Wenn man sich die Offene Handelsgesellschaft (kurz: OHG) anschaut, merkt man schnell – hier steckt einiges an rechtlicher Eigenart drin. Und genau die schauen wir uns jetzt Schritt für Schritt an.
Zuerst das Grundlegende: Die OHG ist eine Personengesellschaft, und zwar keine x-beliebige, sondern eine mit bestimmten Zwecken. Nach §§ 105 Abs. 1 und 107 Abs. 1 HGB darf sie nur für die dort genannten Tätigkeiten gegründet werden. Seit dem MoPeG ist sogar die gemeinsame Ausübung eines Freiberufs erlaubt (§ 1 Abs. 2 PartGG).
Außerdem ist die OHG selbst Kaufmann – also (Personen-)Handelsgesellschaft im Sinne der §§ 1 ff. HGB, wahlweise kraft Gewerbebetriebs oder über die Gewerbefiktion (§ 107 Abs. 1 HGB). Sie ist also ein Kaufmann „kraft Rechtsform„, aber kein Formkaufmann nach § 6 Abs. 2 HGB. Und sind die Gesellschafter selbst Kaufleute? Nach älterer Ansicht: ja. Heute sagt man aber – nein. Kaufmann ist nur die Gesellschaft, nicht der einzelne Gesellschafter. Nur wer als geschäftsführender Gesellschafter handelt, kann in bestimmten Fällen wie ein Kaufmann behandelt werden (z. B. § 350 HGB).
Und: Juristische Person? Fehlanzeige. Die OHG ist rechtsfähig, aber eben nur als rechtsfähige Personengesellschaft im Sinne des § 14 BGB – also kein eigenes Rechtssubjekt wie eine GmbH. Trotzdem kann sie am Rechtsverkehr teilnehmen (§ 105 Abs. 2 HGB, § 50 ZPO). Für ihre Schulden haftet sie nicht allein – auch die Gesellschafter stehen mit ihrem Privatvermögen gerade (§ 128 HGB).
Ihr Konzept ist auf einen überschaubaren Gesellschafterkreis ausgelegt (§ 131 Abs. 1 HGB). Trotzdem spricht nichts dagegen, dass auch eine größere Gruppe eine OHG betreibt. Ihr System ist flexibel, denn die meisten Vorschriften sind dispositiv, also abänderbar (§ 108 HGB).
Im Grunde ist die OHG eine besondere Form der GbR. Das steht sogar schwarz auf weiß in § 105 Abs. 3 HGB – danach gilt für sie ergänzend das GbR-Recht (§§ 705 ff. BGB). Und wer wissen will, was „Gesellschaft“ überhaupt heißt, schaut in § 705 Abs. 1 BGB. § 705 BGB nennt drei Merkmale, die jede Gesellschaft erfüllen muss:
- Vertraglicher Zusammenschluss mehrerer Personen – ohne Vertrag keine Gesellschaft – ganz einfach. Das unterscheidet die GbR (und damit auch die OHG) von bloßen Gefälligkeiten oder Zweckgemeinschaften, wo niemand wirklich rechtlich gebunden sein will.
- Gemeinsamer Zweck – die Gesellschafter müssen ein gemeinsames Ziel verfolgen. Bei der GbR kann das fast alles sein – von der gemeinsamen Wohnungsgemeinschaft bis zur Anwaltssozietät. Die OHG dagegen ist spezieller: Sie darf nur gewerbliche, vermögensverwaltende oder freiberufliche Zwecke verfolgen (§§ 105 Abs. 1, 107 Abs. 1 HGB). Und Achtung: Wenn der Zweck auf ein Handelsgewerbe i. S. d. § 1 HGB gerichtet ist, muss die Gesellschaft als OHG gelten – egal, was im Vertrag steht (Rechtsformzwang). Das „gemeinsame Ziel“ grenzt die Gesellschaft auch von Austauschverträgen ab, etwa vom partiarischen Darlehen: Hier bekommt jemand eine Gewinnbeteiligung, ohne Mitspracherecht oder Verlustrisiko – das reicht eben nicht für eine Gesellschaft.
- Förderungspflicht – die Gesellschafter müssen etwas zur Erreichung des gemeinsamen Ziels beitragen (§ 705 BGB). Was genau, bleibt ihnen überlassen: Geld, Arbeit, Know-how – oder schlicht das Risiko persönlicher Haftung. Eine feste Einlagepflicht wie bei Kapitalgesellschaften gibt es nicht (Ausnahme: Kommanditisten, § 171 HGB).
Diese Offenheit macht die GbR extrem vielseitig. Sie kann als auf Dauer angelegte Gesellschaft dienen (z. B. Anwaltskanzlei), als temporäre Arbeitsgemeinschaft (z. B. Bauprojekt) oder einfach zum Spaß (Ballonfahrt über die Alpen).
Neu ist die klare Trennung zwischen Außengesellschaft (rechtsfähig, nimmt am Rechtsverkehr teil) und Innengesellschaft (nicht rechtsfähig, nur intern tätig, §§ 740 ff. BGB). Die OHG ist – logisch – eine notwendige Außengesellschaft, weil sie zwingend gewerblich handelt. Die „innere“ Variante im HGB heißt „stille Gesellschaft“ (§§ 230 ff. HGB).
Ohne Firma keine OHG – § 106 Abs. 2 Nr. 1 HGB verlangt, dass die Gesellschafter eine gemeinsame Firma ins Handelsregister eintragen. Der Zusatz „offene Handelsgesellschaft“ oder kurz „OHG“ ist Pflicht (§ 19 Abs. 1 Nr. 2 HGB).
Der Gesellschaftsvertrag ist das Fundament. Form braucht er keine – außer es geht um Grundstücke (§ 311b BGB) oder GmbH-Anteile (§ 15 Abs. 4 GmbHG) als Einlage. Er erfüllt zwei Funktionen: Als Schuldvertrag regelt er die Pflichten der Gesellschafter (z. B. Beiträge, Mitwirkung). Als Organisationsvertrag schafft er die Gesellschaft selbst – also das „neue Rechtssubjekt“. Das führt zu ein paar Besonderheiten: Die Auslegung richtet sich nach §§ 133, 157 BGB, aber der gemeinsame Wille zählt mehr als der Wortlaut (falsa demonstratio non nocet). Auch eine gelebte Praxis kann verbindlich werden. Und § 139 BGB gilt quasi umgekehrt: Wird eine Klausel unwirksam, bleibt der Rest in der Regel bestehen. Weil die Pflichten der Gesellschafter nicht in einem klassischen Gegenseitigkeitsverhältnis stehen, sind §§ 320 ff. BGB (Einrede des nichterfüllten Vertrages) kaum anwendbar. Nur in einer Zweipersonengesellschaft kann das ausnahmsweise anders aussehen. Wer seine Einlagepflicht verletzt, kann bis zur Inbetriebnahme der Gesellschaft zurücktreten oder Schadensersatz verlangen – danach nicht mehr. Ist die Gesellschaft einmal entstanden, geht das nur noch über Auflösung (§ 139 HGB) oder Kündigung aus wichtigem Grund (§ 132 Abs. 2 HGB).
Entstehung
Personenhandelsgesellschaften entstehen schnell – kein Notar, kein Mindestkapital, keine Gründungsformalitäten wie bei Kapitalgesellschaften. Trotzdem muss man zwischen Innen- und Außenverhältnis unterscheiden.
Innenverhältnis
Zwischen den Gesellschaftern reicht der Abschluss des Gesellschaftsvertrages. Die Geschäfte müssen noch gar nicht laufen.
Die Handelsregistereintragung ist nur bei den „kannkaufmännischen„, vermögensverwaltenden oder freiberuflichen OHG (§ 107 Abs. 1 HGB) Voraussetzung. Solange bleibt es eine GbR – aber meist gelten schon die OHG-Regeln, weil das dem Parteiwillen entspricht.
Außenverhältnis
Gegenüber Dritten entsteht die OHG erst, wenn sie nach außen auftritt. Das kann auf zwei Wegen passieren:
Eintragung
Die Gesellschaft wird mit der Handelsregistereintragung rechtsfähig (§ 123 Abs. 1 S. 1 HGB).
Die Anmeldung müssen alle Gesellschafter vornehmen (§ 106 Abs. 7 HGB). Niemand soll gegen seinen Willen in die persönliche Haftung rutschen.
Teilnahme am Rechtsverkehr
Beginnt die Gesellschaft schon vorher mit Geschäften (§ 123 Abs. 1 S. 2 HGB), wird sie dadurch rechtsfähig – vorausgesetzt, alle Gesellschafter stimmen zu. Das nennt man den „Geschäftsbeginn“, nun modernisiert als „Teilnahme am Rechtsverkehr“.
Es reicht schon, wenn im Namen der Gesellschaft Geschäfte abgeschlossen oder öffentlich Mitteilungen gemacht werden („Wir eröffnen demnächst die XY-OHG“).
Interne Handlungen, wie Einlagen einzahlen, genügen dagegen nicht.
Bei der „istkaufmännischen“ OHG entsteht sie also mit der tatsächlichen Geschäftstätigkeit. Die „kannkaufmännische“ OHG dagegen erst mit der Handelsregistereintragung. Dazwischen existiert sie nur als GbR – bis sie mit dem Eintrag automatisch zur OHG wird.
Umwandlung
Manchmal entsteht eine OHG nicht durch klassische Gründung, sondern durch „Umwandlung“ eines bestehenden Rechtsträgers – also quasi durch eine Verwandlung im laufenden Betrieb. Das passiert öfter, als man denkt. Hier ein paar typische Fälle:
- Eine GbR, die zunächst nur ein Kleingewerbe betreibt, kann sich unfreiwillig „hochstufen“. Sobald der Geschäftsbetrieb so wächst, dass er kaufmännische Organisation erfordert (§ 1 Abs. 2 HGB), wird die GbR automatisch zur OHG – ganz ohne feierliche Erklärung. Das nennt man Rechtsformzwang. Umgekehrt gilt: Schrumpft das Geschäft wieder unter die Kaufmannsschwelle, verwandelt sich die OHG automatisch zurück in eine GbR – allerdings nur, wenn sie nie im Handelsregister stand (§ 107 Abs. 1 HGB). War sie bereits eingetragen, blockiert § 5 HGB den Rückweg, solange überhaupt ein Gewerbe betrieben oder Vermögen verwaltet wird. Neu seit dem MoPeG ist, dass für diesen Statuswechsel nun § 707c BGB und § 107 Abs. 3 HGB greifen. Heißt konkret: Eine eingetragene Gesellschaft kann künftig nur noch in das jeweils andere Register – Handels- oder Gesellschaftsregister – „umziehen“ (§ 107 Abs. 2 S. 2 HGB).
- Eine KG verwandelt sich automatisch in eine OHG, wenn der letzte Kommanditist ausscheidet und mindestens zwei Komplementäre übrig bleiben. Und andersherum: Sobald in einer OHG ein Kommanditist hinzukommt oder ein Anteil in einen Kommanditanteil umgewandelt wird (zum Beispiel durch Erbfolge nach § 131 HGB), entsteht eine KG.
- Auch Kapitalgesellschaften – etwa GmbH oder AG – können zur OHG werden, und zwar durch Formwechsel nach dem Umwandlungsgesetz (§§ 190 ff., 228 ff. UmwG).
Daneben gibt’s noch Sonderfälle, auf die wir hier nur hinweisen: etwa Spaltungen anderer Rechtsträger (§§ 123 ff., 135 ff. UmwG) oder das Scheitern einer Vor-GmbH, wenn die Eintragungsabsicht aufgegeben wird.
Fehlerhafte Gesellschaft
Jetzt wird’s spannend – denn hier kommt einer der klassischen „Aha“-Momente im Gesellschaftsrecht. Was passiert, wenn der Gesellschaftsvertrag fehlerhaft ist? Etwa, weil jemand getäuscht wurde (§ 123 BGB), sich geirrt hat (§ 119 BGB) oder eine vorgeschriebene Form nicht eingehalten wurde (§ 125 BGB)?
Nach allgemeinem Zivilrecht wäre so ein Vertrag nichtig oder anfechtbar – aber das Gesellschaftsrecht geht eigene Wege. Denn wenn eine Gesellschaft tatsächlich schon am Markt auftritt, Kunden hat, vielleicht sogar Gewinne macht, wäre es ziemlich unpraktisch, sie nachträglich „in Luft aufzulösen“. Genau hier greift die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft ein.
Sie besagt vereinfacht: Eine Gesellschaft, die zwar fehlerhaft gegründet wurde, aber tatsächlich bereits tätig ist, gilt als wirksam – allerdings nur bis zur Auflösung mit Wirkung für die Zukunft (ex nunc). Rückabwicklung? Fehlanzeige. Stattdessen Liquidation.
Warum dieser Sonderweg? Ganz einfach: Der Rechtsverkehr braucht Verlässlichkeit. Geschäftspartner müssen sich darauf verlassen können, dass eine existierende Gesellschaft auch tatsächlich existiert – selbst wenn sie auf einem mangelhaften Vertrag beruht.
Früher sprach man übrigens von der „faktischen Gesellschaft“ – die sollte schon allein durch faktisches Handeln entstehen. Diese Ansicht ist heute überholt, weil niemand gegen seinen Willen in eine Gesellschaft gezwungen werden darf.
Heute herrscht also Einigkeit:
- Es muss ein Gesellschaftsvertrag geschlossen worden sein (also ein echter Konsens, keine Einbildung).
- Der Vertrag muss fehlerhaft sein – durch Anfechtung, Nichtigkeit oder fehlende Mitwirkung bestimmter Personen (z. B. bei Geschäftsunfähigkeit).
- Er muss in Vollzug gesetzt sein – die Gesellschaft muss also nach außen aufgetreten sein (§ 123 Abs. 1 S. 2 HGB). Nur interne Vorgänge, etwa Einlagen ohne Außenwirkung, genügen nicht.
- Schließlich dürfen keine schutzwürdigen Interessen entgegenstehen – etwa wenn Minderjährige beteiligt sind oder der Zweck verboten ist.
Wenn all das erfüllt ist, gilt die Gesellschaft als wirksam entstanden – sie kann aber jederzeit mit Wirkung für die Zukunft aufgelöst werden (§ 139 HGB bzw. § 731 BGB für die GbR).
Beispiel: A und B gründen eine OHG. A soll 1 Mio. Euro in bar einzahlen, B bringt 300.000 Euro plus ein Grundstück im Wert von 700.000 Euro ein. Sie beginnen zu wirtschaften, aber das Grundstück wird nie übereignet. Der Vertrag ist formnichtig (§ 311b Abs. 1 BGB), weil eine Grundstücksübertragung beurkundet werden muss. Dennoch gilt nach der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft: Die OHG ist wirksam entstanden, weil sie ihre Geschäfte aufgenommen hat. Nur die Verpflichtung zur Grundstücksübertragung bleibt unwirksam. Leistet B nicht freiwillig, kann A die Gesellschaft gem. § 139 HGB auflösen. Bis dahin gilt sie als wirksam, auch im Außenverhältnis.
Diese Lehre wird übrigens auch bei fehlerhaften Vertragsänderungen und Strukturmaßnahmen angewendet – z. B. bei Verschmelzungen (§ 20 Abs. 2 UmwG) oder Kapitalmaßnahmen (§ 246a Abs. 2 S. 2 AktG).
Scheingesellschaft
Ganz anders läuft’s bei der Scheingesellschaft. Hier wird nur so getan, als ob es eine Gesellschaft gäbe – in Wahrheit fehlt aber der gemeinsame Wille, überhaupt einen Gesellschaftsvertrag zu schließen.
Klassischer Fall: Zwei Personen treten im Geschäftsverkehr als „Müller & Schmidt OHG“ auf, ohne jemals eine Gesellschaft gegründet zu haben. Sie benutzen vielleicht Briefpapier, Visitenkarten oder eine gemeinsame Website – und erwecken so nach außen den Anschein einer OHG.
Der Unterschied zur fehlerhaften Gesellschaft ist entscheidend: Bei der Scheingesellschaft fehlt es schon an einem Rechtsgeschäft. Sie ist kein Rechtssubjekt, kann kein Vermögen bilden, keine Klagen erheben und keine Firma führen.
Aber – und jetzt kommt’s – wer den Rechtsschein einer OHG erzeugt, muss sich daran festhalten lassen. Dritte dürfen sich auf diesen Schein verlassen. Die Folge: Rechtsscheinhaftung. Die „Scheingesellschafter“ haften gegenüber gutgläubigen Dritten persönlich, so als wären sie echte OHG-Gesellschafter (§ 126 HGB analog).
Kurz gesagt:
- Fehlerhafte Gesellschaft = tatsächlich gegründet, aber mit Mängeln – wirksam bis zur Auflösung ex nunc.
- Scheingesellschaft = nie gegründet, aber nach außen so getan – keine Gesellschaft, aber persönliche Haftung aus Rechtsschein.
Haftung
Nun zum wichtigen Thema der Haftung.
Trennung zwischen Gesellschafts- und Privatvermögen
Fangen wir mit dem Grundprinzip an: Die OHG ist – auch wenn sie keine juristische Person ist – eine eigenständige Trägerin von Rechten und Pflichten (§ 105 Abs. 2 HGB). Sie ist also rechtsfähig und kann als solche klagen und verklagt werden (§ 50 ZPO). Juristisch läuft sie unter der Kategorie der rechtsfähigen Personengesellschaft (§ 14 BGB).
Wichtig ist die klare Trennung: Das Vermögen der OHG gehört der Gesellschaft (§ 713 BGB i. V. m. § 105 Abs. 3 HGB), nicht den einzelnen Gesellschaftern. Dieses Gesellschaftsvermögen steht allein den Gläubigern der Gesellschaft zu (§ 129 HGB). Private Gläubiger der Gesellschafter haben daran nichts zu suchen.
Will also jemand in das Gesellschaftsvermögen vollstrecken, braucht er auch einen Titel gegen die Gesellschaft selbst (§ 129 Abs. 1 HGB). Ein Urteil gegen einzelne Gesellschafter reicht dafür nicht. Umgekehrt gilt: Soll ins Privatvermögen eines Gesellschafters vollstreckt werden – also in sein Konto, Haus oder Auto – braucht es einen Titel gegen ihn persönlich (§ 129 Abs. 2 HGB). Das bedeutet: Wer als Gläubiger beide Vermögensmassen anzapfen will, muss sich beide Titel besorgen – einen gegen die OHG und einen gegen die Gesellschafter.
Zurechnungstatbestände
Die OHG kann natürlich nicht selbst handeln – sie hat ja weder Hände noch Stimme. Damit sie trotzdem Verträge schließen und rechtlich bindende Erklärungen abgeben kann, braucht sie Vertreter. Das sind regelmäßig ihre Geschäftsführer (§ 124 Abs. 4 HGB). Diese handeln mit Vertretungsmacht, deren Grundlage meist der Gesellschaftsvertrag ist.
Die Geschäftsführer können wiederum Prokuristen (§ 48 HGB), Handlungsbevollmächtigte (§§ 54 f. HGB) oder andere Vertreter (§ 167 BGB) einsetzen. So wird sichergestellt, dass die OHG am Rechtsverkehr teilnehmen kann, ohne dass jeder Gesellschafter ständig mit anpacken muss.
Kommt es dann zu Pflichtverletzungen, stellt sich die Frage: Wer haftet? Für schuldhaftes Verhalten ihrer Geschäftsführer haftet die OHG analog § 31 BGB, also wie ein Verein für sein Organ. Alternativ kann man die Haftung auch auf § 278 BGB stützen – entscheidend ist, dass das Handeln im Rahmen der Geschäftsführung erfolgt.
Das gleiche gilt bei deliktischen Handlungen: Begeht ein Geschäftsführer eine unerlaubte Handlung, wird diese der Gesellschaft nach § 31 BGB analog zugerechnet – allerdings nur, wenn er in Ausübung seiner Geschäftsführertätigkeit handelt. Privat bleibt privat.
Beispiel: A ist Gesellschafter der ABC-OHG. Im Urlaub auf Sylt verursacht er mit seinem privat gemieteten Auto einen Unfall. Kann das Unfallopfer X die OHG verklagen? Nein. Zwar ist A Organ der Gesellschaft, aber er hat hier rein privat gehandelt – also nicht „in Ausführung seiner Verrichtungen“. § 31 BGB greift damit nicht, die OHG bleibt außen vor. X kann nur A persönlich auf Schadensersatz verklagen (§ 823 Abs. 1 BGB, § 18 Abs. 1 StVG).
Persönliche Haftung der Gesellschafter
Jetzt wird’s spannend: Die Gläubiger können sich nicht nur an die OHG halten, sondern auch an jeden einzelnen Gesellschafter (§ 126 HGB). Das nennt man persönliche, unbeschränkte und unmittelbare Haftung. Eine Vereinbarung, die das nach außen ausschließen soll, ist unwirksam (§ 126 S. 2 HGB) – egal, ob sie im Gesellschaftsvertrag oder in AGB steht.
Warum das so ist? Ganz einfach: Die Gesellschafter genießen bei der OHG eine Rechtsform ohne Kapitalschutzvorschriften. Sie müssen also mit ihrem Privatvermögen haften – das ist der Preis für diese Freiheit. Kapitalgesellschaften wie die GmbH funktionieren genau andersherum: Dort gibt’s strenge Kapitalregeln, aber keine persönliche Haftung. Das sind die zwei großen Schutzsysteme des Gesellschaftsrechts: persönliche Haftung (bei Personengesellschaften) versus Kapitalbindung (bei Kapitalgesellschaften).
Damit ein Gesellschafter nach § 126 HGB haftet, müssen einige Punkte zusammenkommen:
- Es muss eine OHG bestehen. Maßgeblich ist, ob sie nach außen entstanden ist (§ 123 HGB).
- Es muss eine Gesellschaftsverbindlichkeit bestehen. Das kann alles Mögliche sein: vertragliche Schulden, deliktische Ansprüche, Bereicherungsrecht, Gebührenbescheide etc.
- Die in Anspruch genommene Person muss Gesellschafter sein – und zwar zum Zeitpunkt der Begründung der Verbindlichkeit. Ob sie beim Klagezeitpunkt noch Gesellschafter ist, spielt keine Rolle (§ 137 HGB). Allerdings endet die Haftung eines Ausgeschiedenen nach fünf Jahren (§ 160 HGB).
Beispiel: A, B und C sind Gesellschafter der ABC-OHG. A nimmt für die Gesellschaft ein Bankdarlehen über 200.000 Euro auf. Die Rückzahlung ist fällig – die Bank möchte nun A persönlich in Anspruch nehmen. Zurecht: Das Darlehen wurde von der OHG aufgenommen und ist fällig. A war beim Vertragsschluss Gesellschafter. Also haftet er nach § 126 HGB i. V. m. § 488 BGB für die gesamte Summe – persönlich und mit seinem Privatvermögen.
Rechtsfolgen
Die Haftung des Gesellschafters ist direkt, primär und unbeschränkt:
- Direkt: Der Gläubiger kann A sofort verklagen – er muss nicht erst die OHG in Anspruch nehmen (§ 126 S. 1 HGB).
- Primär: Es gibt keine Einrede der Vorausklage (§ 771 BGB gilt hier nicht).
- Unbeschränkt: A haftet mit seinem gesamten Privatvermögen.
- Gesamtschuld: Jeder Gesellschafter haftet für die ganze Forderung (§ 421 BGB).
Inhalt der Haftung
Hier scheiden sich die Geister. Muss der Gesellschafter die Leistung in natura erbringen – also genau das, was die OHG schuldet – oder darf er sich mit Geld „freikaufen“? Zwei Theorien stehen sich gegenüber:
- Haftungstheorie – der Gesellschafter schuldet nur Geld (Schadensersatz).
- Erfüllungstheorie (h. M.) – er muss grundsätzlich dieselbe Leistung erbringen, es sei denn, das wäre für ihn unzumutbar oder würde stark in seine Privatsphäre eingreifen.
Beispiel: E beauftragt die „A & B Sanitär-OHG“ mit Klempnerarbeiten. A führt die Geschäfte, B ist 82 Jahre alt und nichtgeschäftsführende Gesellschafterin. Nach der Arbeit treten Mängel auf – kann E die betagte B auf Mängelbeseitigung verklagen? Nach der h. M. ja: B haftet persönlich nach § 126 HGB, und die Reparatur ist keine höchstpersönliche Leistung. Sie kann also die Mängel selbst beseitigen oder jemanden damit beauftragen.
Einwendungen und Einreden
Die Haftung der Gesellschafter ist akzessorisch – sie hängt also an der Schuld der Gesellschaft (§ 128 Abs. 1 HGB). Der Gesellschafter kann sich deshalb auf alle Einwendungen berufen, die auch der OHG zustehen.
Beispiel: Ist die Forderung gegen die OHG verjährt, kann sich auch der Gesellschafter auf Verjährung berufen (§ 214 Abs. 1 BGB). Wird aber nur gegen den Gesellschafter Klage erhoben und damit die Verjährung gehemmt (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB), dann bleibt sie auch ihm gegenüber offen – logisch, denn er weiß nun, dass der Gläubiger sein Geld will.
Gesellschafter als Anspruchsteller
Wenn es um die Sozialverbindlichkeiten geht – also Schulden, die innerhalb der Gesellschaft entstanden sind –, ist klar: Eine Haftung der Mitgesellschafter nach § 126 HGB kommt hier nicht in Betracht. § 710 BGB steht dem nämlich entgegen. Warum? Ganz einfach: Würde man § 126 HGB trotzdem anwenden, müssten die Gesellschafter praktisch Nachschüsse leisten, ohne dass sie dem zugestimmt hätten – genau das aber verbietet § 710 BGB ausdrücklich. Mit anderen Worten: Das Risiko, dass ein Gesellschafter ausfällt, tragen am Ende alle Gesellschafter gemeinsam, anteilig nach ihrer Beteiligung.
Anders sieht es bei Ansprüchen von Drittgläubigern aus, also bei Forderungen, die aus Geschäften der Gesellschaft mit außenstehenden Personen stammen – etwa aus Kauf-, Darlehens- oder Mietverträgen. Hier greift § 126 HGB grundsätzlich auch dann, wenn der Anspruchsteller selbst Gesellschafter ist. Warum das so ist? Weil die Grundlage seines Anspruchs nicht im Gesellschaftsverhältnis selbst liegt, sondern außerhalb davon – der Anspruch besteht also unabhängig von der Mitgliedschaft. Trotzdem kann man natürlich nicht so tun, als wäre die Gesellschafterstellung völlig egal: Die Treuepflicht verlangt auch hier Rücksicht auf die Interessen der Mitgesellschafter.
Umstritten war lange, ob der Gesellschafter erst einmal die Gesellschaft selbst in Anspruch nehmen muss, bevor er sich an seine Mitgesellschafter wendet – also ob eine Art Subsidiarität der Haftung besteht. Der BGH hat diese Frage aber inzwischen eindeutig entschieden – und zwar gegen eine solche Subsidiarität. Mit anderen Worten: Der Gesellschafter darf sich direkt an die Mitgesellschafter wenden. Die Begründung: Schutzwürdig sind diese nicht. Sie können nämlich im Gegenzug von der Gesellschaft Regress (§ 105 Abs. 3 HGB i. V. m. § 716 Abs. 1 BGB) oder sogar Freistellung verlangen – schon bevor sie überhaupt zahlen müssen.
Allerdings gilt: Der Gesellschafter, der seine Mitgesellschafter in Anspruch nimmt, muss seinen eigenen Verlustanteil sofort abziehen. Alles andere wäre nur ein unnötiges Hin-und-Her an Zahlungen, denn diesen Anteil müsste er im Innenverhältnis sowieso selbst tragen (§ 426 BGB).
Beispiel: A, B und C sind Gesellschafter der ABC-Weinhandels-OHG in Mannheim. Um den Onlineversand auszubauen, leiht A der Gesellschaft 18.000 Euro. Da es sich um eine Drittgläubigerforderung handelt, kann A seine Mitgesellschafter B und C – ohne vorher die Gesellschaft selbst in Anspruch zu nehmen – nach § 126 HGB gemeinschaftlich auf 12.000 Euro verklagen, also jeweils anteilig. B und C können sich aber wiederum von der OHG freistellen lassen (§ 257 BGB). Leistet die Gesellschaft daraufhin, ist die Haftung der Mitgesellschafter erledigt – deren Privatvermögen bleibt also verschont.
Regressansprüche gegen die Gesellschaft
Zahlt ein Gesellschafter eine Gesellschaftsschuld an einen Gläubiger, hat er selbstverständlich Regressansprüche. Noch bevor er überhaupt zahlt, kann er Freistellung verlangen – von der Gesellschaft in voller Höhe (§ 257 BGB analog) und von seinen Mitgesellschaftern anteilig nach ihren Beteiligungsquoten (§ 426 Abs. 1 BGB).
Hat der Gesellschafter tatsächlich gezahlt, steht ihm gegen die Gesellschaft ein Anspruch auf Aufwendungsersatz zu (§ 105 Abs. 3 HGB i. V. m. § 716 Abs. 1 BGB). Zu den „Aufwendungen“ zählt hier selbstverständlich auch das Begleichen von Gesellschaftsschulden – auch wenn das auf den ersten Blick nicht freiwillig wirkt. Entscheidend ist nämlich das Innenverhältnis: Die Gesellschaft ist ja ihrerseits verpflichtet, den Gesellschafter freizustellen (§ 257 BGB). Daher ist das Zahlen letztlich keine unfreie Handlung, sondern Teil des gemeinsamen Geschäftsrisikos.
Spannend ist die Frage, ob mit dieser Zahlung auch der Anspruch des Gläubigers gegen die Gesellschaft auf den Gesellschafter übergeht (cessio legis). Die wohl herrschende Meinung verneint das bislang, doch überzeugender ist das Gegenteil: Wegen der Akzessorietät von Sicherungsrechten (etwa Hypotheken oder Bürgschaften) muss der Anspruch übergehen – sonst würde der zahlende Gesellschafter schlechter dastehen als ein Bürge (§ 774 Abs. 1 BGB analog).
Regressansprüche gegen Mitgesellschafter
Untereinander haften die Gesellschafter nach § 126 S. 1 HGB als Gesamtschuldner. Für den Ausgleich untereinander gilt § 426 BGB: Nach Abs. 1 kann der zahlende Gesellschafter anteilig Freistellung oder Regress verlangen. Nach Abs. 2 geht der befriedigte Anspruch des Gläubigers kraft Gesetzes auf ihn über – auch das sichert den Rückgriff.
Trotzdem gilt im Innenverhältnis ein gewisser Vorrang der Gesellschaft: Der Gesellschafter soll – aus Treuepflicht – zuerst dort Regress suchen. Nur wenn die Gesellschaft keine Mittel hat oder sich weigert zu zahlen, dürfen die Mitgesellschafter in Anspruch genommen werden.
Wichtig ist außerdem: Der Rückgriff erfolgt anteilig – und zwar entsprechend der Verlustbeteiligung (§ 105 Abs. 3 HGB i. V. m. § 709 Abs. 3 BGB). Nur wenn ein Gesellschafter allein schuldhaft gehandelt hat, kann er voll haftbar gemacht werden (§ 254 BGB analog).
Ein Anspruch aus § 716 Abs. 1 BGB gegen die Gesellschaft kann dagegen nicht auf § 126 HGB gestützt werden – denn das betrifft wieder eine Sozialverbindlichkeit, und da gilt § 126 HGB nun einmal nicht.
Beispiel: Winzer Jonas hat eine Forderung über 6.000 Euro gegen die ABC-Weinhandels-OHG. Er macht sie gegenüber Gesellschafter A geltend. Kann A von der OHG kein Geld bekommen, darf er von B und C jeweils 2.000 Euro Regress verlangen (§ 426 Abs. 1 BGB). Außerdem geht die Forderung von Jonas auf A über (§ 426 Abs. 2 BGB) – auch das sichert seinen Rückgriff ab. Den verbleibenden Anteil von 2.000 Euro muss A als eigenen Verlustanteil selbst tragen.
Organisationsverfassung
In der OHG haben die Gesellschafter jede Menge Gestaltungsspielraum: § 108 HGB erlaubt es ihnen, ihre rechtlichen Beziehungen untereinander und zur Gesellschaft weitgehend selbst festzulegen. Kurz gesagt: Das Innenleben der Gesellschaft ist Privatsache – jedenfalls soweit das Gesetz nichts anderes zwingend vorschreibt. Und das tut es an manchen Stellen, etwa in § 112 Abs. 1 S. 2 HGB oder auch aus dem Sinn und Zweck einzelner Vorschriften, wie bei § 710 BGB.
Da eine OHG selbst keine Hände hat, um im Rechtsverkehr zu handeln, braucht sie dafür Organe. Im Personengesellschaftsrecht gilt hier das Prinzip der Selbstorganschaft (§§ 116 Abs. 1, 124 Abs. 1 HGB): Die Gesellschafter selbst sind die Organe der Gesellschaft – und zwar automatisch, ohne dass es dafür eine gesonderte Bestellung bräuchte. Folglich kann auch nur Gesellschafter sein, wer zugleich Geschäftsführungsorgan ist. Diese Stellung kann man nicht einfach so ablegen, jedenfalls nicht ohne wichtigen Grund (§ 116 Abs. 6 HGB).
Der Gesellschaftsvertrag darf allerdings einzelne Gesellschafter von der Geschäftsführung ausschließen – solange wenigstens einer übrigbleibt, der die Geschäfte führt (§ 116 Abs. 3 HGB). Trotzdem müssen auch die ausgeschlossenen Gesellschafter bei außergewöhnlichen Angelegenheiten einbezogen werden (§ 116 Abs. 2 S. 1 HGB). Mit anderen Worten: Selbstorganschaft heißt nicht, dass alle alles dürfen, sondern dass die Verantwortung grundsätzlich bei den Gesellschaftern selbst liegt – wie sie diese untereinander verteilen, bleibt ihnen überlassen.
Ganz abbedingen lässt sich der Grundsatz der Selbstorganschaft nicht. Aber: Die Rechtsprechung drückt bei Publikumsgesellschaften ein Auge zu, wenn die Geschäftsführung im Rahmen eines Geschäftsbesorgungsvertrags an Dritte übertragen wird – vorausgesetzt, die Gesellschafter behalten das Recht, diese Ermächtigung jederzeit zu widerrufen.
Werfen wir einen Blick auf die wichtigsten „Werkzeuge“, mit denen Gesellschafter die Gesellschaft steuern:
- Geschäftsführungsbefugnis (§ 116 HGB): das rechtliche Dürfen im Innenverhältnis. Darunter fällt jede Handlung, die dem Gesellschaftszweck dient – also das operative Tun, soweit es nicht um Grundsatzentscheidungen wie Vertragsänderungen geht.
- Vertretungsmacht (§ 124 HGB): das rechtliche Können im Außenverhältnis. Hier geht’s um die Befugnis, die Gesellschaft nach außen rechtsverbindlich zu vertreten. Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht laufen meist Hand in Hand, können aber auseinanderfallen – und dann entstehen schnell Haftungsfragen.
- Mitwirkungsrecht an Gesellschafterbeschlüssen (§ 109 HGB): Entscheidungen werden durch Beschluss getroffen – das ist die demokratische Komponente der OHG. Die Gesellschafter bestimmen gemeinsam über Geschäftsführungsfragen, Grundlagengeschäfte und sonstige Gesellschaftsangelegenheiten.
- Anfechtungsrecht (§§ 110 ff. HGB): Wer sich bei einem Beschluss übergangen oder benachteiligt fühlt, kann diesen gerichtlich überprüfen lassen.
- Informations- und Kontrollrecht (§ 717 BGB i. V. m. § 105 Abs. 3 HGB): Alle Gesellschafter dürfen wissen, was in der Gesellschaft passiert – und sie dürfen das auch kontrollieren.
Geschäftsführungsbefugnis
Nach dem Grundsatz der Selbstorganschaft (§ 116 Abs. 1 HGB) ist jeder Gesellschafter zur Geschäftsführung berechtigt und verpflichtet.
Der Gesellschaftsvertrag kann hiervon abweichen und einzelne Gesellschafter ausschließen (§ 116 Abs. 3 HGB).
Ein Entzug der Befugnis ist nur aus wichtigem Grund und grundsätzlich nur per gerichtlicher Gestaltungsklage möglich (§ 116 Abs. 5 HGB) – außer der Gesellschaftsvertrag sieht ein anderes Verfahren vor, etwa durch Mehrheitsbeschluss (dann allerdings ohne Stimmrecht des Betroffenen).
Im Normalfall darf jeder geschäftsführende Gesellschafter allein handeln (§ 116 Abs. 3 S. 1 HGB). Widerspricht ein anderer, muss das Geschäft liegen bleiben (§ 116 Abs. 3 S. 2 HGB). Der Vertrag kann aber auch Gesamtgeschäftsführung anordnen (§ 116 Abs. 4 HGB) – dann ist für jedes Geschäft die Zustimmung aller Geschäftsführenden nötig.
Zum Umfang: Die Geschäftsführungsbefugnis deckt alle gewöhnlichen Geschäfte ab, die dem Betrieb der Gesellschaft entsprechen (§ 116 Abs. 2 S. 1 HGB). Was „gewöhnlich“ ist, hängt vom konkreten Unternehmen ab. Alles, was nach Art, Umfang oder Bedeutung aus der Reihe fällt, gilt als ungewöhnlich – etwa ein Großkredit, ein Grundstückskauf oder eine drastische Änderung des Geschäftsfeldes. Solche Entscheidungen dürfen nur alle Gesellschafter gemeinsam treffen (§ 116 Abs. 2 S. 2 HGB).
Überschreitet ein Gesellschafter seine Befugnis, verletzt er den Gesellschaftsvertrag und haftet nach § 280 Abs. 1 BGB auf Schadensersatz – selbst wenn er die Folgen nicht beabsichtigt hat. Entscheidend ist, dass er wusste oder hätte wissen müssen, dass er seine Kompetenzen überdehnt.
Vertretungsmacht
Die Vertretungsmacht (§ 124 HGB) ist das Gegenstück zur Geschäftsführungsbefugnis – sie wirkt nach außen. Vertreten können grundsätzlich nur Gesellschafter, was aus dem Prinzip der Selbstorganschaft folgt.
Der Gesellschaftsvertrag kann einzelne Gesellschafter von der Vertretung ausschließen, solange mindestens einer verbleibt (§ 124 Abs. 1 HGB). Daneben können natürlich auch Dritte rechtsgeschäftlich bevollmächtigt werden, etwa durch Prokura – aber eine vollständige Auslagerung der Vertretung ist unzulässig.
Das Gesetz sieht grundsätzlich Einzelvertretungsmacht vor (§ 124 Abs. 1 HGB). Der Vertrag kann aber auch Gesamtvertretung (§ 124 Abs. 2 HGB) oder eine gemischte Gesamtvertretung (§ 124 Abs. 3 HGB) festlegen – etwa, dass ein Gesellschafter nur gemeinsam mit einem anderen Gesellschafter oder einem Prokuristen handeln darf. Wichtig: Eine Regelung, die faktisch die Gesellschafter ausschließt oder sie zwingend von einem Dritten abhängig macht, wäre unwirksam.
Der Umfang der Vertretungsmacht umfasst alle gerichtlichen und außergerichtlichen Rechtshandlungen der Gesellschaft – auch außergewöhnliche Geschäfte (§ 124 Abs. 1 HGB). Vertragsänderungen hingegen bleiben außen vor, weil sie das Verhältnis der Gesellschafter untereinander betreffen.
Beschränkungen der Vertretungsmacht wirken Dritten gegenüber nicht (§ 124 Abs. 4 S. 2 HGB). Überschreitet also ein Gesellschafter seine internen Befugnisse, bleibt das Geschäft gegenüber gutgläubigen Dritten wirksam. Nur wenn der Missbrauch offenkundig ist oder gar kollusiv – also bewusst zum Schaden der Gesellschaft – geschieht, ist das Geschäft schwebend unwirksam oder sogar nach § 138 BGB nichtig.
Beispiel: A, B und C sind Gesellschafter der ABC-OHG. Laut Vertrag darf die Gesellschaft entweder gemeinschaftlich durch A und B oder durch einen der beiden zusammen mit Prokurist P vertreten werden. Als B und C eine Geschäftsidee von A ablehnen, zieht dieser trotzdem los – gemeinsam mit P – und schließt mit der G-Bank einen Kredit über 10 Mio. Euro ab. Zur Sicherheit bestellt A mit P eine Grundschuld auf dem Grundstück der OHG. Ergebnis: Der Kreditvertrag ist wirksam, weil A und P im Rahmen ihrer gemischten Gesamtvertretung gehandelt haben (§ 124 Abs. 3 HGB). Auch die Grundschuld ist wirksam – der Prokurist war über § 124 HGB mitumfasst. Dennoch haftet A gegenüber der OHG auf Schadensersatz (§ 280 Abs. 1 BGB), weil er gegen § 116 Abs. 2 HGB verstoßen hat: Die Kreditaufnahme war ein außergewöhnliches Geschäft, über das alle Gesellschafter hätten entscheiden müssen.
Mitwirkung an Gesellschafterbeschlüssen
Die Gesellschafter fassen Beschlüsse (§ 109 HGB), um den gemeinsamen Willen der Gesellschaft zu bilden. Ein Beschluss entsteht aus einem Antrag und den darauf abgegebenen Stimmen – Zustimmung, Ablehnung oder Enthaltung. Die Feststellung des Ergebnisses kann, muss aber nicht, im Gesellschaftsvertrag als Wirksamkeitsvoraussetzung geregelt sein. Beschlussfähig sind grundsätzlich drei Themenfelder:
- Grundlagengeschäfte – also Änderungen des Gesellschaftsvertrags oder vergleichbare Strukturentscheidungen (z. B. Auflösung, Fortsetzung, Umwandlung). Hier gilt grundsätzlich Einstimmigkeit (§ 109 Abs. 3 HGB), sofern nicht ausdrücklich Mehrheitsentscheidungen vereinbart sind (§ 108 HGB).
- Geschäftsführungsentscheidungen – etwa bei außergewöhnlichen Geschäften (§ 116 Abs. 2 HGB) oder der Bestellung von Prokuristen (§ 116 Abs. 2 S. 2 HGB).
- Sonstige Gesellschaftsangelegenheiten – z. B. Feststellung des Jahresabschlusses (§ 121 HGB), Gewinnverwendung, Entlastung der Geschäftsführung oder Zustimmung zur Anteilsübertragung (§ 711 BGB).
So oder so: Die Gesellschafter sind die „Herren der Gesellschaft“ – sie bestimmen die Richtung. Und wer dabei übergangen wird, kann sich mit Anfechtung und gegebenenfalls Klage zur Wehr setzen.
Es besteht auch ein Recht zur Anfechtung von Gesellschafterbeschlüssen (§§ 110 ff. HGB), daneben haben Gesellschafter Informations– und Kontrollrechte (§§ 717 Abs. 1 BGB i. V. m. § 105 Abs. 3 HGB)
Finanzverfassung
Wenn Du Dir die OHG anschaust, dann begegnet Dir hier eine spannende Mischung aus Gemeinschaft und klarer Trennung: Die Gesellschaft selbst ist nämlich rechtsfähig (§ 105 Abs. 2 HGB) und hat ihr eigenes Gesellschaftsvermögen (§ 713 BGB). Dieses Vermögen gehört also nicht den Gesellschaftern persönlich, sondern der OHG als solcher. Und genau das muss strikt vom Privatvermögen der Gesellschafter getrennt werden (§ 129 HGB). Über das Gesellschaftsvermögen kann folglich nur die Gesellschaft verfügen – also durch ihre Vertreter, sei es organschaftlich oder rechtsgeschäftlich. Der einzelne Gesellschafter darf über Gesellschaftsgegenstände im eigenen Namen nichts verfügen; er kann lediglich über seine Mitgliedschaft, also seinen Gesellschaftsanteil, bestimmen (§ 711 Abs. 1 BGB).
Damit man das System der Finanzordnung wirklich versteht, sollte man drei Begriffe klar voneinander unterscheiden:
- Gesellschaftsanteil: Das ist sozusagen das juristische „Paket“ aus allen Rechten und Pflichten, die ein Gesellschafter in der OHG hat. Er verkörpert also die Mitgliedschaft selbst – nicht nur als abstraktes Rechtsverhältnis, sondern als echtes subjektives Recht, über das man auch verfügen kann (§ 711 Abs. 1 BGB). Ohne Gesellschaftsanteil kein Gesellschafter – logisch, oder?
- Vermögensanteil: Hier geht’s um den Wert des Anteils, also den tatsächlichen, wirtschaftlichen Anteil am Unternehmenswert. Das ist keine Rechtsposition, sondern eine Rechengröße – quasi der „Marktpreis“ des Anteils, aber ohne eigene rechtliche Qualität.
- Kapitalanteil (§ 120 Abs. 2 HGB): Der Kapitalanteil zeigt, mit welchem Anteil jemand am Gesellschaftskapital beteiligt ist – also das, was § 709 Abs. 3 BGB (i. V. m. § 105 Abs. 3 HGB) als Beteiligungsverhältnis bezeichnet. Er ist Grundlage für alles, was mit Stimmrecht und Gewinnbeteiligung zu tun hat. Buchhalterisch spiegelt er sich in den Kapitalkonten wider und gibt damit den Buchwert der Beteiligung an. Wichtig: Nur ein festes Kapitalkonto eignet sich als Maßstab i. S. d. § 709 Abs. 3 BGB. Nur Einlagen – nicht jeder sonstige Beitrag – dürfen darauf gebucht werden, weil nur sie bilanzierungsfähig sind.
Kapitalkonten der Gesellschafter
Das neue Recht geht übrigens nicht mehr zwingend von einem einzigen Kapitalkonto pro Gesellschafter aus. § 120 Abs. 2 HGB spricht nur vom „Kapitalanteil“, und der kann auch aus mehreren Konten bestehen – was in der Praxis ohnehin üblich ist. Entscheidend ist aber: Jeder Gesellschafter hat nur einen Kapitalanteil. Und als Maßstab für die Gewinn- und Verlustverteilung taugt nur das feste Kapitalkonto.
Die frühere „Kapitaldividende“ und das automatische Entnahmerecht sind Geschichte – stattdessen gilt jetzt das Vollausschüttungsprinzip (§ 122 HGB). Das bedeutet: Der Gewinn wird grundsätzlich voll ausgeschüttet, sofern nichts anderes vereinbart oder durch Rücklagenbildung beschlossen wird.
In der Praxis läuft das meist nach einem Dreikonten-Modell:
- Kapitalkonto I: Das ist das feste Konto, auf dem die ursprüngliche Einlage des Gesellschafters verbucht wird. Es bleibt unangetastet, egal wie sich das Unternehmen entwickelt. Änderungen daran greifen tief in die Mitgliedschaftsrechte ein (z. B. Gewinn- und Abfindungsansprüche) und sind deshalb nur mit Zustimmung aller Gesellschafter möglich. Das Konto sagt zwar nichts über den tatsächlichen Unternehmenswert, bildet aber die Beteiligungsverhältnisse korrekt ab – und genau deshalb ist es ein sinnvoller Maßstab für Gewinnverteilung und oft auch für Stimmrechte.
- Kapitalkonto II: Hier geht es flexibler zu. Auf diesem Konto werden Gewinne und zusätzliche Einlagen gutgeschrieben, Verluste und Entnahmen dagegen abgezogen. Eine Umbuchung vom Kapitalkonto II auf das feste Konto I ist nur mit Gesellschafterbeschluss möglich – andernfalls würde sich ja der Beteiligungsschlüssel ändern, und das wäre ein Eingriff in den Kernbereich der Mitgliedschaft.
- Privatkonto: Dieses Konto ist gewissermaßen das „Girokonto“ zwischen Gesellschafter und Gesellschaft. Hier werden alle wechselseitigen Forderungen und Verbindlichkeiten verbucht. Es gehört nicht zum Kapitalanteil, sondern ist ein Forderungskonto. Und das Schöne daran: Guthaben hier können grundsätzlich jederzeit entnommen werden – im Gegensatz zum Kapitalkonto II. Forderungen auf dem Privatkonto sind zudem rechtlich selbstständig, also abtretbar oder pfändbar. In Zweifelsfällen entscheidet oft die Behandlung anteiliger Verluste, ob etwas als Privat- oder Kapitalkonto zu sehen ist.
Ergebnisfeststellung
Am Ende jedes Geschäftsjahres muss natürlich festgestellt werden, was die OHG verdient oder verloren hat. Dafür wird ein Jahresabschluss erstellt (§ 120 Abs. 1 HGB), bestehend aus Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung (§ 242 Abs. 3 HGB).
Wichtig ist, zwei Schritte zu unterscheiden:
- Aufstellung des Jahresabschlusses: Das ist Aufgabe der geschäftsführenden Gesellschafter (§ 120 Abs. 1 S. 1 HGB). Sie erstellen also den Entwurf, den die Gesellschafter später absegnen.
- Feststellung des Jahresabschlusses: Hier sind alle Gesellschafter gefragt, denn jetzt geht’s um die Billigung und damit um die eigentliche Gewinnverwendung. Das ist also kein Geschäftsführungsakt mehr, sondern eine Entscheidung der Gesamtheit (§ 120 Abs. 1 S. 2 HGB). Die Gesellschafter können dabei beschließen, ob der Gewinn voll ausgeschüttet oder teilweise in Rücklagen eingestellt wird – also thesauriert wird. Normalerweise braucht es dafür Einstimmigkeit (§ 109 Abs. 3 HGB), aber im Gesellschaftsvertrag kann eine Mehrheitsklausel vorgesehen werden. Wird vom gesetzlichen Gewinnverteilungsschlüssel (§ 709 Abs. 3 BGB) abgewichen, ist jedoch regelmäßig wieder Einstimmigkeit erforderlich.
Neben der Aufstellung und Feststellung muss die Bilanz schließlich von allen persönlich haftenden Gesellschaftern unterschrieben werden (§ 245 S. 2 HGB) – das ist eine gesetzliche Pflicht.
Ergebnisverteilung
Wie die Gewinne (oder Verluste) verteilt werden, regelt in der Regel der Gesellschaftsvertrag. Meist geschieht das nach dem Verhältnis der festen Kapitalkonten (§ 709 Abs. 3 BGB).
Auch eine Vergütung für die Geschäftsführung kann gewinnabhängig sein – dann ist sie einfach ein zusätzlicher Gewinnanteil. Möglich ist außerdem eine Verzinsung des Privatkontos, was viele Gesellschaften so handhaben.
Ohne ausdrückliche Regelung greift das Vollausschüttungsprinzip des § 122 HGB: Jeder Gesellschafter hat Anspruch auf den vollen, für ihn festgestellten Gewinn, soweit dieser nach § 120 Abs. 1 S. 2 HGB i. V. m. § 709 Abs. 3 BGB ermittelt wurde. Der Gewinnanteil wird in der Regel auf dem Privatkonto gutgeschrieben – es sei denn, er wird in Rücklagen eingestellt, dann landet er auf Kapitalkonto II. Verluste werden ebenfalls dort verbucht, denn sie lösen keinen Zahlungsanspruch gegen den Gesellschafter aus (§ 710 BGB).
Die Auszahlung kann allerdings verweigert werden, wenn sie der Gesellschaft „offenbar schadet“ (§ 122 S. 2 HGB). Außerdem darf die Gesellschaft mit Gegenforderungen aufrechnen oder sich auf eine noch nicht erbrachte Einlage berufen.
Mitgliedschaft
Wenn Du Gesellschafter bist, dann bist Du nicht einfach nur Vertragspartner des Gesellschaftsvertrags – nein, Du bist auch Mitglied eines Verbandes, also Teil einer privatrechtlichen Organisation. Das klingt erstmal technisch, bedeutet aber: Du hast eine Mitgliedschaft, also ein ganzes Bündel an Rechten und Pflichten, das aus Deiner Gesellschafterstellung entsteht. Deine Mitgliedschaft ist sozusagen Deine rechtliche Position innerhalb der Gesellschaft – und die ist nicht nur ein bloßes Verhältnis, sondern zugleich auch ein subjektives Recht, das sogar über § 823 Abs. 1 BGB geschützt ist. Und mehr noch: Sie ist ein Rechtsgegenstand – denn der Gesellschaftsanteil ist nach §§ 413, 398 BGB grundsätzlich übertragbar. Das geht aber nur, wenn die Mitgesellschafter zustimmen – entweder, weil der Gesellschaftsvertrag das vorsieht (Stichwort: Veräußerungsklausel), oder weil sie spontan ihr Okay geben (§ 711 Abs. 1 S. 1 BGB i. V. m. § 105 Abs. 3 HGB). Der Begriff Gesellschaftsanteil wird übrigens oft synonym mit Mitgliedschaft verwendet – so spricht auch § 711 BGB, wenn es um die Übertragbarkeit solcher Anteile geht.
Im Personengesellschaftsrecht gilt dabei der Grundsatz der Einheitlichkeit der Mitgliedschaft. Das heißt: Du kannst in derselben Gesellschaft nicht mehrfach Mitglied sein. Wenn Du Dir also irgendwann noch einen zusätzlichen Anteil sicherst, verschmilzt der mit dem bestehenden – zwei getrennte Mitgliedschaften gibt es nicht. Genau das unterscheidet Personengesellschaften von Kapitalgesellschaften.
Und dann gibt’s da noch das Abspaltungsverbot (§ 711a S. 1 BGB): Deine Mitgliedschaftsrechte können nicht einfach von der Mitgliedschaft getrennt und separat übertragen werden. Also: Keine Abspaltung einzelner Rechte! Was allerdings geht, ist die Abtretung von Forderungen, die sich erst nachträglich aus der Mitgliedschaft ergeben haben (§ 711a S. 2 BGB).
Das Stimmrecht kannst Du ebenfalls nicht einfach an Dritte übertragen – das bleibt bei Dir.
Deinen Gewinnanspruch nach § 122 HGB dagegen darfst Du durchaus abtreten, selbst wenn er erst künftig entsteht.
Wenn Du aber mit Zustimmung der anderen Deinen Gesellschaftsanteil als Ganzes überträgst, dann ist das kein Verstoß gegen das Abspaltungsverbot. Warum? Weil Du ja nicht Teile abschnürst, sondern Deine komplette Mitgliedschaft weitergibst (§ 711 Abs. 1 S. 1 BGB).
Mitgliedschaftspflichten
Schauen wir uns nun die Mitgliedschaftspflichten an.
Beitragspflicht
Mit dem Gesellschaftsvertrag verpflichtest Du Dich nach § 705 Abs. 1 BGB, etwas zur Förderung des gemeinsamen Zwecks beizutragen. Ohne Beitragspflicht – keine Gesellschaft. Diese Pflicht ist also zentral, sie wird in § 709 BGB konkretisiert und ist eine echte Hauptpflicht jedes Gesellschafters.
Was als Beitrag zählt, ist weit gefasst: Geld, Sachen, Nutzungsüberlassungen, Dienstleistungen oder immaterielle Werte – alles, was dem Gesellschaftszweck dient, ist erlaubt (§ 709 Abs. 1 BGB).
Besonders wichtig ist der Begriff der Einlage. Damit sind Beiträge gemeint, die ins Gesellschaftsvermögen übergehen, also dessen Wert steigern und bilanziert werden können. Nur Leistungen, die bei der Gesellschaft aktiviert werden können – also Eigentum oder Nutzungsrechte auf Zeit – gelten als Einlage. Dienstleistungen dagegen nicht. Bei der OHG ist eine Einlage meist üblich, aber nicht zwingend. Das MoPeG trennt hier klar: Früher wurden „Einlage“ und „Beitrag“ oft vermischt, jetzt spricht das Gesetz konsequent von „Beitrag„. Einlagen sind also möglich, aber nicht Pflicht – der Gläubigerschutz läuft bei der OHG über die Haftung, nicht über Kapitalbindung. Trotzdem: In der Praxis dominieren Einlagen, weil sie bilanziell greifbar sind.
Wenn Du eine Sachleistung einbringst, kann das auf verschiedene Arten geschehen:
- Einbringung zu Eigentum: Überträgst Du eine Sache zu Eigentum, kann sie mangelhaft sein. Zwar ist das kein Kaufvertrag, aber es stellt sich die Frage, ob man trotzdem das Kaufrecht analog anwendet. Meist wird so differenziert: Nacherfüllung und Schadensersatz sind möglich. Rücktritt und Minderung dagegen nicht – hier kommen Kündigung oder Ausschluss in Betracht, eventuell auch eine Anpassungspflicht aus Treu und Glauben.
- Einbringung zur Nutzung: Du bleibst Eigentümer, stellst die Sache aber zur Nutzung bereit – das ist heute als Beitrag anerkannt.
- Einbringung dem Werte nach: Das Eigentum bleibt bei Dir, aber die Gesellschaft erhält das wirtschaftliche Eigentum, also die Chance auf Wertänderungen.
Gemäß § 710 BGB kann man Dich übrigens nicht gegen Deinen Willen zu höheren Beiträgen zwingen. Eine Beitragserhöhung durch Mehrheitsbeschluss ist nur dann wirksam, wenn Du zustimmst (§ 182 BGB). Dieses Zustimmungsrecht ist zwingend – es schützt Dich wie ein Grundrecht gegen übermäßige Belastung. Du kannst Deine Zustimmung aber auch vorweg, also „antizipiert“, schon im Gesellschaftsvertrag erteilen – dann müssen Art, Umfang und eine klare Obergrenze der möglichen Mehrbelastung festgelegt sein. Wichtig: § 710 BGB betrifft nur das Innenverhältnis. Gegenüber Gläubigern (§ 126 HGB) hilft er Dir nicht. Und er gilt nur solange die Gesellschaft besteht – in der Auseinandersetzung (§ 737 BGB) oder beim Ausscheiden (§ 728a BGB) sieht’s anders aus. Selbst im Sanierungsfall kann Dich niemand zur Nachschusspflicht zwingen. Verweigern darfst Du aber auch nicht völlig ohne Risiko – bist Du derjenige, der blockiert, kann ein Ausschluss drohen, wenn die Gesellschaft sonst insolvent ginge.
Beispiel: A ist Gesellschafter der X-OHG. Im Vertrag steht, dass jeder Gesellschafter verpflichtet ist, Nachschüsse zu leisten, wenn die Einnahmen nicht reichen. Die Höhe soll der Geschäftsführer nach einem Wirtschaftsplan festlegen. A stimmt gegen die Erhöhung und verweigert die Zahlung. Hat er recht? Ja. Nach § 710 BGB gibt es grundsätzlich keine Pflicht zur Beitragserhöhung ohne Zustimmung. Auch wenn im Vertrag eine Nachschusspflicht erwähnt ist, fehlt hier eine klare Obergrenze – das Risiko war also nicht vorhersehbar. A muss nicht zahlen. Eine Pflicht zur Zustimmung aufgrund von Treue besteht nur in absoluten Ausnahmefällen – hier also nicht.
Pflicht zur Geschäftsführung
Auch die Pflicht zur Geschäftsführung gehört zu Deinen mitgliedschaftlichen Pflichten (§ 116 Abs. 1 HGB). Sie betrifft alle Gesellschafter, außer sie sind davon ausdrücklich ausgeschlossen.
Treupflicht
Dann kommt die Treupflicht, die wohl wichtigste ungeschriebene Pflicht. Auch wenn das Gesetz (außer § 242 BGB) sie nicht ausdrücklich nennt, ist sie fester Bestandteil jeder Gesellschaft. Sie verlangt, dass Du in allem, was Du tust, den Gesellschaftszweck im Blick behältst. Das heißt:
- Wenn Du fremdnützige Rechte ausübst (z. B. Geschäftsführungsbefugnisse), musst Du im Sinne der Gesellschaft handeln.
- Wenn Du eigennützige Rechte nutzt (z. B. Gewinnrechte oder Stimmrecht bei Vertragsänderungen), musst Du Willkür vermeiden und Rücksicht auf die Mitgesellschafter nehmen.
Wie streng diese Pflicht wirkt, hängt davon ab, worum es geht: Je persönlicher und enger der Zusammenschluss, desto stärker wirkt die Treuebindung.
Dogmatisch ist die Treupflicht Teil des Gesellschaftsvertrags – sowohl gegenüber der Gesellschaft als auch zwischen den Gesellschaftern. Sie kann ganz unterschiedliche Formen annehmen: Informationspflichten, Unterlassungspflichten (z. B. kein Wettbewerb), Duldungspflichten, Zustimmungspflichten (in extremen Fällen sogar zu Vertragsänderungen), und die Pflicht, wichtige Entscheidungen nicht mit einer Sperrminorität zu blockieren.
Verstößt jemand gegen die Treupflicht, kann das verschiedene Folgen haben: Erfüllung, Unterlassung, Schadensersatz – und bei treuwidriger Stimmrechtsausübung sogar Unwirksamkeit der Stimmabgabe.
Beispiel: A, B und C betreiben gemeinsam die „Baumaterialien- und Holzgroßhandels-OHG“. A und B wollen den verlustreichen Holzhandel streichen, C lehnt das ab – aus reiner Eitelkeit, weil es seine Idee war. Muss C zustimmen? Ja. Hier greift die Treupflicht. Vertragsänderungen darf man grundsätzlich ablehnen, aber nicht, wenn sie notwendig sind, um den Bestand der Gesellschaft zu sichern. Da der Holzhandel den Gewinn gefährdet, ist die Änderung erforderlich und C muss zustimmen.
Wettbewerbsverbot und Geschäftschancenlehre
§ 117 Abs. 1 HGB stellt klar: Gesellschafter dürfen der Gesellschaft keine Konkurrenz machen. Das Wettbewerbsverbot ist Ausdruck der Treupflicht – es schützt die Gesellschaft schon, bevor Schaden entsteht. Sobald Du also gegen § 117 HGB verstößt, handelst Du pflichtwidrig – auch ohne dass ein konkreter Schaden nachweisbar wäre.
Betroffen sind grundsätzlich alle Gesellschafter einer OHG, bei der KG aber nur die Komplementäre (§§ 161 Abs. 2, 165 HGB). Eine Ausnahme kann gelten, wenn ein Gesellschafter gar nicht in die Geschäftsführung eingebunden ist.
Wenn Du gegen das Verbot verstößt, hat die Gesellschaft zwei Möglichkeiten (§ 118 HGB):
- Schadensersatz verlangen oder
- in das Geschäft eintreten.
Dieses Eintrittsrecht ist besonders effektiv, weil kein Schaden bewiesen werden muss – die Gesellschaft übernimmt einfach das Geschäft oder den erzielten Gewinn.
Eng verwandt, aber nicht identisch, ist die Geschäftschancenlehre: Sie verbietet es Dir, Geschäftschancen, die eigentlich der Gesellschaft gehören, privat auszunutzen – etwa wenn Du als Geschäftsführer von einer günstigen Gelegenheit erfährst. Auch hier kann die Gesellschaft das Geschäft übernehmen oder den Gewinn herausverlangen (§ 118 Abs. 1 S. 2 HGB analog).
Beispiel: A führt die Geschäfte der „Silberberg Sektkellerei OHG“. Als die alten Rüttelborde verkauft werden sollen, entdeckt A, dass Sammler dafür hohe Liebhaberpreise zahlen. Er kauft die Borde selbst von der OHG für 10.000 Euro und verkauft sie später für 60.000 Euro weiter. Was jetzt? Hier liegt kein Wettbewerbsverstoß i. S. d. § 117 HGB vor, aber A hat gegen die Geschäftschancenlehre verstoßen. Diese Rüttelborde waren Teil des Gesellschaftsvermögens, also hätte die Gesellschaft selbst von der Gelegenheit profitieren müssen. Die OHG kann daher analog § 118 Abs. 1 S. 2 HGB die Herausgabe des Gewinns verlangen.
Besonderheiten bei Pflichtverletzungen
Früher galt für Gesellschafter der besondere Verschuldensmaßstab des § 708 BGB a. F. (diligentia quam in suis – also die Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten).
Durch das MoPeG wurde diese Sonderregel gestrichen – künftig gilt der normale Verschuldensmaßstab.
Mitgliedschaftsrechte
Mit der Mitgliedschaft in einer Personengesellschaft gehen jede Menge Rechte einher – einige hast Du schon kennengelernt, andere schauen wir uns jetzt genauer an. Grundsätzlich lassen sich die Rechte der Gesellschafter in zwei große Gruppen einteilen: Verwaltungsrechte und Vermögensrechte.
Verwaltungsrechte
Zunächst die organisatorische Seite:
- das Recht zur Geschäftsführung,
- die Vertretungsbefugnis nach außen,
- das Stimmrecht bei Gesellschafterbeschlüssen,
- sowie besondere Zustimmungsrechte, die sich aus der Kernbereichslehre und aus § 710 BGB ergeben.
- Darüber hinaus kann ein Gesellschafter Beschlüsse der Gesellschaft anfechten, wenn er der Meinung ist, dass sie gegen Gesetz, Vertrag oder Treuepflicht verstoßen.
Vermögensrechte
Auf der finanziellen Seite stehen dem Gesellschafter folgende Ansprüche zu:
- der Anspruch auf Gewinnbeteiligung,
- ein Abfindungsanspruch beim Ausscheiden (§ 135 Abs. 1 HGB),
- der Anteil am Liquidationsguthaben (§ 148 Abs. 8 HGB),
- und der Aufwendungsersatzanspruch (§ 716 Abs. 1 BGB).
Letzterer verdient besondere Aufmerksamkeit: Früher stand er in § 110 Abs. 1 HGB a. F., heute findet man ihn in § 716 Abs. 1 BGB n. F. – inhaltlich hat sich aber nichts geändert. Die Vorschrift gilt sowohl für die GbR als auch über § 105 Abs. 3 HGB für Handelsgesellschaften. Und § 119 Abs. 1 HGB sorgt zusätzlich dafür, dass hier der höhere handelsrechtliche Zinssatz (§ 352 Abs. 2 HGB) gilt – immerhin fünf Prozent, und zwar ab dem Zeitpunkt der Aufwendung (§ 716 Abs. 4 BGB).
Ein Aufwendungsersatzanspruch besteht, wenn ein Gesellschafter zum Zweck der Geschäftsbesorgung Aufwendungen tätigt, die er nach den Umständen für erforderlich halten durfte – egal ob er geschäftsführend ist oder nicht. „Aufwendungen“ sind zwar grundsätzlich freiwillige Vermögensopfer, doch das wird in der Praxis weit ausgelegt: Auch Zahlungen, die der Gesellschafter aufgrund seiner Haftung nach §§ 126 ff. HGB an Gesellschaftsgläubiger leisten muss, zählen dazu. Denn im Verhältnis zur Gesellschaft ist er dazu nicht verpflichtet – im Gegenteil: Er hat sogar einen Freistellungsanspruch, sodass die „Freiwilligkeit“ gegenüber der Gesellschaft bejaht wird.
Außerdem umfasst § 716 Abs. 1 BGB auch Verluste oder Schäden, die dem Gesellschafter bei der Geschäftsführung entstehen – etwa durch betriebliche Risiken oder Gefahren, die untrennbar mit der Geschäftsführung verbunden sind. Hier zeigt sich der Unterschied zu § 670 BGB, wo genau diese Ersatzfähigkeit umstritten ist.
Ansprüche aus dem Gesellschaftsverhältnis
Damit sind wir bei einem zentralen Punkt: Nicht alle Ansprüche zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern sind gleich zu behandeln. Man unterscheidet:
- Sozialverbindlichkeiten (Sozialverpflichtungen) – das sind Ansprüche eines Gesellschafters gegen die Gesellschaft, etwa auf Gewinn, Abfindung oder Aufwendungsersatz.
- Sozialansprüche – das sind Ansprüche der Gesellschaft gegen einen Gesellschafter, z. B. auf Beitragsleistung, Geschäftsführung oder Schadensersatz bei Treuepflichtverletzungen.
Davon klar zu trennen sind:
- Individualansprüche, also solche zwischen den Gesellschaftern untereinander (z. B. auf Beachtung der Treuepflicht).
- Drittansprüche, die außerhalb des Gesellschaftsverhältnisses entstehen – etwa wenn ein Gesellschafter der Gesellschaft privat etwas verkauft.
Wie werden diese Ansprüche durchgesetzt?
- Sozialverbindlichkeiten: Diese kann nur der jeweilige Gesellschafter selbst gegenüber der Gesellschaft geltend machen. Wichtig: Er darf nur auf das Gesellschaftsvermögen zugreifen, nicht auf das Privatvermögen der Mitgesellschafter – § 126 HGB greift hier nicht. Alles andere würde eine unzulässige Beitragserhöhung nach § 710 BGB bedeuten.
- Sozialansprüche: Die Durchsetzung liegt grundsätzlich bei den geschäftsführenden Gesellschaftern.
Aber was, wenn diese Geschäftsführer aus falscher Rücksichtnahme untätig bleiben – etwa, weil der Schuldner ein Mehrheitsgesellschafter ist? Dafür gibt es die actio pro socio (§ 715b BGB i. V. m. § 105 Abs. 3 HGB). Sie ist ein zwingendes Individualrecht jedes einzelnen Gesellschafters (§ 715b Abs. 2 BGB).
Das bedeutet: Jeder Gesellschafter darf im eigenen Namen auf Leistung an die Gesellschaft klagen (§ 715 Abs. 1 S. 1 BGB). Er handelt also anstelle der Geschäftsführer, um Schaden vom Gesellschaftsvermögen abzuwenden.
Allerdings ist die actio pro socio subsidiär (§ 715b Abs. 1 BGB): Der Gesellschafter darf erst klagen, wenn die Gesellschaftsorgane pflichtwidrig untätig geblieben sind. In der Praxis heißt das: Er muss die Geschäftsführer zunächst auffordern, selbst Klage zu erheben. Erst wenn nichts passiert, darf er selbst aktiv werden.
Und falls die Durchsetzung des Anspruchs eine Entscheidung der Gesellschafterversammlung erfordert (etwa nach § 116 Abs. 2 HGB bei Schadensersatz gegen Mitgesellschafter), muss auch diese Kompetenz zuerst ausgeschöpft werden.
Prozessual handelt es sich bei der actio pro socio um einen klassischen Fall der Prozessstandschaft: Der klagende Gesellschafter macht einen Anspruch der Gesellschaft im eigenen Namen geltend – also „fremdes Recht in eigenem Namen“.
Erwerb und Verlust der Mitgliedschaft
In einer Gesellschaft verändert sich der Mitgliederbestand ständig – sei es durch den Eintritt neuer Gesellschafter, deren Ausscheiden oder die Übertragung von Mitgliedschaften auf Dritte. Diese Dynamik ist gesetzlich in § 711 BGB verankert und prägt die Rechtsstellung jedes einzelnen Mitglieds.
Eintritt
Die Gesellschaft hat die Möglichkeit, neue Gesellschafter aufzunehmen. Zwar regelt das Gesetz dies nicht explizit, setzt aber in §§ 106 Abs. 6, 127 HGB voraus, dass ein solcher Eintritt möglich ist. Die Aufnahme erfolgt über einen Aufnahmevertrag. Da dies eine Änderung des bestehenden Gesellschaftsvertrags darstellt, müssen alle bestehenden Gesellschafter – die schon vorhandenen wie der Neue – zustimmen. Eine organschaftliche Vertretung der Gesellschaft, etwa durch den Geschäftsführer nach § 124 HGB, greift hier grundsätzlich nicht. Im Gesellschaftsvertrag kann aber eine Mehrheitsentscheidung vorgesehen sein, die Umsetzung bleibt dennoch Sache aller Gesellschafter. In der Praxis wird häufig der Geschäftsführer bereits im Gesellschaftsvertrag ausdrücklich ermächtigt, neue Gesellschafter ohne vorherigen Beschluss aufzunehmen – besonders bei Publikumsgesellschaften, wo ein ständiger Gesellschafterbeschluss unpraktikabel wäre. Auch in diesem Fall handelt der Geschäftsführer nicht stellvertretend für die Gesellschaft, sondern für jeden einzelnen Gesellschafter. Der Eintritt kann in kleinen Gesellschaften die Struktur stark verändern. Hier ist in der Regel eine Zustimmung aller Gesellschafter nötig, auch wenn der Gesellschaftsvertrag sonst Mehrheitsentscheidungen zulässt. Der Aufnahmevertrag kann unter Bedingungen oder zeitlich begrenzt geschlossen werden. Rückwirkende Beitritte sind nur schuldrechtlich möglich, also so, dass der Neue etwa Gewinnrechte erhält, als sei er schon länger Gesellschafter. Die Eintragung im Handelsregister ist deklaratorisch, der Eintritt wird dadurch nicht erst wirksam (§ 106 Abs. 6 HGB).
Mit dem Eintritt eines neuen Gesellschafters verändert sich die Beteiligungsstruktur. Der Neue erwirbt eine Mitgliedschaft durch Anwachsung (§ 712 Abs. 1 BGB) am Gesellschaftsvermögen, während die übrigen Gesellschafter eine „Abwachsung“ ihrer Anteile hinnehmen (§ 712 Abs. 2 BGB). Beispiel: Treten zu zwei gleichberechtigten Gesellschaftern noch ein Dritter hinzu, hält nun jeder ein Drittel, sofern nicht andere Quoten vereinbart wurden.
Der Neue haftet für Verbindlichkeiten, die nach seinem Eintritt entstehen (§ 126 HGB), aber auch für Altverbindlichkeiten (§ 127 HGB). Diese Regel dient nicht primär dem Gläubigerschutz, sondern dem Ausgleich des Einflusses, den der neue Gesellschafter auf das Gesellschaftsvermögen erhält. Sie gilt auch bei Übertragung oder Vererbung des Anteils (§ 711 BGB).
Ausscheiden
Gesellschafter können auf verschiedenen Wegen aus der Gesellschaft ausscheiden, geregelt in § 130 HGB:
- Tod des Gesellschafters (§ 130 Abs. 1 Nr. 1 HGB) – die Mitgliedschaft ist höchstpersönlich; der Anteil kann nur mit einer Nachfolgeklausel vererbt werden.
- Kündigung (§ 130 Abs. 1 Nr. 2 HGB) – ordentlich: Fristen nach Gesellschaftsvertrag oder § 132 Abs. 1 HGB (6 Monate zum Jahresende). Außerordentlich: Neu durch MoPeG; ein wichtiger Grund erlaubt den Austritt sofort. Alternativ kann die Auflösung der Gesellschaft geklagt werden (§ 139 HGB).
- Insolvenz (§ 130 Abs. 1 Nr. 3 HGB) – der Gesellschafter scheidet aus, um die Beteiligung des Insolvenzverwalters zu vermeiden. Sein Anspruch auf Abfindung fällt in die Insolvenzmasse (§ 135 HGB).
- Kündigung durch Privatgläubiger (§ 130 Abs. 1 Nr. 4 HGB) – sie können nur den Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben pfänden, nicht direkt auf das Gesellschaftsvermögen zugreifen.
- Ausschließungsklage (§ 130 Abs. 1 Nr. 5 HGB) – ein Gesellschafter kann nur gerichtlich ausgeschlossen werden; der wichtige Grund muss sich auf seine Person beziehen (§ 134 S. 2 HGB).
- Weitere Fälle im Gesellschaftsvertrag (§ 130 Abs. 2 HGB) – weitere Ausscheidensgründe sind zulässig, dürfen aber nicht den Ausschluss ohne wichtigen Grund ermöglichen (§ 138 BGB).
Das Ausscheiden muss ins Handelsregister eingetragen werden (§ 106 Abs. 6 HGB). Der Anteil des Ausscheidenden wächst den verbleibenden Gesellschaftern an (§ 712 Abs. 1 BGB). Bei nur einem verbleibenden Gesellschafter erlischt die Gesellschaft, das Vermögen geht per Universalsukzession auf ihn über (§ 712a BGB). Überlassene Gesellschaftsgüter sind zurückzugeben.
Der Ausscheidende hat Anspruch auf Geldersatz für seinen Anteil (Abfindungsanspruch, § 135 Abs. 1 HGB). Schuldner ist die Gesellschaft; nur wenn sie nicht zahlt, können sich die Gesellschafter heranziehen lassen. Fällig wird der Anspruch sofort, soweit nichts anderes vereinbart ist. Grundlage der Berechnung ist der reale Anteil am Unternehmenswert, meist nach Fortführungswert berechnet. Gesellschaftsverträge können Buchwertklauseln oder andere Modalitäten vorsehen, aber Gläubiger- und Gesellschafterschutz setzen Grenzen (§ 138 BGB).
Im Außenverhältnis haftet der Ausscheidende weiterhin fünf Jahre für Altverbindlichkeiten (§ 137 HGB). Im Innenverhältnis muss die Gesellschaft für die Freistellung sorgen; sie kann Sicherheit leisten (§ 135 Abs. 1 S. 2 HGB).
Übertragung
Die Mitgliedschaft kann durch ein einheitliches Verfügungsgeschäft übertragen werden (§§ 398, 413 BGB). Voraussetzung ist, dass die Übertragung vom Gesellschaftsvertrag zugelassen oder von allen Gesellschaftern genehmigt wird (§ 711 Abs. 1 BGB). Ohne Zustimmung ist die Übertragung schwebend unwirksam. Der Erwerber tritt in alle Rechte und Pflichten des bisherigen Gesellschafters ein, ausgenommen höchstpersönliche Sonderrechte (§ 35 BGB). Übertragen alle Gesellschafter ihre Anteile gleichzeitig auf eine neue Gesellschaft, erlischt die alte Gesellschaft ohne Liquidation (§ 712a BGB). Der ausscheidende Gesellschafter erhält keine Abfindung, sondern einen Kaufpreis, falls ein Kaufvertrag zugrunde liegt. Auch der Erwerber haftet für Altverbindlichkeiten (§ 127 HGB).
Tod eines Gesellschafters
Der Tod führt regelmäßig zum Ausscheiden (§ 130 Abs. 1 Nr. 1 HGB).
Der Abfindungsanspruch fällt in den Nachlass, der Anteil wächst den übrigen Gesellschaftern an (§ 712 Abs. 1 BGB).
Im Gesellschaftsvertrag kann auch vereinbart werden:
- Rechtsgeschäftliche Nachfolgeklausel – der Anteil geht automatisch an eine bestimmte Person über (§ 711 Abs. 2 BGB). Die Zustimmung des Begünstigten ist erforderlich.
- Die Nachfolger des Gesellschafters haften für die bis zu dessen Tod begründeten Verbindlichkeiten (Nachlassverbindlichkeiten).
- Der neu eingetretene Gesellschafter haftet für sämtliche Neu- und Altverbindlichkeiten, allerdings kann die Haftung nicht gemäß § 131 HGB beschränkt werden (da hier kein erbrechtlicher Übergang der Gesellschafterstellung erfolgt ist).
- Einfache erbrechtliche Nachfolgeklausel – die Gesellschaft wird mit allen Erben fortgesetzt; der Anteil geht kraft Gesetzes auf die Erben über (§ 1922 Abs. 1 BGB). Bei mehreren Erben tritt eine Singularsukzession ein: Jeder erhält seinen Anteil gemäß Erbquote.
- Die Erben haften für die Nachlassverbindlichkeiten (§ 1967 BGB), dies ist allerdings auf den Nachlass beschränkbar (§ 1975 BGB).
- Die in die Gesellschaft aufgenommenen Erben des Gesellschafters haften für sämtliche Neu- und Altverbindlichkeiten der Gesellschaft gemäß § 126 HGB. Dabei haben die Erben aber die Möglichkeit nach § 131 Abs. 4 HGB, innerhalb von drei Monaten ab Kenntnis sein Verbleib in der Gesellschaft von der Einräumung einer Kommanditistenstellung abhängig zu machen; Ansonsten kann er nach § 131 Abs. 2 HGB mit sofortiger Wirkung ausscheiden.
- Qualifizierte erbrechtliche Nachfolgeklausel – beschränkt die Nachfolge auf bestimmte Erben. Damit wird eine Zersplitterung des Gesellschafterbestands vermieden.
- Die Haftung des Nachfolgers läuft analog zur einfachen erbrechtlichen Nachfolgeklausel.
- Eintrittsklausel – ein Nichterbe soll in die Gesellschaft aufgenommen werden (lediglich schuldrechtlicher Anspruch auf Aufnahme in die Gesellschaft).
- Die Erben des Gesellschafters haften für die bis zu dessen Tod begründeten Verbindlichkeiten (Nachlassverbindlichkeiten).
- Der neu eingetretene Gesellschafter haftet für sämtliche Neu- und Altverbindlichkeiten, allerdings kann die Haftung nicht gemäß § 131 HGB beschränkt werden (da hier kein erbrechtlicher Übergang der Gesellschafterstellung erfolgt ist).
Auflösung und Liquidation
Wenn eine OHG endet, passiert das nicht von heute auf morgen. Es läuft in mehreren Stufen: Zuerst wird die Gesellschaft aufgelöst, dann liquidiert, und erst am Schluss ist sie vollbeendet. Die Auflösung bedeutet zunächst nur, dass der Zweck sich ändert – die Gesellschaft soll nun nicht mehr Geschäfte machen, sondern abwickeln. Erst nach der Liquidation, also wenn alle Vermögenswerte verteilt sind, ist die Gesellschaft wirklich Geschichte.
Auflösungsgründe
- Zeitablauf: Wenn die Gesellschaft nur für eine bestimmte Zeit gegründet wurde, endet sie mit deren Ablauf – praktisch spielt das aber kaum eine Rolle.
- Insolvenz: Wird über das Vermögen der OHG das Insolvenzverfahren eröffnet, ist sie damit aufgelöst (§ 138 Abs. 1 Nr. 2 HGB). Dann gilt Insolvenzrecht, nicht mehr Gesellschaftsrecht.
- Gerichtliche Entscheidung: Das Gericht kann auf Antrag (§ 139 HGB) die Gesellschaft wegen eines wichtigen Grundes auflösen – etwa wenn das Miteinander der Gesellschafter völlig zerrüttet ist. Ist allerdings nur ein Gesellschafter das Problem, kommt zuerst seine Ausschließung in Betracht.
- Auflösungsbeschluss: Die Gesellschafter können sich auch selbst zur Auflösung entscheiden (§ 138 Abs. 1 Nr. 4 HGB). Normalerweise einstimmig – aber eine Mehrheitsklausel im Vertrag kann das ändern (§ 140 HGB).
- Weitere Gründe: § 138 Abs. 2 und Abs. 3 HGB nennt Sonderfälle (z. B. Ablehnung der Insolvenz mangels Masse, Vermögenslosigkeit oder vertraglich vereinbarte Gründe).
- Sonderfall § 712a BGB: Wenn alle Anteile in einer Hand liegen, erlischt die Gesellschaft sofort und das Vermögen geht auf den letzten Gesellschafter über.
Die Auflösung muss ins Handelsregister eingetragen werden (§ 141 HGB), sonst beginnt die Verjährungsfrist des § 151 HGB nicht zu laufen.
Liquidation
Mit der Auflösung beginnt die Liquidation – die Gesellschaft lebt also noch, hat aber nur noch ein Ziel: ihr eigenes Ende ordentlich abzuwickeln. Sie wird zur Liquidationsgesellschaft (§§ 143 ff. HGB). Die Gesellschafter können sich aber auch auf eine andere Art der Abwicklung einigen (§ 143 Abs. 2 HGB), etwa durch sofortige Vermögensübertragung – solange Gläubiger dadurch nicht benachteiligt werden.
Liquidatoren sind grundsätzlich alle Gesellschafter (§ 144 Abs. 1 HGB), selbst wenn sie vorher von der Geschäftsführung ausgeschlossen waren (§ 146 Abs. 1 HGB). Die Gesellschafter können aber auch einzelne Personen – sogar Dritte – damit betrauen (§ 144 Abs. 4, Abs. 5 HGB).
Ihre Aufgaben sind klar umrissen (§ 148 HGB): laufende Geschäfte beenden, Forderungen einziehen, Vermögen zu Geld machen, Gläubiger befriedigen und den Rest an die Gesellschafter verteilen. Erst wenn alle Schulden beglichen sind, dürfen Gesellschafter etwas bekommen (§ 148 Abs. 5 HGB).
Zu Beginn und am Ende der Liquidation ist eine Bilanz zu erstellen (§ 148 Abs. 4 HGB). Das verbleibende Vermögen wird anschließend entsprechend den Kapitalanteilen verteilt (§ 148 Abs. 8 HGB). Mit dieser Schlussverteilung endet die Gesellschaft endgültig.
Haftung nach Auflösung
Auch nach der Auflösung bleibt die Haftung bestehen (§ 126 HGB). Die Gesellschafter haften also weiter, auch für neue Verpflichtungen während der Liquidation.
Allerdings läuft ab der Eintragung des Erlöschens im Handelsregister eine besondere Verjährungsfrist: fünf Jahre (§ 151 Abs. 1, Abs. 2 HGB). Wird ein Anspruch erst später fällig, beginnt die Frist ab diesem Zeitpunkt (§ 151 Abs. 1 Hs. 2 HGB). Hemmung oder Neubeginn wirken auch gegenüber den Gesellschaftern (§ 151 Abs. 3 HGB).
Wenn die Gesellschaft ohne Liquidation erlischt – etwa weil alle Anteile in einer Hand zusammenfallen (§ 712a BGB) –, gilt § 151 HGB nicht. Dann greifen die Haftungsregeln des § 137 HGB für ausgeschiedene Gesellschafter.
Vollbeendigung
Mit der Verteilung des letzten Euros ist die OHG vollbeendet (§ 150 HGB). Das Handelsregister spricht vom „Erlöschen der Firma“ – gemeint ist natürlich die Gesellschaft selbst. Diese Vollbeendigung ist zum Register anzumelden.
Taucht später doch noch Vermögen auf, lebt die Gesellschaft wieder auf – sie war also gar nicht richtig tot, nur scheintot. Die Löschung im Register ist nämlich nur deklaratorisch. Und auch dann gilt weiterhin: Für alte Schulden haften die Gesellschafter nach den §§ 126, 151 HGB weiter.
