KG ist, ähnlich wie bei der OHG, ziemlich flexibel. Grundsätzlich richtet sie sich nach dem Gesellschaftsvertrag (§§ 161 Abs. 2, 108, 163 HGB). Nur wenn dort nichts geregelt ist, greifen die gesetzlichen Vorschriften. In der Praxis wird dieser Spielraum gern ausgenutzt.
Unterschiede zur OHG ergeben sich vor allem durch die Stellung der Kommanditisten. Deshalb schauen wir uns jetzt genauer an, welche Verwaltungsrechte ihnen zustehen. Grundsätzlich haben Kommanditisten dieselben Verwaltungsrechte wie die Komplementäre. Das Gesetz schränkt diese Rechte aber deutlich ein:
- Geschäftsführung: Kommanditisten sind nach § 164 Hs. 1 HGB von der Geschäftsführung ausgeschlossen. Die Geschäftsführung liegt allein bei den Komplementären. Bei gewöhnlichen Geschäften können Kommanditisten also nicht widersprechen. Außergewöhnliche Geschäfte oder Grundlagengeschäfte erfordern dagegen einen Beschluss aller Gesellschafter, bei dem auch die Kommanditisten mitstimmen dürfen (§ 164 Hs. 2 i. V. m. § 116 Abs. 2 S. 1 HGB). Über den Gesellschaftsvertrag können Kommanditisten aber durchaus Geschäftsführungsbefugnisse erhalten – das ist zulässig, da sie ja Gesellschafter sind.
- Vertretung: Nach § 170 HGB dürfen Kommanditisten die Gesellschaft nicht nach außen vertreten. Die organschaftliche Vertretung (§ 125 HGB) liegt allein bei den Komplementären. Zwingendes Recht verhindert, dass diese Vertretungsmacht übertragen wird. Rechtlich möglich ist jedoch, den Kommanditisten rechtsgeschäftlich zu bevollmächtigen, etwa durch Prokura oder Generalvollmacht. Eine Sonderregelung in § 170 Abs. 2 HGB betrifft die Einheits-GmbH & Co. KG und sieht vor, dass Kommanditisten hier die KG in der Gesellschafterversammlung der GmbH vertreten.
- Mitwirkung an Gesellschafterbeschlüssen: Kommanditisten haben grundsätzlich dasselbe Stimmrecht wie Komplementäre. In Geschäftsführungsangelegenheiten entscheiden sie nur bei außergewöhnlichen Maßnahmen, soweit der Gesellschaftsvertrag nichts anderes vorsieht.
- Informations- und Kontrollrechte: Das MoPeG hat die Informationsrechte erweitert. Kommanditisten können neben Einsicht in Bücher und Jahresabschluss auch Auskunft über Gesellschaftsangelegenheiten verlangen, soweit dies zur Wahrnehmung ihrer Mitgliedschaftsrechte nötig ist (§ 166 Abs. 1 HGB). Zwingendes Recht sichert diese Rechte (§ 166 Abs. 2 HGB).
In der Praxis kann die Organisationsverfassung weitgehend modifiziert werden. Kommanditisten können Geschäftsführungsrechte oder umfangreiche Vertretungsbefugnisse erhalten, während Komplementäre teilweise ausgeschlossen werden. Auch kann die KG als Publikumsgesellschaft mit vielen Kommanditisten gestaltet werden, die dann meist nur als Kapitalgeber agieren. Hier werden oft Treuhandstrukturen und Beiräte eingesetzt.
Finanzverfassung
Die Finanzverfassung der KG ähnelt der der OHG. Eine Sonderregelung gibt es seit dem MoPeG in § 167 HGB: Kommanditisten haften für Verluste nur bis zur Höhe ihrer Einlage. Übrige Vorschriften der §§ 120-122 HGB bleiben anwendbar. In der Praxis werden die Kapitalanteile über mehrere Konten geführt: mindestens ein festes, ein variables Kapitalkonto und ein Privatkonto.
In der Ergebnisverteilung werden Gewinn und Verlust werden grundsätzlich nach § 120 HGB und § 709 Abs. 3 BGB verteilt. Gewinne werden dem Kapitalanteil des Kommanditisten gutgeschrieben. Verluste mindern diesen Anteil, können aber durch zukünftige Gewinne ausgeglichen werden. § 167 HGB schützt Kommanditisten davor, dass daraus Zahlungsansprüche gegenüber der Gesellschaft entstehen.
Mitgliedschaft
Die Mitgliedschaft in der KG entspricht im Wesentlichen der OHG, mit speziellen Anpassungen für Kommanditisten:
- So gilt etwa das Wettbewerbsverbot des § 117 HGB für die Kommanditisten nicht (§ 165 HGB).
- Eintritt: Kommanditisten treten über einen Aufnahmevertrag in die Gesellschaft ein. Haftungsfragen unterscheiden sich je nach Zeitpunkt der Verbindlichkeit:
- Altverbindlichkeiten: Für vor Eintritt bestehende Verbindlichkeiten haftet der neue Kommanditist begrenzt nach § 173 Abs. 1 HGB.
- Zwischen Eintritt und Eintragung: Haftung nach § 176 Abs. 2 HGB, persönlich und unbeschränkt, wenn Gläubiger die Haftungsbeschränkung nicht kennt.
- Neuverbindlichkeiten: Haftung nach § 171 HGB, wie üblich.
- Ausscheiden: Beim Ausscheiden haftet der Kommanditist höchstens fünf Jahre für Altverbindlichkeiten (§§ 161 Abs. 2, 137 HGB). Die Auszahlung des Abfindungsguthabens kann die Haftung erneut begrenzen (§ 135, § 172 Abs. 4 HGB).
- Übertragung: Die Mitgliedschaft kann durch ein Verfügungsgeschäft übertragen werden (§§ 413, 398 BGB), wenn der Gesellschaftsvertrag dies erlaubt oder alle Mitgesellschafter zustimmen (§ 711 Abs. 1 i. V. m. §§ 161 Abs. 2, 105 Abs. 3 HGB). Haftungsfragen hängen vom Handelsregistereintrag ab: Mit Rechtsnachfolgevermerk haftet der Veräußerer nicht, ohne Eintrag kann die Haftung wieder aufleben.
- Tod eines Gesellschafters: Stirbt ein Komplementär, scheidet er aus (§§ 161 Abs. 2, 130 Abs. 1 Nr. 1 HGB). Stirbt ein Kommanditist, geht dessen Anteil gemäß § 177 HGB auf die Erben über; die Gesellschaft wird mit diesen fortgeführt. Der Gesellschaftsvertrag kann hier abweichende Regelungen treffen.
Auflösung und Liquidation
Wenn’s ans Ende einer Kommanditgesellschaft geht – also an Auflösung und Liquidation – dann müssen wir gar nicht groß im Gesetz blättern. Die §§ 161 ff. HGB sagen dazu nämlich: nix Neues. Für die KG gilt im Prinzip dasselbe wie bei der OHG. Nur eine kleine, aber wichtige Besonderheit steckt in § 178 HGB: Kommanditisten gehören nicht zu den Liquidatoren. Heißt: Sie dürfen beim „Abwickeln“ nicht das Steuer übernehmen.
Spannend wird’s aber, wenn der letzte Komplementär das Handtuch wirft. Denn eine KG braucht nach § 161 Abs. 1 HGB mindestens einen Komplementär und mindestens einen Kommanditisten. Wenn also nur noch Kommanditisten übrig sind, passt das System eigentlich nicht mehr. Trotzdem darf die Gesellschaft für kurze Zeit weiter existieren – rein zur Abwicklung. Die herrschende Meinung sagt: „Okay, das lassen wir für den Übergang durchgehen“, aber innerhalb von drei Monaten müssen die Kommanditisten ernsthafte Schritte zur Liquidation einleiten. Tun sie das nicht, wird die Gesellschaft kraft Gesetzes zur OHG – mit unbeschränkter Haftung. Alternativ können sie auch einfach weitermachen, indem sie einen neuen Komplementär aufnehmen (§ 142 HGB).
Und was passiert, wenn’s sich um eine GmbH & Co. KG handelt? Da greift § 179 HGB ein: § 130 Abs. 1 Nr. 3 HGB gilt hier nicht. Bedeutet: Wenn die GmbH als einziger Komplementär insolvent geht (oder gar kein Verfahren eröffnet wird), scheidet sie nicht aus. Praktisch, denn so können GmbH und KG gemeinsam abgewickelt werden – das macht die Sache sauberer und einheitlicher.
Besonders knifflig ist der Fall der Zweipersonen-KG. Wenn hier der letzte Komplementär ausscheidet, erlischt die Gesellschaft ohne Liquidation (§ 712a Abs. 1 BGB). Das gesamte Vermögen fällt automatisch dem verbliebenen Kommanditisten zu. Der steht dann plötzlich als Einzelkaufmann da – und haftet grundsätzlich auch so. Der BGH versucht, das etwas zu entschärfen: Durch eine analoge Anwendung von § 27 HGB soll der Kommanditist nur mit dem übernommenen Gesellschaftsvermögen haften. Juristisch ist das nicht ganz sauber, aber pragmatisch. Die Rechtsprechung argumentiert hier mit einer Art „erbrechtlicher“ Lösung: Der Vorgang ähnelt dem Tod einer natürlichen Person, und die Haftung lässt sich – wie im Erbrecht – auf das übernommene Vermögen beschränken. Das Ganze ist dogmatisch zwar etwas gebastelt, funktioniert in der Praxis aber recht gut.
GmbH & Co. KG
Die GmbH & Co. KG ist keine eigene Rechtsform, sondern schlicht eine KG, bei der die Rolle des Komplementärs von einer GmbH übernommen wird. Also: Personengesellschaft plus Kapitalgesellschaft – und genau das macht den Reiz aus.
Erfunden wurde diese Konstruktion übrigens nicht vom Gesetzgeber, sondern von pfiffigen Praktikern, die das Beste aus zwei Welten wollten: die Gestaltungsfreiheit einer Personengesellschaft und die Haftungsbeschränkung einer GmbH.
Klingt nach Trick 17, oder? Genau das dachten viele Juristen im 19. Jahrhundert auch. Die große Frage war: Darf man überhaupt eine Personengesellschaft basteln, bei der keine natürliche Person voll haftet? Das BayObLG hat 1912 gesagt: „Ja, darf man!“ – und das Reichsgericht hat’s bestätigt. Seitdem ist das Thema eigentlich durch.
Heute erkennt man die GmbH & Co. KG sogar an verschiedenen Stellen im Gesetz wieder, etwa bei § 19 Abs. 2 HGB (Rechtsformzusatz), § 125 HGB (Firmenangabe) oder § 179 HGB (Simultaninsolvenz).
Und in der Praxis? Da boomt die Form geradezu. Rund 265.000 GmbH & Co. KGen und über 10.000 UG & Co. KGen gibt’s aktuell in Deutschland – Tendenz steigend. Vom Familienbetrieb bis zum großen Konzern ist alles dabei.
Gründung
Für eine GmbH & Co. KG müssen tatsächlich zwei Gesellschaften gegründet werden: die GmbH als Komplementärin und die KG selbst. Beide müssen ins Handelsregister, dann ist die Sache offiziell.
Interessant: Schon eine Vor-GmbH (also eine GmbH vor ihrer Registereintragung) kann als Komplementärin auftreten. Sie darf Verträge schließen, Geschäfte führen und haftet – später gehen ihre Verbindlichkeiten automatisch auf die eingetragene GmbH über.
Wird die KG bereits vor der Eintragung aktiv, hängt ihr rechtlicher Status davon ab, ob sie ein Handelsgewerbe betreibt. Falls ja: schon jetzt eine KG (§§ 161 Abs. 2, 123 Abs. 1 S. 2 HGB). Falls nein: eine GbR – genauer gesagt eine „GmbH & Co. GbR“.
Im Geschäftsverkehr muss der Rechtsformzusatz „GmbH & Co. KG“ oder eine vergleichbare Bezeichnung geführt werden, damit klar ist: Hier haftet keine natürliche Person voll (§ 19 HGB).
Haftung
Die Haftung bei der GmbH & Co. KG ergibt sich logisch aus der Kombination beider Systeme:
- Die KG haftet mit ihrem Gesellschaftsvermögen.
- Die GmbH haftet ebenfalls mit ihrem eigenen Vermögen, aber nicht darüber hinaus.
- Die Kommanditisten haften nur bis zur Höhe ihrer Einlage (§§ 171 ff. HGB).
- Und die GmbH-Gesellschafter? Die sind raus – keine Haftung weder für die GmbH noch für die KG (§ 13 Abs. 2 GmbHG).
Das Ganze führt dazu, dass im Ernstfall häufig niemand mit Privatvermögen haftet – und genau das macht die Konstruktion so attraktiv.
Organisationsverfassung
Die GmbH & Co. KG vereint zwei Welten: das Organisationssystem der KG und das der GmbH. Entsprechend hat sie auch beide Organsysteme.
Auf der Ebene der KG:
- Die Komplementär-GmbH führt die Geschäfte und vertritt die Gesellschaft nach außen.
- Die Kommanditisten bringen Kapital, bestimmen aber intern nur eingeschränkt mit – außer bei außergewöhnlichen Geschäften (§ 164 HGB).
Auf der Ebene der GmbH:
- Der Geschäftsführer leitet die GmbH (und damit mittelbar die KG).
- Die GmbH-Gesellschafter – oft identisch mit den Kommanditisten – treffen die strategischen Entscheidungen.
In großen GmbH & Co. KGen kann es zusätzlich Beiräte oder Aufsichtsräte geben, insbesondere wenn Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer greifen.
Willensbildung
Weil hier zwei Gesellschaften miteinander verzahnt sind, muss man genau aufpassen, wo welche Entscheidung getroffen wird. Bei Publikumsgesellschaften (also mit vielen Kommanditisten) werden Beschlüsse getrennt gefasst – klar getrennte Zuständigkeiten.
Anders in kleinen Familiengesellschaften, wo dieselben Leute in beiden Gesellschaften sitzen. Hier empfiehlt es sich, die Beschlussverfahren weitgehend zu synchronisieren, etwa mit identischen Beteiligungsverhältnissen, gleichen Mehrheiten und parallelen Versammlungen.
Das MoPeG hat übrigens für etwas mehr Einheitlichkeit gesorgt: Sowohl bei der KG als auch bei der GmbH werden fehlerhafte Beschlüsse nun regelmäßig über Anfechtungsklage überprüft – ähnlich wie bei der AG.
Geschäftsführung und Vertretung
Die eigentliche Geschäftsführung liegt – logisch – bei der Komplementär-GmbH. Ihr Geschäftsführer ist also der „Mann oder die Frau an der Front“.
Der Haken: Im Außenverhältnis kann man diese Vertretungsmacht kaum beschränken (§ 124 Abs. 4 HGB, § 37 Abs. 2 GmbHG). Selbst wenn der Geschäftsführer intern Grenzen überschreitet, bleiben seine Handlungen nach außen wirksam.
Und Vorsicht bei Insichgeschäften (§ 181 BGB): Eine Befreiung in der GmbH-Satzung gilt nicht automatisch auch für die KG.
Die Kommanditisten selbst haben im Alltag nichts zu sagen, es sei denn, es geht um außergewöhnliche Maßnahmen. Dann müssen sie zustimmen (§ 164 HGB).
Die Bestellung oder Abberufung des Geschäftsführers liegt wiederum allein bei den GmbH-Gesellschaftern.
Die Kommanditisten sind bei der GmbH & Co. KG typischerweise die Investoren – mit eingeschränkten Eingriffsmöglichkeiten. Genau das ist oft gewollt: Man will Kapitalgeber an Bord, aber keine Mitsprache in der täglichen Geschäftsführung. Bei außergewöhnlichen Geschäften haben sie dennoch ein Wörtchen mitzureden – und natürlich stehen ihnen die üblichen Kontrollrechte nach §§ 164, 166 HGB zu.
Finanzverfassung
Bei der GmbH & Co. KG wird es ein bisschen komplexer, weil wir es quasi mit zwei Gesellschaften gleichzeitig zu tun haben: der GmbH und der KG. Grundsätzlich gelten für die GmbH die Regeln des GmbHG und für die KG die Vorschriften des HGB. Wir konzentrieren uns hier aber auf die Besonderheiten, die direkt die Kapitalaufbringung und -erhaltung betreffen.
Kapitalaufbringung
Kapitalaufbringung in der GmbH und in der KG muss sauber getrennt betrachtet werden. Beide Gesellschaften haben dafür Sorge zu tragen, dass ihr Kapital ordnungsgemäß erbracht wird. Wer als Gesellschafter die Haftung ausschließen will, muss also sicherstellen, dass sowohl die GmbH-Anteile als auch die Kommanditanteile der KG vollständig abgedeckt sind.
Wenn ein Kommanditist seine Einlage an die Komplementär-GmbH leistet, gilt zunächst das, was für die GmbH grundsätzlich gilt: Die Einlage ist erst dann erfüllt, wenn die GmbH tatsächlich über die Mittel verfügen kann. Praktisch kann es da tricky werden: Überweist der Gesellschafter das Geld auf ein Konto der KG, obwohl es der GmbH zugedacht ist, kann dies trotzdem als wirksame Leistung gelten – vorausgesetzt, die GmbH stimmt zu und bekommt faktisch die Mittel, z. B. indem sie ihre Verbindlichkeit gegenüber der KG reduziert.
Problematisch ist es, wenn das Geld der GmbH nur als Darlehen zur Verfügung gestellt wird. Hier hat der BGH klar gemacht, dass dann die Gesellschafter die Rückflüsse zuzurechnen sind. Aktuell kann aber in Ausnahmefällen die Rückzahlung unter § 19 Abs. 5 GmbHG Erfüllungswirkung entfalten.
Für die Kommanditisten gilt: Sie haften erst dann nicht mehr gegenüber den Gläubigern, wenn ihre Einlage der KG tatsächlich zugeflossen ist. Zahlen sie also in die GmbH, muss diese das Geld weiterleiten, bevor die Haftung entfällt.
§ 172 Abs. 5 HGB verhindert übrigens Umgehungskonstruktionen bei personenidentischen GmbH & Co. KGen. So darf ein Gesellschafter nicht einfach einmal bar in die GmbH einzahlen und anschließend die GmbH-Anteile als Sacheinlage in die KG einbringen, um seine Verpflichtungen „doppelt“ zu erfüllen – das Gesetz sorgt dafür, dass die Haftung erhalten bleibt.
Kapitalerhaltung
Auch hier trennen wir strikt zwischen GmbH und KG. In der GmbH muss das Stammkapital erhalten bleiben. Rückzahlungen an Gesellschafter sind nach § 30 GmbHG nur zulässig, wenn dadurch keine Unterbilanz entsteht. Verstöße führen zu Rückzahlungsansprüchen aus § 31 GmbHG.
Bei der KG gibt es kein echtes Ausschüttungsverbot. Zahlen Kommanditisten Einlagen zurück, lebt ihre Haftung gegenüber den Gläubigern wieder auf (§§ 171, 172 Abs. 4 HGB). Das Problem: Auszahlungen aus der KG wirken oft mittelbar auf die GmbH. Wenn die GmbH als Komplementärin unbeschränkt haftet oder Anteile an der KG hält, kann die Auszahlung die Bilanz der GmbH belasten. Deshalb wird hier nach h. M. die GmbH-normierte Ausschüttungssperre aus §§ 30, 31 GmbHG auf die KG übertragen. Verstöße führen zur Rückzahlungspflicht gegenüber der KG, die notfalls über die actio pro socio durchgesetzt wird.
Darüber hinaus gelten für Darlehen von Gesellschaftern an GmbH oder KG die Regelungen über Nachrang in der Insolvenz (§§ 39 Abs. 4, 135 Abs. 4 InsO), und die Geschäftsführer haben gemäß § 15b InsO eine umfassende Pflicht zur Masseerhaltung.
Mitgliedschaft
Bei der GmbH & Co. KG gibt es keine einheitliche Mitgliedschaft. Man muss unterscheiden zwischen Mitgliedschaft in der KG und in der GmbH. Grundsätzlich gelten daher die Regeln für die KG bzw. die GmbH, nur einige Sonderfragen sind hier relevant.
Wettbewerbsverbot
Die Komplementär-GmbH unterliegt im Verhältnis zur KG einem Wettbewerbsverbot (§§ 161 Abs. 2, 117, 118 HGB). Kommanditisten dagegen haben kein gesetzliches Wettbewerbsverbot (§ 165 HGB).
Praktisch kann das aber angepasst werden: Die GmbH kann vom Wettbewerbsverbot befreit werden, etwa wenn sie mehrere KGen leitet oder eigene Geschäfte betreibt. Kommanditisten können einem Wettbewerbsverbot unterworfen werden, insbesondere wenn sie Leitungs- oder Einflussrechte ähnlich einem Komplementär haben. Das lässt sich im KG-Vertrag regeln; zusätzlich folgt aus Treupflichten oft ein analoges Wettbewerbsverbot.
Informationsrechte
Informationsrechte unterscheiden sich zwischen KG und GmbH. Kommanditisten haben ein Informationsrecht nach § 166 HGB, das MoPeG erweitert hat. GmbH-Gesellschafter haben noch weiterreichende Rechte nach § 51a GmbHG, die auch Informationen aus der KG-Sphäre erfassen, wenn sie zugleich Kommanditist sind.
Übertragung der Mitgliedschaft
GmbH-Anteile können nach § 15 Abs. 1 GmbHG übertragen werden, Notar erforderlich (§ 15 Abs. 3, Abs. 4 GmbHG).
Kommanditanteile der KG können übertragen werden, wenn der Gesellschaftsvertrag dies vorsieht oder die Mitgesellschafter zustimmen.
In der Praxis ergeben sich Herausforderungen:
- Publikums-KG – hohe Verkehrsfähigkeit der Kommanditanteile gewünscht.
- Personalistische Gesellschaften – Übertragbarkeit oft eingeschränkt.
- Personenidentische GmbH & Co. KGen – Anteile an GmbH und KG müssen gemeinsam übertragen werden – nur über entsprechende Klauseln in Satzung und KG-Vertrag realisierbar.
Vererbung der Gesellschaftsanteile
Beim Tod eines Gesellschafters gelten für den GmbH-Anteil § 15 Abs. 1 GmbHG und für den Kommanditanteil § 177 HGB.
Schwieriger wird es durch die Kombination von Sondererbfolge bei der KG und Gesamtrechtsnachfolge bei der GmbH. Lösungen: vorweggenommene Erbfolge, Einheits-GmbH & Co. KG oder Vertragsregelungen, die den Gleichlauf der Anteile sicherstellen.
Auflösung und Liquidation
GmbH nach GmbHG (§§ 60 ff.), KG nach HGB (§§ 138 ff.). Die Auflösung einer Gesellschaft führt nicht automatisch zur Auflösung der anderen:
- Auflösung der KG – löst nicht automatisch die GmbH auf (§ 62 Abs. 2 GmbHG). Scheidet die GmbH als einzige Komplementärin aus, muss die KG aufgelöst werden. Besonders kritisch bei Insolvenz der GmbH und KG – das MoPeG hat § 179 HGB eingeführt, der das Ausscheiden der insolventen GmbH ausschließt, wenn beide insolvent sind.
- Auflösung der GmbH: umstritten, ob sie auch die KG betrifft. h. M. analog § 130 Abs. 1 Nr. 1 HGB: erst mit Vollbeendigung. Streng genommen problematisch, weil KG-Anteile zur GmbH gehören; eine echte Vollbeendigung ist bei Fortbestand der KG nicht denkbar.
